Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Gewährung freiwilliger Sonderleistungen ist der Arbeitgeber an den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden.

2. Wird eine Sonderleistung ohne Nennung weiterer Anspruchsvoraussetzungen gezahlt, dann ist im Zweifel davon auszugehen, daß mit ihr lediglich eine zusätzliche Vergütung für die Arbeit im Bezugszeitraum bezweckt wird und daher das ungekündigte Bestehen des Arbeitsverhältnisses am Auszahlungstag oder seine Fortdauer über diesen Zeitpunkt hinaus nicht anspruchsbegründend ist (BAG, Urteil vom 25.04.1991 – 6 AZR 532/89 – DB 1991, 1575).

 

Normenkette

BGB §§ 611, 242

 

Verfahrensgang

ArbG Bayreuth (Urteil vom 16.08.1990; Aktenzeichen 2 Ca 147/90 H)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 26.10.1994; Aktenzeichen 10 AZR 109/93)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Bayreuth – Kammer Hof vom 16. August 1990 (Aktenzeichen 2 Ca 147/90 H) wird auf Kosten der Berufungsführerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die nicht tarifgebundenen Parteien streiten um einen Anspruch der Klägerin auf anteilige Weihnachtsgratifikation für das Jahr 1989 in Höhe von DM 918,06 brutto.

Die Klägerin war vom 26.11.1979 bis 01.12.1989 als Arbeiterin bei der Beklagten beschäftigt und ist dort aufgrund eigener Kündigung ausgeschieden. Ihr Durchschnittslohn betrug zuletzt DM 1.907,62 brutto im Monat.

Seit dem Jahre 1981 zahlte die Beklagte an ihre Arbeitnehmer alljährlich unter Freiwilligkeitsvorbehalt eine Weihnachtsgratifikation in Höhe der in den Tarifverträgen für die Nordbayerische Textilindustrie vorgesehenen Jahressonderzahlung. Zuletzt erhielt die Klägerin eine solche Weihnachtsgratifikation im Dezember 1988. Der entsprechende Aushang der Beklagten, der im wesentlichen den Aushängen der vergangenen Jahre entsprach, hat folgenden Wortlaut:

An unsere Belegschaft!

Wir bedanken uns recht herzlich für die gute Mitarbeit zurückblickend auf das Jahr 1988.

Als Anerkennung für Ihre Leistung zählt auch die Weihnachtsgratifikation.

Diese ist eine freiwillige Zuwendung. Es besteht kein Rechtsanspruch.

Wir wünschen Ihnen und Ihren Familien ein Frohes Weihnachtsfest und für das Neue Jahr Gesundheit, Glück und Zufriedenheit.

Auch im Jahre 1989 zahlte die Beklagte an ihre Belegschaft gemäß einem gleich lautenden Aushang eine entsprechende Weihnachtsgratifikation. Die Klägerin erhielt wegen ihres Ausscheidens am 01.12.1989 nichts. Bei Anwendung des Tarifvertrages vom 16.06.1987 über Jahressonderzahlungen für olle Arbeitnehmer und Auszubildenden in der nordbayerischen Textilindustrie (TR 12 – 100 a 63) hätte die Klägerin Anspruch auf 11/12 aus 52,5 % eines durchschnittlichen Monatsverdienstes in der Zeit vom 01.10.1988 bis 30.09.1989, der unstreitig DM 1.907,62 brutto betrug.

Mit der am 19.02.1990 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat die Klägerin Zahlung einer Weihnachtsgratifikation in Höhe von 11/12 der tariflich vorgesehenen Sonderzahlung von 52,5 % des monatlichen Durchschnittlohns von DM 1.907,62 geltend gemacht.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Endurteil vom 16.08.1990 in vollem Umfange entsprochen. Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe dieses Urteils wird verwiesen.

Mit der am 27.09.1990 eingelegten und am 23.10.1990 begründeten Berufung gegen dieses ihr am 30.08.1990 zugestellte Urteil verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Sie vertritt nach wie vor die Ansicht, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Weihnachtsgratifikation zu, da bezüglich des von der Klägerin zugrunde gelegten Tarifvertrages mangels Verbandszugehörigkeit keine Tarifbindung bestehe und der Tarifvertrag auch nicht allgemeinverbindlich sei. Auch auf eine betriebliche Übung könne der Anspruch nicht gestützt werden, da die bisherige Gewährung nicht vorbehaltlos erfolgt sei. Die Verweigerung der Weihnachtsgratifikation verstoße auch nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, da das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Auszahlung bereits gekündigt gewesen sei. Die Differenzierung sei daher rechtmäßig. Wegen des weiteren Vorbringens der Beklagten wird auf die Berufungsbegründung vom 23.10.1990 verwiesen.

Die Beklagte stellt folgende Anträge:

I. Das Urteil des Arbeitsgerichts Bayreuth, Kammer Hof, vom 16.8.1990, zugestellt am 30.8.1990, AZ: 2 Ca 147/90 H, wird aufgehoben.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu trogen.

Die Klägerin beantragt

Zurückweisung der Berufung.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend und tritt dem Berufungsvorbringen der Beklagten entgegen. Auf die Berufungsbeantwortung vom 31.10.1990 wird verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthaft (§ 64 Abs. 2 ArbGG) und auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 516, 518, 519 ZPO, 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG).

II.

Die Berufung bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg, da das Arbeitsgericht der Klägerin im Ergebnis zu Recht d...

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