Entscheidungsstichwort (Thema)

Formloser Abschluss eines Berufsausbildungsvertrages

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Wirksamkeit eines Berufsausbildungsvertrages.

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Berufsausbildungsvertrag kann formlos rechtswirksam abgeschlossen werden. Die fehlende Genehmigung durch die zuständige Kammer ändert hieran nichts.

 

Normenkette

BBiG §§ 3, 10

 

Verfahrensgang

ArbG Kempten (Urteil vom 08.06.2004; Aktenzeichen 1 Ca 1109/04)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten hin wird dasEndurteil desArbeitsgerichts Kempten vom08.06.2004 – Az.: 1 Ca 1109/04 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen in seiner Nr. 3, aufgrund der Teilklagerücknahme in seiner Nr. 2 abgeändert wie folgt:

„2. Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien vom 02.09.2003 bis 30.06.2004 ein Berufsausbildungsverhältnis zur Ausbildung der Klägerin zur Rechtsanwaltsfachangestellten bestand.

3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Euro 3.186,67 brutto abzüglich Euro 300,00 netto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus Euro 386,67 brutto abzüglich Euro 300,00 netto seit 30.09.2003, aus jeweils Euro 400,00 seit dem 31.10.2003, 30.11.2003, 31.12.2003, 31.01.2004, 29.02.2004, 31.03.2004 und 30.04.2004 zu bezahlen.”

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Berufsausbildungsverhältnis bestanden hat und die Klägerin hieraus Ausbildungsvergütung beanspruchen kann.

Die am 07.04.1988 geborene – und daher noch minderjährige – Klägerin war ab dem 02.09.2003 bis zum 11.06.2004 beim Beklagten, der sich als Rechtsanwalt betätigt, in dessen K. Kanzlei beschäftigt. Art und Umfang der Beschäftigung sind zwischen den Parteien streitig. Zwischen dem Beklagten und der Nebenintervenientin, der Rechtsanwaltskammer für den OLG-Bezirk M., sind seit geraumer Zeit Rechtsstreitigkeiten über einen von der Rechtsanwaltskammer beabsichtigten Entzug der Zulassung als Rechtsanwalt anhängig. Eine rechtskräftige Entscheidung ist bisher nicht ergangen.

Am 18.03.2003 unterzeichneten die Eltern der Klägerin als deren gesetzliche Vertreter und der Beklagte einen Formularvertrag über eine Ausbildung der Klägerin zur Rechtsanwaltsfachangestellten ab dem 02.09.2003. Wegen seines Inhalts wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 18.01.2005 Bezug genommen. Der Beklagte legte das Original dieses Vertrages in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht vor, nachdem er einen vom Arbeitsgericht erlassenen Auflagenbeschluss noch missachtet hatte.

Nach Übersendung dieses Vertrages durch den Beklagten an die Rechtsanwaltskammer zur Eintragung in die Liste der Ausbildungsverhältnisse monierte die Rechtsanwaltskammer mit Schreiben vom 17.04.2003 (Bl. 47 d.A.), dass die Urlaubsdauer gem. § 19 Jugendarbeitsschutzgesetz für die zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht 16 Jahre alte Klägerin mindestens 30 Werktage betragen und dies entsprechend in den Ausbildungsvertrag aufgenommen werden müsse.

Dies hatte der Beklagte bereits mit Schreiben vom 11.04.2003 auf einen telefonischen Hinweis seitens der Rechtsanwaltskammer abgelehnt und seine Ablehnung mit Schreiben vom 04.08.2003 wiederholt (Bl. 45 u. 49 d.A.).

In der Folge teilte der Beklagte in mehreren Schreiben der Rechtsanwaltskammer, u. a. mit Scheiben vom 24.10.2003 (Bl. 51 d.A.), mit, dass die Klägerin seit Anfang September 2003 die Berufsschule in Kempten besuche und als Azubi in seiner Kanzlei gemeldet sei, er aber mit der Klägerin keinen Ausbildungsvertrag abschließen könne, da die Rechtsanwaltskammer ihm die Zulassung entziehen wolle.

Nachdem die Rechtsanwaltskammer den Beklagten mit Schreiben vom 27.11.2003 unter Fristsetzung bis zum 15.12.2003 letztmals aufgefordert hatte, die vollständigen Ausbildungsverträge vorzulegen, antwortete der Beklagte hierauf mit Schreiben vom 28.11.2003 (Bl. 57 f. d.A.); darin führte er neben umfangreichen Vorwürfen u. a. auch folgendes aus:

„Heute ist der letzte Tag der Drei-Monats-Frist nach dem Standardvertrag um zu entscheiden, ob eine genehmigte Ausbildung durchgezogen oder abgebrochen wird. Der Vertrag ist zwar noch nicht genehmigt, doch werde ich mich vorsichtshalber an diese Frist halten, da ich die Rechtsprechung des Kemptener Arbeitsgerichts kenne.

Ich werde jener erklären, dass aufgrund des Verhaltens des Vorstandes der Anwaltskammer die Ausbildung nicht wahrgenommen werden kann und ihr raten, einen anderen Beruf zu wählen.

Ich kann hierauf nur eine letzte Frist auf

Heute, 12.00 Uhr

setzen, da der Nachmittag für die Verabschiedung freigehalten sein muss und Besprechungstermine angesetzt sind.”

In der Folge war dann die Klägerin weiterhin in der Kanzlei des Beklagten tätig. Die Klägerin führte ein Ausbildungsnachweisheft, das vom Beklagten für die Zeit vom September 2003 bis Februar 2004 abgezeichnet wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf das Nachweisheft (Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 18.01.2005) Bez...

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