Entscheidungsstichwort (Thema)

Beendigung des Arbeitsverhältnisses einer stellvertretenden Pflegedienstleiterin bei Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf unbestimmte Dauer

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 33 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 33 Abs. 2 Satz 2 TVöD ist jedenfalls insoweit wirksam, als er das Ende des Arbeitsverhältnisses anordnet, wenn ein Rentenbescheid zugestellt wird, wonach die Beschäftigte voll und auf Dauer erwerbsgemindert ist.

2. Jedenfalls für den Fall der Gewährung einer vollen Erwerbsminderungsrente auf Dauer liegt ein Sachgrund vor, der von seinem Gewicht her den in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nummern 1 bis 8 TzBfG genannten Sachgründen gleichwertig ist; denn nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI ist voll erwerbsgemindert, wer wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

3. § 33 Abs. 2 TVöD ist jedenfalls im Hinblick auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen der Gewährung einer Rente auf Dauer wegen voller Erwerbsminderung auch nicht gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam; ein Verstoß des § 33 Abs. 2 TVöD gegen andere höherrangige Regelungen ist für den Fall der Gewährung einer dauernden Rente wegen voller Erwerbsunfähigkeit nicht ersichtlich.

 

Normenkette

GG Art. 3; TVöD § 33 Abs. 2 Sätze 1-3; AGG § 7 Abs. 1-2; SGB VI § 43 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Würzburg (Entscheidung vom 07.09.2011; Aktenzeichen 9 Ca 507/11)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 10.12.2014; Aktenzeichen 7 AZR 1002/12)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg - Kammer Schweinfurt - vom 07.09.2011, Az. 9 Ca 507/11, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Beendigung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses wegen Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf unbestimmte Dauer aufgrund der auflösenden Bedingung in § 33 Abs. 2 Satz 3 TVöD.

Die Klägerin ist seit 01.04.2002 bei dem Beklagten unter Vorbeschäftigungen im öffentlichen Dienst seit 1982 als stellvertretende Pflegedienstleiterin beim Pflegeheim R... mit 75 von Hundert der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit beschäftigt. Das durchschnittliche Bruttomonatseinkommen betrug zuletzt EUR 2.300,--. Nach § 2 des Arbeitsvertrages (Bl. 32 d.A.) bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundesangestelltentarif (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung.

Einer der den BAT/VKA ersetzenden Tarifverträge ist der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-VKA, künftig kurz TVöD).

§ 33 Abs. 2 TVöD lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 33

Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung

(1) Das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf,

a) mit Ablauf des Monats, in dem die/der Beschäftigte das gesetzlich festgelegte Alter zum Erreichen der Regelaltersgrenze vollendet hat,

b) jederzeit im gegenseitigen Einvernehmen (Auflösungsvertrag).

(2) Das Arbeitsverhältnis endet ferner mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid eines Rentenversicherungsträgers (Rentenbescheid) zugestellt wird, wonach die/der Beschäftigte voll oder teilweise erwerbsgemindert ist. Die/der Beschäftigte hat den Arbeitgeber von der Zustellung des Rentenbescheids unverzüglich zu unterrichten. Beginnt die Rente erst nach der Zustellung des Rentenbescheids, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des dem Rentenbeginn vorangehenden Tages. Liegt im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine nach § 92 SGB IX erforderliche Zustimmung des Integrationsamtes noch nicht vor, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Tages der Zustellung des Zustimmungsbescheids des Integrationsamtes. Das Arbeitsverhältnis endet nicht, wenn nach dem Bescheid des Rentenversicherungsträgers eine Rente auf Zeit gewährt wird. In diesem Fall ruht das Arbeitsverhältnis für den Zeitraum, für den eine Rente auf Zeit gewährt wird; beginnt die Rente rückwirkend, ruht das Arbeitsverhältnis ab dem ersten Tag des Monats, der auf den Monat der Zustellung des Rentenbescheids folgt.

(3) Im Falle teilweiser Erwerbsminderung endet bzw. ruht das Arbeitsverhältnis nicht, wenn der Beschäftigte nach seinem vom Rentenversicherungsträger festgestellten Leistungsvermögen auf seinem bisherigen oder einem anderen geeigneten und freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden könnte, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe nicht entgegenstehen, und der Beschäftigte innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheids seine Weiterbeschäftigung schriftlich beantragt.

..."

Die Klägerin ist seit dem 23.10.2006 arbeitsunfähig erkrankt. Mit Bescheid vom 21.08.2008 wurde der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung ...

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