Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustimmungsfreie Änderungskündigung gegenüber Betriebsratsmitglied bei Schließung einer Betriebsabteilung. Unbegründeter Eilantrag des Betriebsrats zur Aufhebung einer Versetzungsanordnung unter Verlust des Betriebsratsamtes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Versetzt der Arbeitgeber ein Betriebsratsmitglied in eine andere betriebliche Einheit mit der Folge des Verlustes des Betriebsratsamtes, ohne dass die Zustimmung des Betriebsrats nach § 103 Abs. 3 BetrVG vorliegt, kann der Betriebsrat grundsätzlich die Aufhebung dieser Versetzung entsprechend § 101 BetrVG auch im Wege einstweiliger Verfügung verlangen (wie LAG Nürnberg vom 11.10.2010, 7 TaBVGa 7/10).

2. Der Anspruch besteht jedoch nur, wenn der Anwendungsbereich des § 103 Abs. 3 BetrVG eröffnet ist. Das ist nicht der Fall, wenn die Versetzung im Zusammenhang mit einer ordentlichen Kündigung wegen Schließung einer Betriebsabteilung nach § 15 Abs. 4 und 5 KSchG erfolgt. Der Anwendungsbereich des § 103 Abs. 3 BetrVG ist auf Versetzungen, die in Ausübung des Direktionsrechts vorgenommen werden, beschränkt.

 

Normenkette

BetrVG § 103 Abs. 3, § 95 Abs. 3; KSchG § 15 Abs. 4-5; ZPO §§ 935, 940

 

Verfahrensgang

ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 09.12.2013; Aktenzeichen 7 BVGa 13/13)

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 09.12.2013, Az.: 7 BVGa 13/13 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Rahmen einer einstweiligen Verfügung über die Wirksamkeit einer Versetzung der Beteiligten zu 3).

Die Antragsgegnerin und Beteiligte zu 2) ist Anbieterin von umfassenden Marktforschungs- und Marketing-Beratungsdienstleistungen mit Sitz in D.... Darüber hinaus gibt es noch einen Betrieb in N... mit ca. 75 Arbeitnehmern. Der Antragsteller ist ordnungsgemäß gebildeter Betriebsrat mit 5 Mitgliedern am Standort N.... Die Beteiligte zu 3) ist Mitglied des Antragstellers.

Die Beteiligte zu 3) ist am 01.04.2002 als "Junior Consultant" eingestellt, ab April 2004 als "Marketing Consultant" weiterbeschäftigt und im November 2006 zum "Senior Consultant" ernannt worden. Zusätzlich zu den Aufgaben als "Senior Consultant" wurde ihr die Koordination des internen Trainings des gesamten Bereichs "Business Insights" übertragen. Die Beteiligte zu 3) war von Anfang an der Betriebsabteilung "Client Solution", die später in "Business Insights" umbenannt wurde, zugeordnet.

Mit Wirkung vom 01.12.2009 wurden die Aufgaben der Betriebsabteilung "Business Insights" weitgehend vom Standort N... nach D... verlegt. Als einzige Mitarbeiterin dieser Abteilung blieb die Beteiligte zu 3) in N... und verrichtete ihre Tätigkeiten von dort aus.

Die Antragsgegnerin traf am 18.07.2013 die Entscheidung, mit Wirkung zum 01.12.2013 sämtliche noch in N... ausgeführten Aufgaben von "Business Insights" sowie die Funktion des "Business Insights Coach" ausnahmslos in D... zu zentralisieren. Deshalb hörte die Antragsgegnerin den Antragsteller gemäß § 102 BetrVG zur beabsichtigten ordentlichen, betriebsbedingten Änderungskündigung der Beteiligten zu 3) an, mit weiterem Schreiben vom selben Tag auch zur beabsichtigten Versetzung der Beteiligten zu 3) gemäß § 99 BetrVG mit Wirkung ab 01.12.2013 nach D.... Nach einer außerordentlichen Sitzung des Antragstellers am 26.07.2013 widersprach dieser mit Schreiben vom 29.07.2013 der beabsichtigten Änderungskündigung und mit weiterem Schreiben vom selben Tag auch der beabsichtigten Versetzung. Gegenüber der Beteiligten zu 3) kündigte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 31.07.2013 das Arbeitsverhältnis, mit dem Angebot dies ab 01.12.2013 zu unveränderten Bedingungen am Standort D... fortzusetzen. Mit Schreiben vom 20.08.2013 erklärte die Beteiligte zu 3) die Annahme dieses Angebots unter Vorbehalt. Die dagegen eingereichte Kündigungsschutzklage ist beim Arbeitsgericht Nürnberg anhängig.

Mit Schreiben vom 25.11.2013 unterrichtete die Antragsgegnerin den Antragsteller nach § 100 Abs. 2 BetrVG von der vorläufigen Durchführung der Versetzung der Beteiligten zu 3) ab 01.12.2013 nach D.... Der Antragsteller widersprach der vorläufigen Durchführung mit Schreiben vom 26.11.2013. Am 28.11.2013 beschloss der Antragsteller das vorliegende einstweilige Verfügungsverfahren einzuleiten. Ebenfalls mit Schriftsatz vom 28.11.2013 reagierte die Antragsgegnerin auf das Bestreiten der Dringlichkeit der Maßnahme durch den Antragsteller und stellte im Rahmen der 3-Tages-Frist den Antrag nach §§ 99 Abs. 4, 100 BetrVG auf Zustimmungsersetzung, sowie auf Feststellung der dringenden Erforderlichkeit der vorläufigen Durchführung der Versetzung der Beteiligten zu 3).

Der Antragsteller leitete am 29.11.2013 das vorliegende einstweilige Verfügungsverfahren ein mit dem Ziel, die Versetzung der Beteiligten zu 3) von N... nach D... ab 01.12.2013 aufzuheben.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der dort gestellten Anträge wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 09.12.2013 wies das Arbeitsge...

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