Entscheidungsstichwort (Thema)

freiwillige Betriebsvereinbarung. Nachwirkung. Mitbestimmung

 

Leitsatz (amtlich)

Hat ein Arbeitgeber die nur für einen Teil der in seinem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer bestehende freiwillige Betriebsvereinbarung über eine Jahressonderzahlung gekündigt, so führt der Umstand, dass andere Arbeitnehmer auf anderer rechtlicher Grundlage weiterhin ähnliche Leistungen erhalten, nicht zu einer Nachwirkung der teilmitbestimmten Betriebsvereinbarung (Abgrenzung zu BAG vom 26.10.1993 – 1 AZR 46/93 –).

 

Normenkette

BetrVG § 76 Abs. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 16.01.2002; Aktenzeichen 3 Ca 6534/00)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 16.01.2002 – 3 Ca 6534/00 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Anspruch des Klägers auf eine Jahressonderzahlung in Höhe von 75 % eines Monatsgehalts für das Jahr 1999.

Der Kläger war zunächst ab 1973 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, dem T. auf dem Arbeitsgebiet technische Physik tätig. Mit Wirkung zum 01.01.1993 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers auf Grund der Übernahme von Betriebsteilen des T. R. durch die Beklagte gemäß § 613 a BGB auf diese über. Im Bereich des T. R. galt bei Betriebsübergang eine Betriebsvereinbarung vom 01.04.1981 über die Zahlung von „Weihnachtsgeld”. Außerdem gab es für die ehemaligen Mitarbeiter des T. R. weitere kollektive betriebliche Regelungen, in denen unter anderem eine betriebliche Altersversorgung und die Anwendung der Landesbesoldungsordnung Nordrhein-Westfalen (LBO) auf diese Mitarbeiter vorgesehen war.

Am 13.11.1996 wurde die Betriebsvereinbarung vom 01.04.1981 durch die Betriebsvereinbarung über eine Jahressonderzahlung in Form eines Spruchs der Einigungsstelle abgelöst. Danach sollte die Jahressonderzahlung für das Jahr 1996 100 % und ab dem Jahr 1997 nur noch 75 % der Gehaltsbestandteile nach näherer Maßgabe der Betriebsvereinbarung Vergütung 1996/I vom 13.11.1996 betragen. Nach Ziffer 3 der Betriebsvereinbarung Jahressonderzahlung erfolgt diese Zahlung, wenn der/die Beschäftigte am 20.11. des Auszahlungsjahres in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis steht.

In einem beim Arbeitsgericht Köln eingeleiteten Beschlussverfahren machte der Betriebsrat mit Feststellungsantrag die Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarungen Vergütung 1996/I und Jahressonderzahlung, jeweils vom 13.11.1996, geltend. Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Betriebsrats im Hinblick auf die Betriebsvereinbarung Jahressonderzahlung lediglich zu Nr. 2.2 stattgegeben und im Übrigen den Antrag abgewiesen (Arbeitsgericht Köln vom 26.08.1997 – 12 BV 237/96). Nachdem gegen diesen Beschluss nur die Arbeitgeberin Beschwerde eingelegt hat, hat das Landesarbeitsgericht in Bezug auf die Betriebsvereinbarung „Jahressonderzahlung” den Antrag des Betriebsrats insgesamt abgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht hat sodann auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats durch Beschluss vom 20.07.1999 – 1 ABR 66/98 – den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 27.07.1998 – 3 TaBv 100/97 – aufgehoben und insoweit die Entscheidung des Arbeitsgerichts wiederhergestellt.

Mit Schreiben vom 25.06.1999 kündigte die Arbeitgeberin die „Betriebsvereinbarung Jahressonderzahlung” zum 30.09.1999. Der Betriebsrat forderte daraufhin die Arbeitgeberin unter Bezugnahme auf die Kündigung der Betriebsvereinbarung mit Schreiben vom 30.07.1999 auf, unverzüglich in Verhandlungen über die Verteilung der Jahressonderzahlung im Unternehmen einzutreten. Dem liegt zu Grunde, dass neben den ca. 260 Mitarbeitern der Beklagten, die auf Grund der Bestimmungen der LBO vergütet werden, weitere ca. 115 Mitarbeiter beschäftigt sind, welche eine Jahressonderzahlung auf Grund einer einseitig von der Arbeitgeberin aufgestellten „Gehaltsordnung” erhalten, welche am 01.09.1992 in Kraft getreten ist. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Gehaltsordnung bestand bei der Arbeitgeberin kein Betriebsrat. Die Jahressonderzahlung, welche an die BO-Mitarbeiter auch für das Jahr 1999 gezahlt wurde, betrug ebenfalls ein Monatsbruttogehalt. Im Hinblick auf die nach der Kündigung vom Betriebsrat vertretene Auffassung, die Betriebsvereinbarung wirke über den 30.06.1999 hinaus nach, leitete die Beklagte ein Beschlussverfahren ein, in dem sie beantragte, festzustellen, dass die Betriebsvereinbarung über den 30.09.1999 nicht nachwirkt. Nachdem der Antrag in erster Instanz zurückgewiesen worden war, hat das Bundesarbeitsgericht, nachdem zwischenzeitlich den Betrieb stillgelegt worden war und ein Betriebsrat nicht mehr bestand, das Bundesarbeitsgericht durch Beschluss vom 14.08.2001 – 1 ABR 52/00 – das Beschlussverfahren eingestellt und festgestellt, dass die in diesem Beschlussverfahren ergangenen Beschlüsse des Landesarbeitsgerichts Köln vom 19.10.2000 – 10 TaBv 27/00 – und des Arbeitsgerichts Köln vom 20.10.1999 – 15 BV 146/99 – wirkungslos sind.

Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren die Auffassung ...

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