Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebssitz. Auslösungsanspruch

 

Leitsatz (amtlich)

Nach Einsetzung der Einigungsstelle für einen Interessenausgleich kann der Betriebsrat einen Berater nicht mehr nach § 111 S. 2 BetrVG hinzuziehen. Hierfür ist vielmehr eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber erforderlich (§ 80 Abs. 3 BetrVG).

 

Normenkette

BetrVG § 111 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG München (Beschluss vom 11.11.2009; Aktenzeichen 34 BV 53/09)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Gesamtbetriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 11.11.2009 – 34 BV 53/09 – wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2), den bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat (Antragsteller) von Beraterkosten freizustellen.

Die Arbeitgeberin unterrichtete den Wirtschaftsausschuss am 27.5.2008 über ein Konzept zur Kosteneinsparung und eine für Oktober 2008 geplante Betriebsänderung. Am 11.6.2008 informierte der damalige Geschäftsführer den Antragsteller mit einer 70 Seiten umfassenden Power-Point-Präsentation (Bl. 78 ff d.A.) über den Umfang und die Folgen der geplanten Betriebsänderung. In der Folgezeit verweigerte der Antragsteller die Aufnahme von Verhandlungen über die geplante Betriebsänderung und machte eine Terminsvereinbarung von der Übermittlung eines detaillierten Interessenausgleichsentwurfs abhängig. Daraufhin legte die Arbeitgeberin am 17.7.2008 dem Antragsteller einen ersten Entwurf eines Interessenausgleichs vor (Bl. 16 ff d.A.).

Der Antragsteller fasste in seiner Sitzung vom 23.7.2008 folgenden Beschluss (s. Protokoll Bl. 26 d.A.):

2.3. Beschlussfassung: Berater auf der Basis § 111 BetrVG und § 92 a

Der GBR beschließt, das pp., Köln, als Berater im Sinne des § 111 BetrVG und des § 92 a zur Unterstützung des GBRs bei der Beratung der AGin und zur Erarbeitung alternativer Vorschläge zur Kosteneinsparung und Effizienzsteigerung im Zusammenhang mit den von der AGin vorgestellten Maßnahmen hinzuzuziehen. Einvernehmen ist nicht herzustellen. Der GBR setzt die AGin über diesen Beschluss in Kenntnis und erbittet die Zusage zur Kostenübernahme.

(Rechtsmeinung bei RA S. eingeholt: '§ 92 a hält § 111 nicht auf')

Mit einer E-Mail vom 29.7.2008 (Bl. 272 d.A.) informierte die Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats das pp. über diesen Beschluss sowie darüber, dass eine Kostenübernahmeerklärung der Arbeitgeberin noch nicht erteilt sei. Sie bat darum, dem Gesamtbetriebsrat insoweit entgegen zu kommen, dass zwei Termine im August reserviert werden.

Ebenfalls mit E-Mail vom 29.7.2008 (Bl. 118 d.A.) informierte der Antragsteller die Arbeitgeberin von seinem Beschluss vom 23.7.2008 und teilte mit, das pp. werde nach Vorliegen der Kostenübernahmeerklärung ein schriftliches Angebot einreichen. Ein solches Angebot über eine betriebswirtschaftliche Beratung erstellte das pp. am 6.8.2008 (Bl. 30 ff d.A.). Der Antragsteller leitete das Angebot mit E-Mail vom 7.8.2008 an die Arbeitgeberin weiter mit der Bitte um eine Kostenübernahmeerklärung (Bl. 28 f d.A.). Die Arbeitgeberin lehnte die Kostenübernahme ab.

Am 12.8.2008 beantragte sie beim Arbeitsgericht die Einsetzung einer Einigungsstelle zum Abschluss eines Interessenausgleichs für die beabsichtigte Betriebsänderung mit dem Argument, die Verhandlungen mit dem Gesamtbetriebsrat über den Interessenausgleich seien gescheitert, da dieser sich seit knapp zwei Monaten weigere, einen Termin zur Beratung mit der Arbeitgeberin zu vereinbaren.

Am 19.8.2008 teilte der Antragsteller der Arbeitgeberin erneut seinen am 23.7.2008 gefassten Beschluss mit und erklärte, dass er das pp. nunmehr aufgefordert habe, unverzüglich als Berater gemäß § 111 BetrVG tätig zu werden (Bl. 36 d.A.).

Mit Beschluss vom 17.9.2008 setzte das Arbeitsgericht die von der Arbeitgeberin beantragte Einigungsstelle ein (Bl. 134 ff d.A.). Am 19.9.2008 erteilte die Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats dem pp. wie von diesem gewünscht einen Auftrag in schriftlicher Form und bezog sich auf den Beschluss vom 23.7.2008 sowie auf das Angebot des pp.s vom 6.8.2008 (Bl. 27 d.A.). Am 9.10.2008 vereinbarte ein Mitarbeiter des pp.s mit dem Geschäftsführer der Arbeitgeberin einen Gesprächstermin. Vom 29.10. bis 4.11.2008 führten Mitarbeiter des pp.s nach vorheriger Terminsabsprache mit insgesamt neun Gesprächspartnern Interviews für eine Bestandsaufnahme.

Die Einigungsstelle über den Interessenausgleich tagte erstmals am 1.12.2008.

Am 10.12.2008 stellte das pp. dem Antragsteller für den Zeitraum 8.10.2008 bis Dezember 2008 eine Rechnung über EUR 62.655,19 incl. Mehrwertsteuer (Bl. 45 d.A.). Die Arbeitgeberin weigerte sich, die Kosten zu übernehmen.

Am 30.1.2009 schlossen die Betriebsparteien einen Interessenausgleich über die Betriebsänderung.

Am 29.1.2009 erstellte das pp. eine abschließende Rechnung über EUR 8.032,50 incl. Mehrwertsteuer (Bl. 57 d.A.). Bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens wurden der Arbeitgeberin keine schriftlichen Ergebnisse des pp.s v...

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