Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss der Erstattung außergerichtlicher Kosten im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren zwischen dem Anwalt des Betriebsrats und der Arbeitgeberin. Zinsanspruch bei ungerechtfertigter Bereicherung durch Vollstreckung überhöhter Kostenforderung im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wer durch eine Vollstreckung ungerechtfertigt bereichert ist, hat gemäß § 812 Abs. 1 BGB den zu viel vollstreckten Betrag zu erstatten; der Zinsanspruch folgt aus § 717 Abs. 2 ZPO, da gemäß § 717 Abs. 2 Satz 2 der Anspruch zurzeit der Zahlung als rechtshängig geworden anzusehen ist und damit ab dem Zahlungszeitpunkt Zinsen anfallen (§ 291 Satz 1 BGB).

2. § 717 Abs. 2 ZPO ist auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren anwendbar; § 85 Abs. 1 Satz 3 ArbGG weist auf die Vorschriften des 8. Buches der ZPO hin, ohne § 717 Abs. 2 ZPO auszunehmen.

3. Eine Kostenentscheidung unter analoger Anwendung der §§ 91 ff. ZPO kommt im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nicht in Betracht; dem Fehlen einer Regelung über die Tragung der außergerichtlichen Kosten liegt die gesetzgeberische Entscheidung zugrunde, dass die Beteiligten eines Beschlussverfahrens ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben.

4. Auch wenn ausnahmsweise der Rechtsanwalt des Betriebsrats dessen Ansprüche aufgrund Abtretung gegenüber der Arbeitgeberin geltend macht, kann hinsichtlich einer Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten der Arbeitgeberin im Rahmen des Beschlussverfahrens nicht differenziert werden, da das Gesetz hierfür keinen Anhaltspunkt bietet und insoweit davon auszugehen ist, dass die typisierenden Wertungen des Gesetzes einheitlich für alle Fälle des Beschlussverfahrens getroffen werden müssen; da es letztlich immer noch um Ansprüche des (vermögenslosen) Betriebsrates aus § 40 BetrVG gegen die Arbeitgeberin geht, hat es bei der Wertung des Gesetzes zu verbleiben, wonach im Beschlussverfahren eine Kostenentscheidung unter analoger Anwendung der §§ 91 ff. ZPO nicht in Betracht kommt.

5. Soweit eine materiell-rechtliche Entscheidung auf einen Schadensersatzanspruch (§ 280 BGB) gestützt wird, fehlt es an einem maßgeblichen Schuldverhältnis zwischen dem Rechtsanwalt des Betriebsrats und der Arbeitgeberin.

6. Betriebsverfassungsrechtliche Rechtsdurchsetzungskosten sind grundsätzlich nur nach den einschlägigen betriebsverfassungsrechtlichen oder personalvertretungsrechtlichen Bestimmungen erstattungsfähig; das folgt aus dem gesetzlichen Gesamtzusammenhang und dem Fehlen prozessualer Vorschriften über die Kostentragung im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren.

 

Normenkette

ZPO §§ 91 ff.; BGB § 280; BetrVG § 40; ZPO § 717 Abs. 2, §§ 91, 717 Abs. 2 S. 2; ArbGG § 85 Abs. 1 S. 3; BGB § 291 S. 1, § 812 Abs. 1; BetrVG § 40 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG München (Aktenzeichen 14 BV 85/10)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 12.11.2014; Aktenzeichen 7 ABR 86/12)

 

Tenor

1. Der Beteiligte zu 1) wird verurteilt, an die Beteiligte zu 2) € 5.871,26 zzgl. Zinsen p.a. i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 26.03.2011 zu bezahlen.

Im Übrigen wird der Widerantrag der Beteiligten zu 2) zurückgewiesen.

2. Hinsichtlich der Verurteilung zur Zinszahlung seit 26.03.2011 wird die Rechtsbeschwerde zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten, soweit für den folgenden Beschluss noch von Bedeutung, um die Erstattung der außergerichtlich der Beteiligten zu 2) für beide Instanzen anfallenden Anwaltskosten für die Anwälte beider Beteiligter anteilsmäßig hinsichtlich einer Quote, wie sie sich aus dem jeweiligen Obsiegen und Unterliegen im Teilbeschluss vom 10.08.2011 und in der Nichtzulassungsbeschwerde ergibt sowie über die Rückzahlung des zuviel vollstreckten Betrages aus der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Beteiligte zu 1) begehrt hilfsweise die Feststellung, dass die Beteiligte zu 2) die Anwaltskosten des Beteiligten zu 1) zu tragen hat.

Die Beteiligten führten erstinstanzlich ein Verfahren auf Erstattung angefallener Rechtsanwaltskosten, die der Beteiligte zu 1) dem bei der Beteiligten zu 2) gebildeten Betriebsrat in Rechnung gestellt hatte, für die Vertretung in verschiedenen Verfahren. Der Beteiligte zu 1) hatte insoweit einen Betrag i.H.v. € 6.976,86 in Rechnung gestellt. Der Betriebsrat hatte den Anspruch auf Kostenerstattung gem. § 40 Abs. 1 BetrVG an den Beteiligten zu 1) abgetreten. Daraufhin hatte der Beteiligte zu 1) das vorliegende Verfahren auf Zahlung dieser Rechnungssumme eingeleitet.

Während noch durch Beschluss der 1.Instanz die Beteiligte zu 2) verurteilt wurde Euro 6.976,86 an den Beteiligten zu 1) zu bezahlen, wurde in dem mittlerweile rechtskräftigen Teilbeschluss vom 10.08.2011 die Beteiligte zu 2) verurteilt, lediglich Anwaltskosten i.H.v. € 1.592,82 nebst Zinsen an den Beteiligten zu 1) zu bezahlen. Im Übrigen wurde der Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundesarbeitsgericht zurückgewiesen.

Der Beteiligte zu 1) hat infolge der Ver...

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