Entscheidungsstichwort (Thema)

Erinnerung. Gebühren. Kostenfestsetzung. Prozesskostenhilfe. Rechtsanwalt. Vergleichsmehrwert. Festsetzungsbeschluss. Höhe der Rechtsanwaltsgebühren des beigeordneten Rechtsanwalts bei Abschluss eines Vergleichs über nicht rechtshängige Ansprüche

 

Leitsatz (amtlich)

Der beigeordnete Rechtsanwalt, dem Prozesskostenhilfe für einen Vergleich auch über nicht rechtshängige Ansprüche bewilligt worden ist, kann für diese nur die Festsetzung einer 1,5 Einigungsgebühr, nicht auch eine Verfahrensdifferenzgebühr oder eine Terminsgebühr, verlangen.

 

Normenkette

RVG § 48 Abs. 1; VVRVG Nrn. 3101, 3104; RVG-VV Nrn. 3101, 3104

 

Verfahrensgang

ArbG Lingen (Entscheidung vom 09.05.2011; Aktenzeichen 1 Ca 575/11)

 

Tenor

Die Beschwerden des Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen die Beschlüsse des Arbeitsgerichts Lingen vom 9. Mai 2011 und vom 23. Mai 2012 - 1 Ca 575/11 - werden zurückgewiesen.

Das Erinnerungs- und das Beschwerdeverfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers wendet sich gegen die Kostenfestsetzung des Arbeitsgerichts Lingen mit Beschlüssen vom 9. und 23. Mai 2012, erweitert durch Beschluss vom 27. Juli 2012, mit denen nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 VV RVG und die Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG für den Vergleichsmehrwert nicht berücksichtigt wurden, soweit es sich um nicht rechtshängige Ansprüche handelt.

Der Kläger hat Kündigungsschutzklage gegen mehrere von der Beklagten ausgesprochene Kündigungen geführt und in einem weiteren Verfahren zur gleichen Zeit restliche Vergütung für die Monate November 2011 und Dezember 2012 begehrt. Das Arbeitsgericht hat dem Kläger durch Beschluss vom 5. März 2012 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten bei einer monatlichen Ratenzahlung von 30 Euro für das Verfahren bewilligt. Die Verfahren haben durch Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO vom 2. April 2012 mit folgendem Inhalt geendet:

1. Die Parteien stellen außer Streit, dass ihr Arbeitsverhältnis aufgrund der ordentlichen und fristgerechten Kündigung der Beklagten vom 08.12.2011 mit Ablauf des 15.01.2012 geendet hat.

Die Beklagte hält gegenüber dem Kläger erhobene Vorwürfe nicht aufrecht.

2. Die Beklagte zahlt an den Kläger zum Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in entsprechender Anwendung der §§ 9, 10 KSchG in Höhe von 3.250,00 € brutto.

3. Die Beklagte zahlt an den Kläger restliche Vergütung für den Monat November 2011 in Höhe von 784,94 € netto sowie für den Monat Januar 2012 in Höhe von 818,52 € netto, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen.

4. Die Parteien sind sich darüber einig, dass der gesamte, dem Kläger zustehende Urlaub vollständig in natura gewährt und genommen worden ist.

5. Die Beklagte erteilt dem Kläger ein wohlwollendes, qualifiziertes Arbeitszeugnis, welches sich auf Führung und Leistung erstreckt und Leistung und Führung des Klägers mit "stets zu unserer vollen Zufriedenheit" bescheinigt.

6. Die Beklagte gibt die Lohnsteuerbescheinigung 2012 sowie die Sozialversicherungsnachweise 2011 und 2012 ausgefüllt an den Kläger heraus.

7. Damit sind sämtliche gegenseitigen finanziellen Ansprüche zwischen den Parteien, gleich aus welchem Rechtsgrund und ob bekannt oder unbekannt erledigt, insbesondere stehen der Beklagten keinerlei Schadensersatzansprüche gegenüber dem Kläger zu aus Gründen, wie etwa mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 02.02.2012 geltend gemacht.

8. Damit sind der vorliegende sowie der ebenfalls vor dem Arbeitsgericht Lingen zum Aktenzeichen 1 Ca 559/11 geführte Rechtsstreit erledigt.

9. Die Kosten des Rechtsstreites und des Vergleiches werden gegeneinander aufgehoben.

Den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit hat das Arbeitsgericht für das Verfahren auf 17.500,00 Euro und für den Vergleich unter Berücksichtigung der mitverglichenen Ansprüche und des Verfahrens 1 Ca 559/11 - Arbeitsgericht Lingen - auf 31.440,28 Euro festgesetzt. Durch Beschluss vom 22. Mai 2012 hat es sodann Prozesskostenhilfe auch für den Vergleichsmehrwert bewilligt.

Mit Antrag vom 7. Mai 2012 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Festsetzung der aus der Staatskasse gemäß § 55 RVG zu zahlenden Vergütung in Höhe von 1.884,96 Euro beantragt, die er folgendermaßen berechnet hat:

Bezeichnung

Vergütungs-Verzeichnis Nummer(n)

Gegenstands-wert

EUR

Vergütung §§ 45,49 RVG

EUR

Verfahrensgebühr 1,3

3100

17.500,00

353,60

Verfahrensgebühr 0,8

3101

13.940,28

154,70

Terminsgebühr 1,2

3104

31.440,28

469,20

Einigungs-/Aussöhnungsgebühr 1,0

1003

17.500,00

272,00

Einigungsgebühr, -Obergrenze 1,5

1000

13.940,28

314,50

Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen

7002

Pauschale

20,00

Summe

1584,00

Umsatzsteuer auf die Vergütung

7008

300,96

Summe

1.884,96

zu zahlender Betrag

1.884,96

Das Arbeitsgericht hat die dem Prozessbevollmächtigten des Klägers aus der Landeskasse zu zahl...

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