Entscheidungsstichwort (Thema)

Erforderlichkeit einer Betriebsratsschulung. Darlegung eines gegenwärtigen Bedürfnisses für die erforderliche Teilnahme an einer Betriebsratsschulung

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Erforderlichkeit einer Betriebsratsschulung, die nicht Grundkenntnisse vermittelt, muss der Betriebsrat "ausreichende Anhaltspunkte" vortragen. In Bezug auf das Schulungsthema "Konstruktives Konfliktmanagement in der BR-Arbeit Teil 1", in dem ein einfaches Betriebsratsmitglied, das in den Gesamtbetriebsrat und IT-Ausschüsse entsandt ist, geschult werden soll, genügt die rein theoretische Möglichkeit einer Konfliktlage nicht. Es müssen Umstände vorgetragen werden, aus denen auf ein gegenwärtiges Bedürfnis zu schließen ist.

 

Normenkette

BetrVG § 37 Abs. 6, § 40 Abs. 1, § 2 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG München (Entscheidung vom 17.10.2019; Aktenzeichen 12 BV 336/19)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 17.10.2019 - 12 BV 336/19 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Anträge werden zurückgewiesen.

2. Die Anschlussbeschwerde des Beteiligten zu 1 wird zurückgewiesen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Erforderlichkeit der Teilnahme des zu 3. beteiligten Betriebsratsmitglieds an Betriebsratsschulungen und über damit im Zusammenhang stehende Freistellungsansprüche.

Die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin ist eine Gesellschaft der Z. und übernimmt für diese die Planung, die Entwicklung, die Implementierung und den Betrieb von IT-Anwendungssystemen und der IT-Infrastruktur. Sie beschäftigt bundesweit ca. 1.000 Arbeitnehmer. Der zu 1. beteiligte fünfköpfige Betriebsrat ist für den Betrieb in A-Stadt gewählt, in dem ca. 70 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Das zu 3. beteiligte Betriebsratsmitglied Herr E. wird in den Gesamtbetriebsrat, den IT-Ausschuss dieses Gesamtbetriebsrats und den IT-Ausschuss eines Teil-Konzernbetriebsrats entsandt. Er verfügt für dienstliche Reisen über eine von der Arbeitgeberin zur Verfügung gestellte Bahncard "100".

Im Februar 2019 nahm der Beteiligte zu 3. an einer zweitägigen In-House-Schulung der Y. zum Thema "Konflikte im Alltag erfolgreich meistern" teil. Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Schulung wird auf die Anlage AG3 (= Bl. 69 ff. d. A.) Bezug genommen.

Am 11.07.2019 beschloss der Betriebsrat, den Beteiligten zu 3. in die Schulung "Konstruktives Konfliktmanagement in der BR-Arbeit Teil I" vom 21.10.2019 bis zum 25.10.2019 in X., veranstaltet durch den Schulungsträger Institut für Fortbildung von Betriebsräten (IfB) zu entsenden. Die Kosten sollten für die Schulung 1.490,00 €, für Hotel und Verpflegung 724,60 € und für die Reise ca. 400,00 € betragen. Darüber hinaus sollte der Beteiligte zu 3. von der Erbringung seiner Arbeitsleistung freigestellt werden. Ausweislich seines Beschlusses sah der Betriebsrat die Erforderlichkeit der Schulung insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Beteiligte zu 3. in diversen Ausschüssen und Gremien betriebs- und unternehmensübergreifend tätig und dabei erhöhtem Konfliktpotential ausgesetzt sei. Entsprechende Seminare seien nicht im Leistungskatalog der Y. Akademie enthalten. Gleichzeitig beschloss der Betriebsrat für den Fall der Ablehnung durch die Arbeitgeberin die Einleitung eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens mit dem Ziel, der Arbeitgeberin aufzugeben, den Betriebsrat von den Kosten freizustellen und das Betriebsratsmitglied für die Teilnahme an der Schulung von den sonstigen Pflichten unter Fortsetzung des Gehalts freizustellen (vgl. Anl. BG4 = Bl. 108 d. A.). Die Arbeitgeberin lehnte sowohl die Kostenübernahme als auch die Freistellung des Beteiligten zu 3. ab.

Mit Antrag vom 02.09.2019 hat der Betriebsrat sein Begehren weiterverfolgt. Die Kostentragungspflicht folge aus § 40 Abs. 1 BetrVG. Das durch die streitgegenständliche Schulungsveranstaltung vermittelte Wissen sei nach § 37 Abs. 6 BetrVG für die Betriebsratsarbeit des Beteiligten zu 3. erforderlich. Der Beteiligte zu 3. sei durch die Entsendung in die unterschiedlichen Gremien erheblichen Interessenkonflikten zwischen den jeweiligen Gremiumsmitgliedern, den unterschiedlichen Unternehmensbereichen und in Bezug zu den Vertretern der Arbeitgeberin ausgesetzt. Bei der Auswahl der Schulung bestehe ein Ermessen des Betriebsrats.

Der Betriebsrat hat erstinstanzlich beantragt:

I. Es wird festgestellt, dass die Teilnahme des Betriebsratsmitglieds E. an der in Anl. 1 beschriebenen Schulung "Konstruktives Konfliktmanagement in der BR-Arbeit" vom 21.10.2019 bis zum 25.10.2019 in X. veranstaltet durch den Schulungsträger ifb Institut zur Fortbildung von Betriebsräten KG erforderlich ist.

II. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, den Antragsteller von der Kostentragungspflicht für die im Antrag zu I. bezeichnete Schulung freizustellen.

III. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, das Betriebsratsmitglied E. zur Teilnahme an der Schulung von der Erbringung der arbeitsvertraglichen Verpflich...

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