Entscheidungsstichwort (Thema)

Weihnachtsgeld. Versorgungsempfänger. Rentner-Weihnachtsgeld

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es erscheint möglich, dass der Anspruch auf Zahlung einer Jahresvergütung (Weihnachtsgeld) an Versorgungsempfänger eines Unternehmens aufgrund einer betrieblichen Übung entsteht.

2. Eine solche betriebliche Übung hat den Inhalt, dass eine Zusage eines solchen „Rentner-Weihnachtsgeldes” nach Maßgabe der bisher an die Versorgungsempfänger erfolgten Zahlungen besteht.

3. Diese Zusage kraft betrieblicher Übung kann bereits während der aktiven Zeit eines Arbeitnehmers erworben werden (im Anschluss an BAG 29.04.2003 – 3 AZR 742/02).

4. Wenn der Arbeitgeber von Anfang an die Zahlung einer Jahresvergütung (eines Weihnachtsgeldes) an aktive Arbeitnehmer und Versorgungsempfänger unter den Vorbehalt eines jährlichen Aufsichtsrats- bzw. Vorstandsbeschlusses gestellt und ferner ausdrücklich erklärt hat, durch die Zahlung entstehe kein Präjudiz für kommende Jahre, schließt das die Entstehung einer betrieblichen Übung aus.

5. Die Kenntnis eines solchen Vorbehalts auf Seiten des einzelnen Arbeitnehmers ist keine Voraussetzung für den Ausschluss der Entstehung einer betrieblichen Übung. Es reicht insoweit aus, dass diese Einschränkung in die Bekanntmachungen aufgenommen wird, mit denen der Arbeitgeber die Gewährung der Leistung ankündigt.

6. Ebenso wenig, wie es für die Begründung einer betrieblichen Übung einer Kenntnis jedes einzelnen Arbeitnehmers von der Gewährung der Leistung an andere Arbeitnehmer bedarf, ist für den Ausschluss der Betriebsübung eine Kenntnis der diesen Ausschluss begründenden Umstände bei jedem einzelnen Arbeitnehmer erforderlich.

 

Normenkette

BGB § 611

 

Verfahrensgang

ArbG München (Teilurteil vom 14.01.2005; Aktenzeichen 6 Ca 12485/03)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 12.12.2006; Aktenzeichen 3 AZR 57/06)

 

Tenor

1.Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts München vom 14.01.2005 – 6 Ca 12485/03 – geändert: Die Klage wird abgewiesen, soweit beantragt ist festzustellen, dass die Beklagte an den Kläger auch weiterhin ein jährliches Weihnachtsgeld in Höhe von 60 % des monatsdurchschnittlichen Versorgungsbezugs bezahlen muss (Ziff. I.3 der Klageanträge).

2.Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3.Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im vorliegenden Berufungsverfahren um die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung eines sog. Rentner-Weihnachtsgeldes.

Der am 30.01.1941 geborene Kläger war vom 01.08.1973 bis 31.12.1998 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt, zuletzt als Außenstellenleiter mit einer monatlichen Bruttovergütung von rund 10.000,00 DM. Das Arbeitsverhältnis bestand bis April 1996 mit der B. AG und ging in diesem Monat gemäß Schreiben der Arbeitgeberin vom 11.04.1996 auf die in Februar 1996 gegründete Tochtergesellschaft B. GmbH über. Diese Gesellschaft erhielt im Verlauf des Rechtsstreits die jetzige Firma. Mitte 2000 wurde die P. AG auf die B. AG verschmolzen. Zum 14.07.2000 erhielt die fusionierte Gesellschaft die Firma E. AG.

Die Parteien unterzeichneten am 27.02.1998 bzw. 12.03.1998 einen Aufhebungsvertrag, der die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Veranlassung der Arbeitgeberin zum 31.12.1998 vorsah. In § 2 dieses Vertrages verpflichtete sich die Arbeitgeberin, einen Aufstockungsbetrag zum Arbeitslosengeld in Höhe der Differenz zwischen dieser Sozialleistung und 100 % eines monatlichen Aktiv-Nettoeinkommens bis zu dem Zeitpunkt zu gewähren, zu dem der Kläger frühest möglich ein vorgezogenes Altersruhegeld erhalten könne, ein Arbeitsverhältnis eingehe oder aus anderen Gründen Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beanspruchen könne. In § 7 des Vertrages ist geregelt, dass der Kläger – unter anderem – bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens anteilige Jahresvergütung und während der Laufzeit des Vertrages abweichend von den Richtlinien für Jahresvergütung im Monat November Weihnachtsgeld in Höhe von 450,00 DM, im Jahr des Übergangs und Ausscheidens aus dieser Regelung zeitanteilig, erhalte. Im übrigen ist im Aufhebungsvertrag geregelt, dass während des Vertragszeitraums hinsichtlich der Gewährung von sozialen Leistungen die Regelungen wie für Versorgungsempfänger der B. AG gilt und der Kläger ab Bezug einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung soziale Leistungen entsprechend den für Versorgungsempfänger der B. AG jeweils geltenden Regelungen erhält.

Der Kläger bezieht seit Vollendung des 60. Lebensjahrs am 30.01.2001 ab 01.02.2001 vorgezogenes Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Er erhielt für die Jahre 1999 und 2000 nach den Unterlagen der Beklagten kein Weihnachtsgeld, auch nicht den in § 7 des Aufhebungsvertrages genannten Betrag von 450,00 DM. Für das Jahr 2001 erhielt er eine Weihnachtsvergütung in Höhe von 1.644,00 DM gemäß Schreiben der Arbeitgeberin vom 27.11.2001, in dem mitgeteilt wurde, die Weihnachtsvergütung sei eine freiwillige, widerrufliche soziale...

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