Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbestimmung des Betriebsrats. Nachwirkung einer Betriebsvereinbarung

 

Leitsatz (amtlich)

– parallel zu 5 (3) Sa 617/02 vom 15.08.2002 –

 

Leitsatz (redaktionell)

Kündigt der Arbeitgeber die nur einen Teil der in seinem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer erfassende freiwillige Betriebsvereinbarung über eine Jahressonderzahlung, so kommt eine Nachwirkung dieser Betriebsvereinbarung nicht deshalb in Betracht, weil andere Arbeitnehmer auf anderer rechtlicher Grundlage weiterhin ähnliche Leistungen erhalten.

 

Normenkette

BetrVG § 76 Abs. 5, § 77 Abs. 5-6, § 87 Abs. 1 Nr. 10, Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 08.03.2002; Aktenzeichen 5 Ca 3433/00)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 08.03.2002 – 5 Ca 3433/00 – geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von den Beklagten als Gesamtschuldnern die Zahlung der Jahressonderzahlung für das Jahr 1999 in Höhe von 75 % eines Monatsgehaltes.

Die Klägerin ist seit dem 01.08.1988 zunächst beim T. R. gemäß Anstellungsvertrag vom 20.07.1988 als Diplomingenieurin tätig geworden. Mit Wirkung vom 01.01.1993 ging das Arbeitsverhältnis der Klägerin auf Grund einer Übernahme von Betriebsteilen des T. R. durch die Beklagte zu 2) gemäß § 613 a BGB auf diese über. Im Bereich des T. R. galt bei Betriebsübergang eine Betriebsvereinbarung vom 01.04.1981 über die Zahlung von „Weihnachtsgeld”. Außerdem gab es für die ehemaligen Mitarbeiter des T. R. weitere kollektive betriebliche Regelungen, in denen unter anderem eine betriebliche Altersversorgung und die Anwendung der Landesbesoldungsordnung Nordrhein-Westfalen (LBO) auf diese Mitarbeiter vorgesehen war. Im Anstellungsvertrag der Klägerin mit dem T. R. vom 20. Juli 1988 (Bl.8-10 GA) ist in Ziffer 4 eine Vergütung nach der LBO-A 9/2, in Ziffer 7 die Geltung der Bestimmungen der Betriebsvereinbarung und sonstiger Regelungen des T. R. vereinbart worden.

Am 13.11.1996 wurde die Betriebsvereinbarung vom 01.04.1981 durch die Betriebsvereinbarung über eine Jahressonderzahlung in Form eines Spruchs der Einigungsstelle abgelöst. Danach sollte die Jahressonderzahlung für das Jahr 1996 100 % und ab dem Jahr 1997 nur noch 75 % der Gehaltsbestandteile nach näherer Maßgabe der Betriebsvereinbarung Vergütung 1996/I vom 13.11.1996 betragen. Nach Ziffer 3 der Betriebsvereinbarung Jahressonderzahlung erfolgt diese Zahlung, wenn der/die Beschäftigte am 20.11. des Auszahlungsjahres in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis steht.

In einem beim Arbeitsgericht Köln eingeleiteten Beschlussverfahren machte der bei der Beklagten zu 2) bestehende Betriebsrat mit Feststellungsantrag die Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarungen Vergütung 1996/I und Jahressonderzahlung, jeweils vom 13.11.1996, geltend. Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Betriebsrats im Hinblick auf die Betriebsvereinbarung Jahressonderzahlung lediglich zu Nr. 2.2 stattgegeben und im Übrigen den Antrag abgewiesen (Arbeitsgericht Köln vom 26.08.1997 – 12 BV 237/96). Nachdem gegen diesen Beschluss nur die Arbeitgeberin Beschwerde eingelegt hatte, hat das Landesarbeitsgericht in Bezug auf die Betriebsvereinbarung „Jahressonderzahlung” den Antrag des Betriebsrats insgesamt abgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht hat sodann auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats durch Beschluss vom 20.07.1999 – 1 ABR 66/98 – den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 27.07.1998 – 3 TaBv 100/97 – aufgehoben und insoweit die Entscheidung des Arbeitsgerichts wiederhergestellt.

Mit Schreiben vom 25.06.1999 kündigte die Beklagte zu 2) die „Betriebsvereinbarung Jahressonderzahlung” zum 30.09.1999. Der Betriebsrat forderte daraufhin die Arbeitgeberin unter Bezugnahme auf die Kündigung der Betriebsvereinbarung mit Schreiben vom 30.07.1999 auf, unverzüglich in Verhandlungen über die Verteilung der Jahressonderzahlung im Unternehmen einzutreten. Dem liegt zu Grunde, dass neben den ca. 260 Mitarbeitern der Beklagten, die auf Grund der Bestimmungen der LBO vergütet werden, weitere ca. 115 Mitarbeiter beschäftigt sind, welche eine Jahressonderzahlung auf Grund einer einseitig von der Arbeitgeberin aufgestellten „Gehaltsordnung” erhalten, welche am 01.09.1992 in Kraft getreten ist. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Gehaltsordnung bestand bei der Arbeitgeberin kein Betriebsrat. Die Jahressonderzahlung, welche an die BO-Mitarbeiter auch für das Jahr 1999 gezahlt wurde, betrug ebenfalls ein Monatsbruttogehalt. Im Hinblick auf die nach der Kündigung vom Betriebsrat vertretene Auffassung, die Betriebsvereinbarung wirke über den 30.06.1999 hinaus nach, leitete die Beklagte zu 2) ein Beschlussverfahren ein, in dem sie beantragte, festzustellen, dass die Betriebsvereinbarung über den 30.09.1999 nicht nachwirkt. Nachdem der Antrag in erster Instanz zurückgewiesen worden war, hat das Bundesarbeitsgericht, nachdem zwischenzeitlich den Betrieb stillgelegt wor...

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