Entscheidungsstichwort (Thema)

Sonderzahlung. Tarifvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

Auch solche Zeiträume führen zu einer Minderung des Jahressonderzahlungsanspruchs nach § 20 Abs. 1 TV-L, in denen der Beschäftigte zwar ein Entgelt bzw. einen Entgeltfortzahlungsanspruch aus dem TV-L gegen einen anderen Arbeitgeber, nicht aber gegen den Anspruchsgegner herleiten kann. Dies ergibt sich aus der Auslegung des § 20 Abs. 4 S. 1 TV-L.

 

Normenkette

TV-L § 20

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 22.07.2010; Aktenzeichen 4 Ca 2701/10)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 11.07.2012; Aktenzeichen 10 AZR 488/11)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 22.07.2010 – 4 Ca 2701/10 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Höhe der tariflichen Sonderzahlung für das Jahr 2009 gemäß § 20 TV-L.

Der am 1983 geborene, ledige und kinderlose Kläger ist seit dem 01.10.2009 bei der Beklagten als wissenschaftlicher Mitarbeiter in einem Teilzeitarbeitsverhältnis mit 50 % der regelmäßigen Arbeitszeit beschäftigt. Seine Vergütung richtet sich nach der Entgeltgruppe 13 Stufe 2 TV-L.

Zuvor war der Kläger als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Freistaat T an der Universität J im Zeitraum vom 01. bis 30.09.2009 beschäftigt.

Die Beklagte zahlte dem Kläger im November 2009 eine Jahressonderzahlung für das Jahr 2009 in Höhe von 210,24 EUR brutto unter Berücksichtigung der Beschäftigungszeit des Klägers in den Monaten Oktober bis Dezember 2009.

Mit Schreiben vom 11.02.2010 machte der Kläger gegenüber der Beklagten die Zahlung der vollständigen Jahressonderzahlung für das Jahr 2009 in Höhe von insgesamt 840,95 EUR und damit restlichen 630,71 EUR geltend. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 22.02.2010 ab.

Mit seiner Klage vom 30.03.2010, welche am 31.03.2010 beim Arbeitsgericht in Köln eingegangen ist, verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Er hat die Rechtsansicht vertreten, die Kürzung der Jahressonderzahlung für das Jahr 2009 sei hinsichtlich der Berücksichtigung des Zeitraums von Januar bis einschließlich September 2009 unberechtigt. Auch die Beschäftigung beim Freistaat T sei zu berücksichtigten. Der Wortlaut des § 20 Abs. 4 Satz 1 TV-L stelle für die Verminderung der Jahressonderzahlung um jeweils 1/12 lediglich darauf ab, ob in den betreffenden Kalendermonaten kein Entgelt oder Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 21 TV-L entstanden sei. Einen Entgeltanspruch nach TV-L habe der Kläger auch während seiner Beschäftigung beim Freistaat T erlangt. Das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses beim selben Arbeitgeber sei nicht Voraussetzung für die Gewährung der gesamten Jahressonderzahlung. Für eine solche am Wortlaut des § 20 Abs. 4 Satz 1 TV-L orientierte Auslegung spreche auch die Systematik der Vorschrift, da in § 20 Abs. 1 TV-L nur Anspruchsvoraussetzung für die Jahressonderzahlung sei, dass das Arbeitsverhältnis am 01.12. des betreffenden Kalenderjahres beim Arbeitgeber, der dem TV-L unterfalle, bestehe. Zudem sehe der TV-L, anders als frühere Zuwendungstarifverträge, eine Kürzung nicht vor, wenn der Arbeitnehmer nicht bei demselben Arbeitgeber beschäftigt sei. Ziel des TV-L sei ausweislich seines § 40, die Flexibilität im Wissenschaftsbereich zu gewährleisten.

Der Kläger hat beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, 630,71 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 12.03.2010 an den Kläger zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, aus § 20 Abs. 4 TV-L ergebe sich der Grundsatz der Zwölftelung, der gegenüber dem Kläger zur Kürzung der Jahressonderzahlung für das Jahr 2009 um 9/12 führe. Diese Vorschrift beinhalte zwar keinen ausdrücklichen Hinweis darauf, dass das Entgelt vom selben Arbeitgeber bezogen werden müsse. Aber nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen sei davon auszugehen, dass der Anspruch von einer Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber abhänge, da Betriebstreue belohnt werden solle. Auf § 40 TV-L sei nicht abzustellen, da dies eine Sonderregelung für den Wissenschaftsbereich darstelle und diese abschließende Regelung beinhalte.

Das Arbeitsgericht Köln hat mit Urteil vom 22.07.2010 – 4 Ca 2701/10 – die Klage für begründet gehalten. Der Kläger könne einen vollständigen Sonderzahlungsanspruch für das Jahr 2009 herleiten, da die Voraussetzungen für eine Verminderung nach § 20 Abs. 4 TV-L nicht gegeben seien. Der Kläger habe Anspruch auf Entgelt nach dem TV-L für das gesamte Jahr 2009 besessen, da er einen solchen auch während seiner Beschäftigungszeit beim Freistaat T habe realisieren können. § 20 Abs. 4 TV-L treffe keine Unterscheidung dahingehend, ob das Entgelt vom früheren oder jetzigen Arbeitgeber geflossen sei. Dies unterscheide diese Vorschrift von anderen Regelungen wie in § 34 Abs. 3 Satz 1 TV-L hinsichtlich der Beschäftigungszeit bei Jubiläumsgeldern und Krankengeldzuschüssen nach §§ 22, Abs. 3, 23 Abs. 2...

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