Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit. Streitwerterhöhung eines Antrags auf vorläufige Weiterbeschäftigung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die auf der Ebene der Landesarbeitsgerichte eingerichtete Streitwertkommission hat einen Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit erarbeitet. Dieser entfaltet zwar keine rechtliche Bindungswirkung, stellt aber eine ausgewogene und mit den gesetzlichen Vorgaben übereinstimmende Orientierung für die Arbeitsgerichte dar.

2. Ein Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung ist nur dann streitwerterhöhend zu berücksichtigen, wenn über ihn entschieden wurde, wenn der Antrag erkennbar in einem Vergleich mitgeregelt wurde oder wenn der Antrag ausdrücklich als Hauptantrag gestellt wurde.

 

Normenkette

GKG § 42 Abs. 1, § 45; RVG § 2 Abs. 2 Anl. 1; RVG-VV Nr. 1000

 

Verfahrensgang

ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 20.07.2021; Aktenzeichen 12 Ca 2741/21)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägervertreter gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 20.07.2021, Az. 12 Ca 2741/21, wird zurückgewiesen

 

Gründe

A.

Mit ihrer Beschwerde wenden sich die Klägervertreter gegen den Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts vom 20.07.2021, in dem der Streitwert für das Verfahren auf 11.931,00 € und der überschießende Vergleichswert auf 8.798,79 € festgesetzt worden ist.

Gegenstand der Klage vom 16.06.2021 war eine Kündigung der Beklagten vom 26.05.2021 zum 31.12.2021, ein allgemeiner Feststellungsantrag und ein Weiterbeschäftigungsantrag. Das Bruttomonatsgehalt des Klägers betrug 3.977,00 €. Das Verfahren endete durch Vergleich vom 20.07.2020. Die Parteien einigten sich auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2021 und die Freistellung des Klägers ab dem 01.09.2021 bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses. Neben der Zahlung einer Abfindung beinhaltet der Vergleich außerdem die Verpflichtung der Beklagten, ein Weihnachtsgeld in Höhe von 2.139,29 € brutto und ein Urlaubsgeld in Höhe von 2.682,50 € brutto zu bezahlen und ein sehr gutes Zwischen- und Endzeugnis zu erteilen.

Das Arbeitsgericht bewertete den Kündigungsschutzantrag mit drei Bruttomonatsgehältern und setzte in dieser Höhe den Verfahrenswert fest. Für den überschießenden Vergleichswert setzte das Gericht neben den vereinbarten Zahlungsbeträgen ein Bruttomonatsgehalt für die Einigung hinsichtlich des Zeugnisses fest.

Mit Schriftsatz vom 22.07.2021 legten die Klägervertreter hiergegen Beschwerde ein. Sie sind der Auffassung, dass der Weiterbeschäftigungsantrag im Rahmen des Verfahrensstreitwerts mit einem weiteren Bruttomonatsgehalt zu berücksichtigen sei. Darüber hinaus sei für die Vereinbarung der Freistellung auch der Vergleichsmehrwert um ein Bruttomonatsgehalt zu erhöhen.

Das Arbeitsgericht half der Beschwerde mit Beschluss vom 26.07.2021 nicht ab und legte das Verfahren dem Landesarbeitsgericht Nürnberg zur Entscheidung vor. Wegen der Einzelheiten wird auf den Nichtabhilfebeschluss (Blatt 33, 34 der Akten) verwiesen.

Das Landesarbeitsgericht gab den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Beklagte teilte mit, eine Stellungnahme werde nicht abgegeben. Die Klägervertreter nahmen mit Schriftsatz vom 07.10.2021 unter Aufrechterhaltung und weiterer Vertiefung ihrer Rechtsansicht Stellung. Der Weiterbeschäftigungsantrag sei zu bewerten, da er unbedingt gestellt worden sei. Im Rahmen der Vergleichsverhandlungen habe der Kläger zunächst eine Freistellung von sieben Monaten verlangt, die Beklagte habe eine Freistellung von drei Monaten angeboten. Schließlich habe man sich auf eine viermonatige Freistellung geeinigt. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 54-57 der Akten verwiesen.

B.

I. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft, § 68 Abs. 1 GKG, denn sie richtet sich gegen einen Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühr gemäß § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt worden ist. Dies gilt auch für die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts (LAG Nürnberg 28.05.2020 - 2 Ta 76/20 juris; 24.02.2016 - 4 Ta 16/16 juris mwN). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,- €. Die Beschwerde ist innerhalb der in § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG bestimmten Frist eingelegt worden, § 68 Abs. 1 Satz 3 GKG. Die Klägervertreter können aus eigenem Recht Beschwerde einlegen, § 32 Abs. 2 RVG.

II. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Weder der Weiterbeschäftigungsantrag noch die Vereinbarung über die Freistellung erhöhen den Streitwert.

Die seit 01.01.2020 für Streitwertbeschwerden allein zuständige Kammer 2 des Landesarbeitsgerichts Nürnberg folgt grundsätzlich den Vorschlägen der auf Ebene der Landesarbeitsgerichte eingerichteten Streitwertkommission. Diese sind im jeweils aktuellen Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit niedergelegt (derzeitige Fassung vom 09.02.2018, NZA 2018, 498). Der Streitwertkatalog entfaltet zwar keine Bindungswirkung. Er stellt aber aus Sicht des erkennenden Gerichts eine ausgewogene mit den gesetzlichen Vorgaben übereinstimmende Orientierung für die Arbeitsgerichte dar.

1. Das Arbeitsgerich...

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