Rechtsmittel eingelegt unter dem Aktenzei chen: 6 AZR 516/08

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Personalratsanhörung bei Probezeitkündigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch bei einer beabsichtigten Kündigung wegen unzureichender Leistungen vor Ablauf von 6 Beschäftigungsmonaten sind vollständige Angaben über die persönlichen und sozialen Daten des Arbeitnehmers unverzichtbare Informationen, die dem Personalrat im Rahmen der Benehmensherstellung nach § 75 Abs. 1 Nr. 3, § 76 Abs. 2 Satz 3 NdsPersVG mitzuteilen sind. Die Unvollständigkeit dieser Angaben führt zur Unwirksamkeit der Kündigung.

2. Allein die Tatsache, dass der stellvertretende Vorsitzende des Personalrats am Auswahlverfahren bei der Einstellung des Arbeitnehmers persönlich beteiligt war, ersetzt nicht die Angabe dieser Daten im Verfahren zur Beteiligung des Personalrats wegen einer beabsichtigten Kündigung vor Ablauf von 6 Beschäftigungsmonaten.

3. Liegen bei der Information des Personalrats mehrere Unzulänglichkeiten vor, die jeweils für sich genommen rechtlich unerheblich wären, können diese Mängel insgesamt doch ein solches Gewicht erreichen, dass eine ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats nicht mehr gegeben ist.

 

Normenkette

BetrVG § 102

 

Verfahrensgang

ArbG Oldenburg (Oldenburg) (Urteil vom 25.07.2007; Aktenzeichen 3 Ca 95/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 23.04.2009; Aktenzeichen 6 AZR 516/08)

 

Tenor

Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 25.07.2007 – 3 Ca 95/07 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

Der am 21.03.1962 geborene, verheiratete und zwei Kindern unterhaltspflichtige Kläger ist Diplom-Ingenieur. Aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 15.08.2008 (Bl. 5 d. A.) war er seit dem 16.08.2006 im Rechenzentrum der Universität A-Stadt gegen ein monatliches Entgelt von 1.746,94 EUR brutto in Teilzeit beschäftigt. Mit Schreiben vom 31.01.2007 (Bl. 17 d. A.) hörte das beklagte Land den bei der Universität A-Stadt gebildeten Personalrat zu einer beabsichtigten Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit folgendem Wortlaut an:

Kündigung während der Probezeit

hier: Beschäftigter C., IBIT, IT-Dienste, EG 11 TV-L

Sehr geehrte Damen und Herren,

das Arbeitsverhältnis von Herrn C. soll während der Probezeit gekündigt werden. Unbeschadet der Tatsache, dass die Gründe für die Kündigung dem Betroffenen nicht mitzuteilen sind, verweise ich auf den als Anlage 1 beigefügten Ver merk von Herrn G. vom 30.01.2007 an die Leitung des Geschäftsbereichs IT-Dienste.

Ich bitte um Benehmensherstellung gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 76 Abs. 2 NPersVG.

Beigefügt war der in Bezug genommene Vermerk des Vorgesetzten Herrn G. vom 30.01.2007 (Bl. 18 d.A.). Dieser weist als Überschrift aus:

„Betreff: Bewertung der Tätigkeit von Herrn C. während der Probezeit vom 15.08.06 bis 15.02.07.”

Der Personalrat forderte von der beabsichtigten Kündigung abzusehen. Hinsichtlich der Gründe wird auf das Schreiben vom 07.02.2007 (Bl. 20/21 d. A.) verwiesen. Eine abschließende Stellungnahme des beklagten Landes vom 12.02.2007 an den Personalrat (Bl. 19 d. A.) schließt wie folgt:

„Nach abschließender inhaltlicher Klärung sehe ich keine Veranlassung, die beabsichtigte Maßnahme in Frage zu stellen. Daher werde ich das Arbeitsverhältnis von Herrn C. mit heutigem Tage kündigen.”

Entsprechend kündigte das beklagte Land mit Schreiben vom 12.02.2007 (Bl. 7 d. A.), dem Kläger zugegangen am 13.02.2007, das Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit zum 28.02.2007. Der Kläger macht geltend, das beklagte Land habe den Personalrat nicht ordnungsgemäß beteiligt.

Das Arbeitsgericht Oldenburg hat mit Urteil vom 25.07.2007 der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kündigung vom 12.02.2007 sei unwirksam wegen unzureichender Beteiligung des Personalrates nach § 75 Abs. 1 Nr. 3 NPersVG. Für diese Form der Beteiligung gälten dieselben Grundsätze wie für die Anhörung des Betriebsrates nach § 102 BetrVG. Grundsätzlich habe der Arbeitgeber der Arbeitnehmervertretung die Personalien des zu kündigenden Arbeitnehmers, Beschäftigungsdauer, Kündigungsart sowie die Kündigungsgründe mitzuteilen. Auch der Grundsatz der subjektiven Determination des Anhörungsverfahrens führe nicht dazu, dass auf die Mitteilung persönlicher Umstände ganz verzichtet werden könne. Nur wenn es dem Arbeitgeber wegen der Schwere eventueller Kündigungsvorwürfe auf die genauen Daten ersichtlich nicht ankomme und wenn die Arbeitnehmervertretung die ungefähren Daten kenne und daher die Kündigungsabsicht des Arbeitgebers ausreichend beurteilen könne, stehe die fehlende Mitteilung der genauen Sozialdaten der Wirksamkeit einer Kündigung nicht entgegen. Diesen Anforderungen genüge das Anhörungsschreiben vom 31.01.2007 nicht. Es lasse die Art der auszusprechenden Kündigung offen, es fehlten die Sozialdaten des Klägers. Allein der Umstand, dass ein Mitglied des Personalrates im Zuge eines Bew...

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