Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückzahlung von Ausbildungskosten auf Grundlage mündlicher Einschätzung der Gesamtkosten in Ergänzung eines schriftlichen Weiterbildungsvertrages

 

Leitsatz (amtlich)

In Ergänzung eines schriftlichen Weiterbildungsvertrages können die Vertragspartner hinsichtlich der kalkulierten oder gedeckelten Gesamtkosten der Weiterbildung eine wirksame mündliche Abrede treffen. Damit wird dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB genügt.

 

Normenkette

BGB § 307; AVR-Caritas § 10a; BGB § 307 Abs. 1 S. 2; AVR-Caritas § 10a Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 16.01.2014; Aktenzeichen 15 Ca 4247/13)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 16.01.2014, Az.:

15 Ca 4247/13, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen, teilweise abgeändert.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 2.333,33 zu bezahlen und Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.07.2013.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 6/10 und der Beklagte 4/10 zu tragen.

4. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Ausbildungskosten.

Der am 15.09.1983 geborene Beklagte war bei der Klägerin ab dem 15.11.2004 auf der Basis des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 08.11.2004 als Gesundheits- und Krankenpfleger beschäftigt (Kopie Bl. 5, 6 d.A.). In § 2 des Vertrages wird auf die "Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des deutschen Caritasverbandes" (künftig: AVR-Caritas) verwiesen.

Am 24.06.2008 trafen die Arbeitsvertragsparteien eine Vereinbarung über die Weiterbildung des Beklagten zum OP-Pfleger in der Zeit vom 01.04.2009 bis 31.03.2011 (Kopie Bl. 7 d.A.) und verwiesen hinsichtlich der Kostentragung auf die Regelung in § 10 a AVR-Caritas"Fort- und Weiterbildung". Danach hatte die Klägerin während der Freistellung für die notwendige Weiterbildungszeit die bisherigen Dienstbezüge fortzuzahlen und die Kosten der Weiterbildung zu tragen. Der Mitarbeiter seinerseits hat der Arbeitgeberin diese Aufwendungen zu ersetzen, sollte das Arbeitsverhältnis auf Wunsch des Mitarbeiters oder aus einem von ihm zu vertretenden Grunde enden. Hierbei sollten für jeden vollen Monat der Beschäftigung nach dem Ende der Weiterbildung 1/36 des Aufwendungsbetrages erlassen werden.

Der Beklagte schloss nach 720 Stunden theoretischem und praktischem Unterricht die Weiterbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger für den Operationsdienst zum 31.03.2011 erfolgreich ab. Im Hinblick auf die erfolgte Weiterbildung wurde die Vergütung des Beklagten ab dem 01.01.2013 um ca. EUR 200,-- brutto angehoben (vgl. Bl. 10 d.A.).

Mit Schreiben vom 09.11.2012 (Kopie Bl. 15 d.A.) kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.03.2013 und schied im Rahmen einer einvernehmlichen Aufhebung des Vertrages bei der Klägerin vorzeitig zum 31.01.2013 aus.

Auf der Basis der Berechnung vom 18.02.2013 (Kopie Bl. 14 d.A.) begehrte die Klägerin von dem Beklagten mit Schreiben vom 11.03.2013 (Kopie Bl. 17 d.A.) die Erstattung von Weiterbildungskosten in Höhe von EUR 6.180,29.

Mit ihrer am 08.07.2013 beim Arbeitsgericht Nürnberg eingereichten Klage vom 01.07.2013 verfolgt die Klägerin den Erstattungsanspruch gerichtlich weiter.

Wegen der Anträge der Parteien und ihres näheren Vorbringens im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Nürnberg hat mit Endurteil vom 16.01.2014 die Klage abgewiesen.

Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, eine Erstattung der Weiterbildungskosten sei von dem Beklagten nicht geschuldet, da in der Weiterbildungsvereinbarung vom 24.06.2008 die zu erstattenden Weiterbildungskosten nicht beziffert worden seien und somit die Klausel einer Transparenzkontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht standhalte.

Gegen das der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 03.02.2014 zugestellte Urteil hat diese mit dem am 18.02.2014 beim Landesarbeitsgericht Nürnberg eingegangenen Schriftsatz vom 14.02.2014 Berufung eingelegt und sie mit Telefax vom 02.04.2014 begründet.

Die Klägerin meint, die Weiterbildungsvereinbarung der Parteien könne keiner uneingeschränkten AGB-Kontrolle unterworfen werden, denn sie enthalte hinsichtlich der Rückzahlungsvereinbarung eine wortgleiche Wiederholung der entsprechenden Regelung in § 10 a AVR-Caritas. Bei Vorliegen von kirchlichen Arbeitsvertragsrichtlinien aufgrund der Entstehung durch den "dritten Weg" seien Besonderheiten zu beachten und die entsprechenden Klauseln könnten keiner umfassenden Inhaltskontrolle, sondern lediglich einer Rechtskontrolle unterworfen werden. Insoweit könne die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Wirksamkeit individualvertraglicher Rückzahlungsklauseln nicht uneingeschränkt übernommen werden. Im Rahmen des § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB seien auch die Besonderheiten des kirchlichen Arbeitsrechts aus...

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