Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsänderung. Einigungsstelle. Personalabbau. Sozialplan. Offenkundig unzuständige Einigungsstelle

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Einigungsstelle zur Verhandlung eines Sozialplans kann bei einem Personalabbau des Dienstleisters der Dekontreinigung in einem Kernkraftwerk unterhalb der Zahlengrenzen des § 112a BetrVG nur bestellt werden, wenn damit zugleich eine Betriebsänderung i.S.v. § 111 BetrVG verbunden ist.

 

Normenkette

ArbGG § 98; BetrVG § 112a

 

Verfahrensgang

ArbG Oldenburg (Oldenburg) (Beschluss vom 21.12.2011; Aktenzeichen 4 BV 15/11)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats und Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 21. Dezember 2011 – 4 BV 15/11 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Nachdem das Arbeitsgericht Oldenburg eine Einigungsstelle zum Regelungsgegenstand „Interessenausgleich aus Anlass von Entlassungen der Beteiligten zu 2)”, welche als Dienstleistungsunternehmen im Kernkraftwerk A. in B. tätig ist, unter dem Vorsitz des Vorsitzenden Richters am Landesarbeitsgericht C. nebst 2 Beisitzern eingesetzt hat, verfolgt der Betriebsrat und Beteiligte zu 1) im zweiten Rechtszug noch die Erweiterung der Einigungsstelle auf den Abschluss eines Sozialplans sowie die Aufstockung der Beisitzerzahl von 2 auf 4 für jede Seite.

Der Auftraggeber der Beteiligten zu 2), die D., hat für das Jahr 2012 zum Personalbedarf im Kernkraftwerk A. mitgeteilt, 25 Arbeitnehmer endgültig und dauerhaft nicht mehr zu benötigen. Daraufhin hat die Arbeitgeberin und Beteiligte zu 2) entschieden, 8 befristete Arbeitsverhältnisse über den Ablauf des Jahres 2011 nicht zu verlängern und darüber hinaus demnächst 17 betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen.

Das Arbeitsgericht Oldenburg hat mit Beschluss vom 21. Dezember 2011 eine Einigungsstelle zum Regelungsgegenstand Interessenausgleich eingesetzt. Die Einsetzung der Einigungsstelle für Sozialplanverhandlungen hat das Arbeitsgericht wegen offensichtlicher Unzuständigkeit zurückgewiesen. Nach dem Personalbestand von 94/95 Arbeitnehmern am Standort A. sei Voraussetzung für die Sozialplanpflicht, dass 20 % der Arbeitnehmer entlassen würden. Dies sei hier nicht der Fall. Anstelle der erforderlichen 19 Arbeitnehmer würden hier betriebsbedingt nur 17 Arbeitnehmer zur Entlassung anstehen. Auslaufende Befristungen würden dem Personalabbau nicht hinzugerechnet. Diese gesetzliche Einschränkung nach § 112a BetrVG greife nur dann nicht, wenn neben dem Personalabbau Maßnahmen des Arbeitgebers stattfinden würden, die für sich allein oder zusammen mit dem Personalabbau eine Betriebsänderung i.S.v. § 111 Abs. 3 Satz 3 BetrVG darstellen würden. Zu den Gründen des arbeitsgerichtlichen Beschlusses im Einzelnen und dem Vorbringen der Beteiligten im ersten Rechtszug wird auf Bl. 46 bis 49 d. A. Bezug genommen.

Gegen den ihm am 23. Dezember 2011 zugestellten erstinstanzlichen Beschluss hat der Betriebsrat und Beteiligte zu 1) Beschwerde mit Begründung zum Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingelegt am 2. Januar 2012.

Der Betriebsrat wiederholt und vertieft sein Vorbringen erster Instanz. Es seien weitere Personalreduzierungen zu erwarten und die gesamte Betriebsstruktur würde sich im Jahr 2012 ändern. Die von der Arbeitgeberin angegebene Zahl der betroffenen Mitarbeiter sei unterschiedlich. Es stünden auch Versetzungen und Arbeitszeitänderungen für die übrigen Arbeitnehmer an.

Die Erhöhung der Beisitzerzahl sei wegen der erheblichen rechtlichen, tarifvertraglichen und örtlichen Sonderprobleme erforderlich.

Der Betriebsrat und Beteiligte zu 1) beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 21. Dezember 2011 – 4 BV 15/11 – teilweise dahingehend abzuändern, dass die Zuständigkeit der Einigungsstelle auf den Regelungsgegenstand „Abschluss eines Sozialplans” erweitert und die Zahl der Beisitzer pro Seite auf 4 festgesetzt wird.

Die Arbeitgeberin und Beteiligte zu 2) stellt den Antrag,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Nach ihrem Vorbringen verbleibt es bei den beabsichtigten 17 betriebsbedingten Kündigungen. Es gebe keine völlige Änderung der Betriebsstruktur, man passe sich nur den Wünschen des Auftraggebers an.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens in der Beschwerdeinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten vom 30. Dezember 2011, 23. Januar 2012, 27. Januar und 28. Februar 2012 verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Beschwerde des Betriebsrats und Beteiligten zu 1) bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass die Einigungsstelle für die Verhandlung eines Sozialplans offensichtlich unzuständig ist. Auch die Zahl der Beisitzer auf je 2 ist zutreffend festgesetzt.

1.

a.) Das Beschwerdegericht folgt der Entscheidungsbegründung des Arbeitsgerichts vollumfänglich und macht sich diese zu Eigen. Nach § 112a BetrVG kann ein Sozialplan bei einem reinen Personalabbau nur erzwungen werden, wenn in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 250 Arbeitnehmer 20 von 100 der regelmäßig besc...

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