Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nachdem Fälle einer stillschweigenden Beanstandung einer Kündigung wegen fehlender Vollmachtsvorlage kaum denkbar sind, erscheint erwägenswert dafür die Rüge fehlender Vollmacht genügen zu lassen oder die Möglichkeit einer stillschweigenden Beanstandung aufzugeben.

2. Es fehlt nicht an der unverzüglichen Rüge gem. § 174 S. 1 BGB, wenn diese am achten Tag nach Ausspruch der Kündigung beim Gegner eingeht. Der Umstand daß die Rüge in der Feststellungsklage gegen die Kündigung enthalten ist, schadet nichts, wenn durch eine unmittelbare schriftliche Mitteilung der Gegner einen Arbeitstag früher hätte Kenntnis erlangen können.

3. Weigert sich ein Bauarbeiter, vorübergehend in den neuen Bundesländern zu arbeiten, ist die fristlose Kündigung des Arbeitgebers jedenfalls dann berechtigt, wenn der Arbeitnehmer bei Einstellung mit einer vorübergehenden Tätigkeit dort einverstanden war, vor und nach dem Arbeitsverhältnis für andere Arbeitgeber dort gearbeitet hat und der Arbeitgeber ihn deutlich auf die Konsequenzen einer Weigerung hingewiesen hat.

 

Normenkette

BGB §§ 174, 626

 

Verfahrensgang

ArbG Würzburg (Urteil vom 10.12.1991; Aktenzeichen 1 Ca 1229/91)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.02.1993; Aktenzeichen 2 AZR 482/92)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Würzburg vom 10.12.1991 – 1 Ca 1229/91 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Soweit es um die Rechtswirksamkeit der Kündigung der Beklagten vom 08.07.1991 geht, wird die Revision zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Arbeitgeberkündigung und darüber, ob der Kläger fest für die Arbeitsstelle … eingestellt wurde.

Der Kläger war seit Mai 1991 bei der Beklagten als Maschinenführer tätig. Am 08.07.1991 wies ihn der örtliche Bauleiter Hartung an, künftig als Maschinenführer auf einer Baustelle in E. tätig zu werden. Der Kläger entgegnete, er sei für die Dauer von mindestens zwei Jahren für Abraumarbeiten auf dem Gelände in S. eingestellt und sei nicht bereit, in Eisenach zu arbeiten.

Daraufhin erklärte der Bauleiter der Beklagten sinngemäß, er brauche dann nicht mehr zu kommen. Der genaue Wortlaut der Erklärungen ist zwischen den Parteien streitig.

In der am 12.07.1991 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 16.07.1991 zugestellten Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, daß die Kündigung der Beklagten vom 08.07.1991 weder als fristlose noch als ordentliche Kündigung wirksam ist. Hilfsweise hat er beantragt, festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ungekündigt fortbesteht. Weiter hat er beantragt, festzustellen, daß der Kläger bei der Beklagten ein Arbeitsverhältnis hat als Maschinenführer für Abraumarbeiten auf dem Gelände der Fa. S. in S.

In dieser Klage hat der Kläger weiter bestritten, daß der örtliche Bauleiter überhaupt befugt gewesen sei, eine Kündigung auszusprechen.

Das Arbeitsgericht hat nach Beweiserhebung über die vereinbarten Arbeitsbedingungen durch Vernehmung des Zeugen H. und gegenbeweisliche Vernehmung des Zeugen H. die Klage abgewiesen. Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Der Kläger trägt vor,

mehrere Wochen vor der Einstellung hätte er von der Beklagten für eine Baustelle in E. eingestellt werden können. Er habe damals klargestellt, daß er dazu auf keinen Fall bereit sei. Herr H. habe ihm zugesagt, er werde ihm mitteilen, wenn er eine Baustelle im „Inland” habe. Einige Wochen danach sei ihm dann die Arbeitsstelle in S. angeboten worden.

Die Kündigung sei auch nicht von einer zur Kündigung berechtigten Person ausgesprochen worden. Die Beklagte habe nach der Rüge auch keinen unverzüglichen Bevollmächtigungsnachweis vorgelegt. Eine nachträgliche Genehmigung sei nicht möglich.

Abgesehen davon könnten aus der Aussage des Zeugen H. auch nicht die Konsequenzen gezogen werden, die das Erstgericht gezogen habe. Der Zeuge H. habe selbst nicht angeben können, daß dem Kläger bekannt gewesen sei, wo sich die Baustellen der Beklagten befinden würden. Im übrigen sei das Gespräch Ende des ersten Quartals 1991 gewesen, also kurz nach dem Beitritt der neuen Bundesländer zur Bundesrepublik Deutschland. Zu dieser Zeit habe man noch zwischen „BRD-DDR/Ex-DDR” unterschieden. Für eine vertragliche Vereinbarung über einen weiteren Einsatz im Gebiet der ehemaligen DDR habe es an übereinstimmenden Willenserklärungen gefehlt. Ein Hinweis auf den Einsatz im ganzen Bundesgebiet sei kein Hinweis auf den Einsatz in der früheren DDR. Der Arbeitseinsatz und die Abordnung in das Beitrittsgebiet würden auch ungeachtet dessen eine gravierende dienstliche Anweisung mit Folgen im privaten Bereich darstellen, so daß im Falle der Verweigerung weder eine fristlose noch eine ordentliche Kündigung berechtigt gewesen wäre. Der angewiesene Einsatzort sei vielmehr einem Auslandsaufenthalt gleichgekommen, für den eine ausdrückliche schriftliche Vereinbarung vorher hätte getroffen werden müssen.

Abgesehen davon...

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