Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit von Honorarabführungsklauseln

 

Leitsatz (amtlich)

Honorarabführungsvereinbarungen im Arbeitsvertrag eines angestellten Rechtsanwalts sind jedenfalls dann gemäß § 75 d Satz 2 HGB unwirksam, wenn sie sich jeweils auf einen Zeitraum von drei Jahren nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erstrecken (im Anschluss an BAG, Urteil vom 07.08.2002 – 10 AZR 586/01, AP Nr. 4 zu § 75 d HGB). Eine geltungserhaltende Reduktion der zu lang bemessenen Bindungsfristen auf die von der Rechtsprechung des BAG für zulässig erachtete Bindungsfrist von zwei Jahren kommt nicht in Betracht.

 

Normenkette

HGB § 75d S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 18.10.2006; Aktenzeichen 10 Ca 4726/06)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 18.10.2006 – 10 Ca 4726/06 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von Honorarabführungsvereinbarungen.

Der Kläger, der Rechtsanwalt und als Insolvenzverwalter, Treuhänder sowie Sachverständiger in Insolvenzverfahren tätig ist, befand sich zu der Beklagten, einer auf Wirtschaftsrecht spezialisierten Anwaltskanzlei, die bundesweit derzeit an 21 Standorten vertreten ist, zunächst im Jahre 1988 in einem freien Mitarbeiterverhältnis, sodann vom 01.01.1999 bis zum 30.04.2000 in einem Arbeitsverhältnis. Die Beklagte eröffnete am 01.05.2000 ein Büro in F und setzte dort den Kläger, der seitdem bis zum 30.09.2002 im Rahmen eines Gesellschaftsverhältnisses Partner der Beklagten war, ein. Dieser wurde in der Folgezeit in rund 400 Fällen im R-M-Raum als Insolvenzverwalter bestellt. Seit dem 01.10.2002 war der Kläger bei der Beklagten auf der Grundlage einer Vereinbarung vom 16.09.2002 wiederum im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses beschäftigt. In dieser Vereinbarung heißt es u.a.:

„9. Ausgleichszahlung bei Fortführung eigener Insolvenz- und sonstiger Mandate nach Ausscheiden

9.1. War Herr Dr. L während der Zusammenarbeit mit K als Insolvenzverwalter o.ä. bestellt worden und führt er die Verfahren oder andere ihm persönlich erteilte Mandate nach seinem Ausscheiden fort, hat er 25 % der ihm zukünftig aus diesen Verfahren/Mandaten noch zufließenden Vergütungen (netto ohne MwSt.) an Kübler abzuführen.

9.2. Wird Herr Dr. L nach seinem Ausscheiden bei K von Gerichten, an denen er oder ein Gesellschafter bereits während der Zusammenarbeit mit K tätig war, als Insolvenzverwalter o.ä. eingesetzt, hat er 25 % der Vergütung (netto ohne MwSt.), die er innerhalb von drei Jahren nach seinem Ausscheiden bei K in diesem Verfahren vereinnahmt oder vereinnahmen könnte, an K abzuführen. Die Abführungspflicht gilt ebenfalls, wenn Herr Dr. L nicht selbst als Gutachter etc. bestellt wird, sondern das Gericht auf seine Veranlassung an seiner Stelle einen mit ihm wirtschaftlich verbundenen Dritten – gleich in welcher Form und in welcher rechtlichen Gestaltung – einsetzt, sofern der Dritte nicht zuvor bereits selbst an dem jeweiligen Gericht als Insolvenzverwalter o.ä. tätig war.

9.3. Die vorstehende Regelung gilt entsprechend für Beratungsmandate, die Herrn Dr. L von Mandanten der Gesellschaft innerhalb von drei Jahren nach Beendigung des Anstellungsvertrages erteilt werden.”

Mit Schreiben vom 29.10.2005 kündigte der Kläger das mit der Beklagten bestandene Anstellungsverhältnis zum 31.10.2006. Zwischenzeitlich schloss sich der Kläger einer Anwaltskanzlei als Partner an, die bislang nicht in F vertreten ist.

Mit seiner am 14.06.2006 beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Klage vom 13.06.2006 hat der Kläger zunächst die Feststellung begehrt, dass die in B Ziffer 9 der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung vom 16.09.2002 enthaltene Klausel betreffend „Ausgleichszahlungen bei Fortführung eigener Insolvenz- und sonstiger Mandate nach Ausscheiden” unverbindlich bzw. unwirksam ist und die Beklagte aus dieser Vereinbarung gegen ihn keine Ansprüche herleiten kann.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Regelungen in den Nrn. 9.2. und 9.3. der Vereinbarung der Parteien vom 16.09.2002 seien unwirksam, da sie ihn in seiner Berufsausübung nach dem Ausscheiden aus dem Anstellungsverhältnis mit der Beklagten erheblich beschränkten und dadurch seine weiteren Tätigkeiten unbillig erschwert würden. Er hat behauptet, die in der Vereinbarung vom 16.09.2002 vorgesehene Abführung von 25 % der im nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zufließenden Vergütungen lasse eine wirtschaftlich lohnende Bearbeitung von Mandanten, insbesondere von Insolvenzmandanten nicht zu. Die Unwirksamkeit der Regelungen in den Nrn. 9.2. und 9.3. der Vereinbarung vom 16.09.2002 ergebe sich zudem, so ist der Kläger der Ansicht gewesen, aus der Bindungsfrist von drei Jahren. Darüber hinaus verstießen diese Regelungen gegen § 138 BGB, gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB sowie gegen die §§ 74 ff. HGB.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass die in der...

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