Zulassung: Revision

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifauslegung, ergebnisbezogenes Entgelt, Berücksichtigung von Mutterschutzzeiten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld ist ein gesetzlich begründeter arbeitsvertraglicher Anspruch auf teilweise Fortzahlung des Arbeitsentgelts, der Lohnersatzcharakter hat. Er stellt ein regelmäßiges Entgelt im Sinne des Tarifvertrages dar und ist deshalb bei der Berechnung des ergebnisbezogenen Entgelts zu berücksichtigen.

2. Der im Streit stehende Tarifvertrag enthält keinen Anhaltspunkte dafür, dass während der Zeiten des Mutterschutzes das regelmäßige Monatsentgelt zugrunde zu legen ist, das die Klägerin erhalten hätte, wenn sie nicht schwanger geworden wäre.

3. Eine Tarifregelung, nach der für eine Einmalzahlung mit Lohncharakter der tatsächlich gezahlte Lohn zugrunde zu legen ist, ist nicht willkürlich und damit gleichheitswidrig.

4. Diese tarifliche Regelung ist durch objektive Faktoren gerechtfertigt, die nichts mit der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben. Bei einer Vergütung, die auf einen Leistungsbeitrag des Arbeitnehmers und eine Beteiligung am Unternehmenserfolg abstellt, kann nicht beanstandet werden, dass die Tarifvertragsparteien maßgeblich auf das tatsächlich gezahlte Monatsentgelt und damit indirekt auf die erbrachte Arbeitsleistung unter Berücksichtigung von Lohnersatzleistungen abstellen.

 

Normenkette

ERTV Mobil §§ 4, 11; MuSchG § 14; GG Art. 3; EGV Art. 119

 

Verfahrensgang

ArbG Hannover (Urteil vom 24.06.2004; Aktenzeichen 12 Ca 37/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 24.06.2004, 12 Ca 37/04, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 401,74 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.10.2003 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 52 % und die Beklagte zu 48 %.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, wie sich die Mutterschutzzeiten der Klägerin auf ihren Anspruch auf ein ergebnisbezogenes Entgelt auswirken.

Die 1961 geborene Klägerin ist seit dem 16.03.1998 bei der Beklagten als Kundenbetreuerin in dem Call-Center beschäftigt. Sie bezog bis August 2002 ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 2.569,50 EUR und danach von 2.649,50 EUR bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden.

Die Klägerin befand sich vom 25.09.2002 bis einschließlich 29.01.2003 in Mutterschutz. Die Beklagte zahlte an die Klägerin für die Monate September bis Dezember 2002 einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld in Höhe von insgesamt 4.106,20 EUR (Bl. 38 bis 41 d.A.).

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet unter anderem der Entgeltrahmentarifvertrag für die T-Mobil (ERTV Mobil) Anwendung. Hiernach steht der Klägerin ein jährliches ergebnisbezogenes Entgelt zu, dessen Berechnung sich nach der Anlage 2 zum ERTV Mobil (Bl. 6 – 12, 54 d.A.) richtet. Diese Anlage enthält u. a. folgende Regelungen:

§ 1

Ergebnisbezogenes Entgelt

(2)

… Das jährliche ergebnisbezogene Entgelt bemisst sich nach dem für die Zielvereinbarungsperiode gezahlten regelmäßigen Monatsentgelt.

Ergebnisniederschrift zu Abs. 2 Satz 2:

Im Falle der Arbeitsunfähigkeit wird das regelmäßige Monatsentgelt zugrunde gelegt, was er erhalten hätte, wenn keine Arbeitsunfähigkeit eingetreten wäre.

(3)

Das ergebnisbezogene Entgelt … beträgt … ab dem Geschäftsjahr 2002 10 v.H. des in der Zielvereinbarungsperiode gezahlten regelmäßigen Monatsentgelts (Zielbetrag).

Ergebnisniederschrift zu Abs. 3

Bezugspunkt für die Höhe des ergebnisbezogenen Entgelts ist die Summe des gezahlten regelmäßigen Monatsentgelts ohne Sonderzuwendung und ohne Urlaubsgeld.

(6)

Bei einer ununterbrochenen krankheitsbedingten Ausfallzeit von mehr als 6 Monaten wird der Zielbetrag anteilig entsprechend der Abwesenheiten gekürzt. Teile eines Kalendermonats bleiben unberücksichtigt.

Die Beklagte gewährte der Klägerin ein ergebnisbezogenes Entgelt für das Jahr 2002 in Höhe von 2.253,13 EUR brutto und berücksichtigte bei der Berechnung die Mutterschutzzeiten der Klägerin nicht. Unter Zugrundelegung des der Klägerin bei einer tatsächlichen Arbeitsleistung auch während des Mutterschutzes zustehenden Monatsentgelts errechnet sich demgegenüber ein Zahlungsanspruch in Höhe von 3.095,64 EUR. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird Bezug genommen auf die Anlage B 1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 17.06.2004 (Bl. 52, 53 d.A.).

Die sich hieraus ergebende Differenz von 842,50 EUR brutto macht die Klägerin mit der vorliegenden Klage geltend.

Das Arbeitsgericht hat durch ein der Beklagten am 12.07.2004 zugestelltes Urteil vom 24.06.2004, auf dessen Inhalt zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und dessen Würdigung durch das Arbeitsgericht Bezug genommen wird (Bl. 57 – 62 d.A.), die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 842,50 ...

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