Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergleichbarkeit bei sozialer Auswahl

 

Leitsatz (amtlich)

Die für die soziale Auswahl erforderliche Vergleichbarkeit bezieht sich auf dieselbe Ebene der Betriebshierarchie und setzt voraus, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer einseitig auf einen anderen Arbeitsplatz um- oder versetzen kann (im Anschluss an BAG; Urteil vom 23.03.2005 – 2 AZR 95/05 – EzA § 1 KSchG Nr. 55 Soziale Auswahl).

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 11.07.2006; Aktenzeichen 14 Ca 11031/05)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 11.07.2006 – 14 Ca 11031/05 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung.

Der am 03.11.1959 geborene Kläger war seit 01.06.1995 bei der Beklagten als Kurier beschäftigt. Er war nach dem Arbeitsvertrag vom 22.05.1995 zunächst in der Niederlassung A. eingesetzt und nach dem Zusatz zum Arbeitsvertrag vom 12.11.1997 „im Business Center K. (Business Unit M.)”. Der Kläger war vollzeitbeschäftigt und in TG 3 eingruppiert.

Im Rahmen der Verschmelzung der Gesellschaften D. W. E. G. und D. P. E. G., die eine Maßnahme des sog. 3 D-Integrationsprogramms darstellte, wurde der gesamte Bereich Operations neu organisiert. Dazu verhält sich die Konzernbetriebsvereinbarung vom 09./22.11.2004 wegen deren Inhaltes auf die bei den Akten befindliche Kopie verwiesen wird. Teil dieser Umorganisation war u. a. die Schließung des Standortes M. zum 30.06.2005.

Der Kläger war seit 01.06.2005 von der Arbeit freigestellt. Ihm wurde mit Schreiben der Beklagten vom 18.07. und 28.10.2005 ein Arbeitsplatzangebot bei der D. P. A. als Briefzusteller unterbreitet, das der Kläger ablehnte. Die Beklagte kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 19.11.2005 zum 31.12.2005.

Gegen die Wirksamkeit dieser Kündigung wendet der Kläger sich im vorliegenden Rechtsstreit. Er hat vorgetragen: Das Beschäftigungsbedürfnis für ihn sei bei der Beklagten nicht weggefallen. Die bisher von ihm verrichteten Kuriertätigkeiten fielen weiterhin an, diese würden unverändert abgefordert, jedoch von sog. Servicepartnern (Subunternehmern) erledigt. Diese erhielten ihre Anweisungen hinsichtlich der Arbeitsausführung weiterhin von der Beklagten. Diese habe lediglich die formale, nicht jedoch die tatsächliche Arbeitgeberstellung aufgegeben und setze innerhalb der fortbestehenden betrieblichen Organisation nunmehr die Mitarbeiter des Subunternehmers bei im übrigen unveränderten Arbeitsabläufen ein. Bei einer solchen Sachverhaltsgestaltung lasse sich die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse nicht rechfertigen, es liege vielmehr eine Austauschkündigung vor.

Außerdem sei eine Beschäftigung in anderen Betrieben der Beklagten möglich. So habe die Beklagte freie Arbeitsplätze als Dispatcher in D. und D. ausgeschrieben. Daneben sei jeweils ein Arbeitsplatz als Terminal Handling Clerk in K. und D. zu besetzen gewesen sowie als Clerk Data Capture in N. und D.. Alle diese Arbeitsplätze habe er wahrnehmen können.

Schließlich rügt der Kläger die von der Beklagten vorgenommene Sozialauswahl. Er hat dazu vorgetragen: Er habe im Betrieb K. im Terminal Handling eingesetzt werden können. Diese Tätigkeit werde nach TG 3 bezahlt. Anlässlich der Entscheidung der Beklagten, Kurierfahrten nur noch durch externe Mitarbeiter durchführen zu lassen, habe sie im November 2005 in K. beschäftigte Kurierfahrer, nämlich Frau G.-E., Herrn K. und Herrn F., in eine Sozialauswahl mit den im Bereich Terminal Handling beschäftigten Arbeitnehmern unterworfen. Frau G.-E. habe nach dem Punkteschema gemäß Anlage 1 des Sozialplanes 3 D-Integration 126 Punkte gehabt, Herr K. 101 Punkte und Herr F. 96 Punkte. Nachdem sich die beiden ersteren entschlossen hätten, einen Aufhebungsvertrag zu schließen sei Herr F. auf einem Arbeitsplatz als Umschlagmitarbeiter (TG 3) in Teilzeit bei 30 Stunden pro Woche im Bereich Terminal Handling eingesetzt worden. Bei Anwendung der vorgenanten Richtlinie sei er, der Kläger, jedoch sozial schutzwürdiger gewesen, er habe nämlich über 117 Punkt verfügt. Die Arbeit im Terminal Handling in K. habe er ohne weiteres auch durchführen können.

Schließlich hat der Kläger gerügt, der bei der Beklagten bestehende Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß gehört worden.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 19.11.2005, dem Kläger am selben Tage zugegangen, nicht mit Ablauf des 31.12.2005 sein Ende gefunden hat.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und vorgetragen: Der vom Kläger innegehabte Arbeitsplatz sei ersatzlos weggefallen. Kurierdienste würden von selbstständigen Unternehmen ausgeführt. Die Niederlassung M., die ein selbstständiger Betrieb und kein Betriebsteil der Area K. gewesen sei, sei geschlossen worden. Die von ihr vor...

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