Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit tariflicher Regelung zum Zuschlag für Nachtarbeit. Kein Anspruch auf gleiche Zuschlaghöhe für Nachtarbeit im Tarifvertrag wie in gerichtlicher Praxis. Kein Verstoß gegen § 6 Abs. 5 ArbZG durch 15 Prozent tariflichen Zuschlag für Nachtarbeit

 

Leitsatz (amtlich)

Im Tarifvertrag festgelegte Zuschläge für Nachtarbeit müssen nicht mindestens genauso hoch sein wie diejenigen, die von den Arbeitsgerichten im Falle fehlender tarifvertraglicher Ausgleichsregelungen einzelfallbezogen herangezogen werden. Eine tarifliche Regelung, nach der für Nachtarbeit von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr ein Zuschlag in Höhe von 15 % zu zahlen ist, verstößt weder gegen § 6 Abs. 5 ArbZG noch gegen die Richtlinie 2003/88/EG.

 

Normenkette

TVG § 1; ArbZG § 6 Abs. 5; RL 2003/88/EG Art. 12; ZPO § 97 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Rostock (Entscheidung vom 03.12.2020; Aktenzeichen 1 Ca 764/20)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 03.12.2020 - 1 Ca 764/20- wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit einer tarifvertraglichen Regelung zur Höhe des Zuschlags für Nachtarbeit.

Der im Mai 1965 geborene Kläger war vom 04.04.2011 bis zum 31.12.2020 bei der Beklagten als Maschinenbediener mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von zuletzt 38 Stunden bei einem Stundenlohn von € 11,68 brutto beschäftigt. Er arbeitete im Schichtdienst und leistete in unterschiedlichem Umfang Nachtarbeit. Seit dem 01.11.2016 unterlag das Arbeitsverhältnis dem (Haus-)Manteltarifvertrag der Beklagten, abgeschlossen mit der IG Metall, vom 01.11.2016 (im Folgenden nur: MTV). Im MTV heißt es zur Nachtarbeit:

"...

§ 5 Mehr-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit

...

2. Begriff der Nachtarbeit

Nachtarbeit ist die zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr geleistete Arbeit.

...

...

§ 6 Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit

1. Höhe der Zuschläge

...

1.3 Der Nachtarbeitszuschlag beträgt 15%.

1.4 Der Spätschichtzuschlag für die Schichtzeit von 20:00 - 22:00 Uhr beträgt 10%.

1.5 Es ist nur ein Zuschlag zu zahlen. Fallen mehrere Zuschläge zusammen, so gilt der jeweils höhere Zuschlag.

...

1.7 Bei der Berechnung der Zuschläge ist der tarifliche Grundlohn zugrunde zu legen.

..."

Mit Schreiben vom 27.06.2019 forderte der Kläger von der Beklagten erfolglos die Zahlung eines Nachtarbeitszuschlags in Höhe von 30 % für die in den Monaten März bis Mai 2019 geleistete Nachtarbeit. Mit verschiedenen weiteren Schreiben machte er Ansprüche für die Folgemonate geltend.

Der Kläger hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, dass er einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 30 % beanspruchen könne, da der tarifliche Satz von 15 % angesichts der gesundheitsschädlichen Auswirkungen von Nachtarbeit nicht rechtskonform sei. Zwar sei es nach § 6 Abs. 5 ArbZG grundsätzlich den Tarifvertragsparteien überlassen, wie der Ausgleich für Nachtarbeit geregelt werde. Es müsse sich aber um eine angemessene Kompensation der mit Nachtarbeit verbundenen Belastungen handeln. Eine tarifvertragliche Regelung, die nicht mehr angemessen sei, könne den gesetzlichen Anspruch aus § 6 ArbZG nicht sperren. Nachtarbeit fördere verschiedene physische und psychische Erkrankungen. Der menschliche Körper gewöhne sich nicht an Arbeit außerhalb des biologischen Tagesrhythmus. Dauernachtschichtarbeiter seien besonders gefährdet. Ein Zuschlag von 15 % sei nicht geeignet, Nachtarbeit einzudämmen. Angemessen sei ein Zuschlag von 30 %, wie auch ein Blick auf verwandte Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie zeige.

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger

1. als weiteren Nachtzuschlag für den Monat März 2019 € 78,84 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.04.2019 zu zahlen,

2. als weiteren Nachtzuschlag für den Monat April 2019 € 132,28 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.05.2019 zu zahlen,

3. als weiteren Nachtzuschlag für den Monat Mai 2019 € 65,70 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.06.2019 zu zahlen,

4. als weiteren Nachtzuschlag für den Monat Juni 2019 € 131,40 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.07.2019 zu zahlen,

5. als weiteren Nachtzuschlag für den Monat Juli 2019 € 69,20 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.08.2019 zu zahlen,

6. als weiteren Nachtzuschlag für den Monat August 2019 € 118,26 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.09.2019 zu zahlen,

7. als weiteren Nachtzuschlag für den Monat September 2019 € 65,70 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.10.2019 zu zahlen,

8. als weiteren Nachtzuschlag für den Monat Oktober 2019 € 91,98 netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem ...

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