Entscheidungsstichwort (Thema)

Zwangsvollstreckung eines auf ordnungsgemäße Ausfüllung und Herausgabe von Arbeitspapieren gerichteten Titels

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Zwangsvollstreckung eines auf ordnungsgemäße Ausfüllung und Herausgabe von Arbeitspapieren gerichteten Titels erfolgt einheitlich nach § 888 ZPO

2. Eine nicht erfolgte oder schleppende Sachbearbeitung eines Antrags auf Klauselerteilung darf nicht zu Lasten des Vollstreckungsgläubigers gehen

 

Normenkette

ZPO §§ 887-888

 

Verfahrensgang

ArbG Jena (Aktenzeichen 2 Ca 373/99)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Jena vom 10.03.2000, 2 Ca 373/99, aufgehoben und die Sache zur erneuten Prüfung und Entscheidung des Zwangsvollstreckungsantrags des Klägers an das Arbeitsgericht Jena zurückverwiesen.

 

Gründe

Mit der am 14.10.1999 beim Arbeitsgericht Jena eingereichten Klage beantragte der Kläger, den Beklagten zu verurteilen,

  • die Arbeitspapiere des Klägers, bestehend aus
  • Lohnsteuerkarte für das Jahr 1999
  • Lohnabrechnung für den Monat September 1999
  • Arbeitsbescheinigung gem. § 312 Abs. 2 SGB III auf dem Formblatt des Arbeitsamtes
  • ordnungsgemäß ausgefüllt herauszugeben.

In der mündlichen Verhandlung vom 18.11.1999 beantragte der Kläger unter Zurücknahme der Klage im übrigen, den Beklagten zu verurteilen, ihm die Lohnsteuerkarte für das Jahr 1999 die Lohnabrechnung für den Monat September 1999 und die Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III auszuhändigen.

Mit Versäumnisurteil vom 18.11.1999 wurde der nicht erschienene Beklagte antragsgemäß verurteilt. In der Akte befindet sich lediglich ein Vermerk, daß sich in der Akte 2 Ca 372/99 (Bl. 13 d. A.) eine Sammelzustellungsurkunde befinde und am 24.11.1999 eine Zustellung durch Niederlegung erfolgt sei. In der Akte befindet sich auch keine beglaubigte Fotokopie der in Bezug genommenen Sammelzustellungsurkunde.

Mit Schreiben vom 17.01.2000 beantragte der Kläger unter Gewährung einer angemessenen Frist zur Vornahme der verurteilten Handlung, ein angemessenes Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft, gegen den Beklagten festzusetzen.

Mit Schreiben vom 27.01.2000 wies der zuständige Richter den Kläger darauf hin, dass die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung (Klausel) nicht vorliegen. Weiter wies er darauf hin, daß seiner Auffassung nach im Hinblick auf die Erteilung einer Lohnabrechnung ein Fall des § 887 und nicht des § 888 ZPO vorliege und ansonsten die Vollstreckung, soweit es um die Herausgabe von Arbeitspapieren gehe, nach § 883 ZPO erfolge.

Mit Schreiben vom 09.02.2000 beantragte der Kläger nunmehr, nach Erlaß und Zustellung der vollstreckbaren Ausfertigung des Versäumnisurteils 2 Ca 373/99 sowie vorheriger Anhörung des Schuldners gem. § 891 ZPO Zwangsmaßnahmen nach § 888 ZPO festzusetzen.

Mit Beschluß vom 10.03.2000 wies das Arbeitsgericht Jena diesen Antrag des Klägers zurück. Dieser Beschluß wurde dem Kläger am 16.03.2000, wie sich aus dem bei der Akte befindlichen Empfangsbekenntnis ergibt, zugestellt. Hiergegen richtet sich die am 30.03.2000 vom Kläger beim Arbeitsgericht Jena eingereichte und dem Thüringer Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegte als sofortige Beschwerde zu behandelnde Beschwerde.

Mit Schriftsatz vom 06.04.2000 beantragte der Kläger beim Arbeitsgericht Jena nochmals die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Versäumnisurteils. Auf dem in der Akte befindlichen Versäumnisurteil befindet sich ein mit Paraphe unterzeichneter Stempel, aus dem sich ergibt, daß die vollstreckbare Ausfertigung am 07.04.2000 erteilt wurde.

II.

Die vorliegende sofortige Beschwerde des Klägers ist nach § 793 Abs. 1 ZPO statthaft und auch i. S. des § 577 Abs. 2 ZPO form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie hat auch in der Sache Erfolg.

Mit Erlaß des mit der Beschwerde angegriffenen Beschlusses des Arbeitsgerichts Jena vom 10.03.2000 hat das Arbeitsgericht den mit Schriftsatz vom 09.02.2000 gestellten Antrag übergangen. Diesem Antrag ist zu entnehmen, daß die vom Kläger beantragte Zwangsvollstreckungsmaßnahme erst nach Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Versäumnisurteils eingeleitet werden sollte. Vor der antragsgemäßen Erteilung der Vollstreckungsklausel durfte das Arbeitsgericht deshalb nicht über den Zwangsvollstreckungsantrag des Klägers entscheiden. Dies ergibt die analoge Anwendung des § 308 Abs. 1 ZPO, aber auch die Rücksichtnahme auf die Grundsätze eines fairen Verfahrens.

Jede Zwangsvollstreckung hat als allgemeine Voraussetzung das Vorliegen von Titel, Klausel und Zustellung (§ 750 Abs. 1 ZPO). Der Nachweis der Zustellung erfolgt durch Vorlage einer entsprechenden Urkunde (§§ 190 Abs. 1, 195 Abs. 2 ZPO) Gem. § 317 Abs. 1 ZPO werden Urteile den Parteien von Amts wegen zugestellt. Im Normalfall befindet sich der Zustellnachweis in Form einer Zustellungsurkunde in diesen Fällen in der jeweiligen Prozeßakte. Dies war vorliegend allerdings nicht der Fall. Die Akte enthält lediglich einen Verweis auf die in der Akte 2 Ca 372/99 befindliche Sammel-ZU. Die...

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