Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaubsabgeltung. ruhendes Arbeitsverhältnis

 

Leitsatz (amtlich)

Ruht das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Tarifnorm für den Zeitraum einer befristet gewährten Erwerbsminderungsrente, so entstehen für die Dauer des Ruhens keine Urlaubsansprüche.

 

Normenkette

BUrlG § 7 Abs. 4; TVöD § 33

 

Verfahrensgang

ArbG Bonn (Urteil vom 17.06.2010; Aktenzeichen 3 Ca 446/10)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 17.06.2010 – 3 Ca 446/10 – abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Urlaubsabgeltung für 53 Urlaubstage aus den Jahren 2007 bis 2009.

Der Kläger war seit dem 01.01.1978 bei der Beklagten beschäftigt. Seine letzte monatliche Bruttovergütung betrug 4.977,64 EUR. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Bestimmungen des TVöD Anwendung.

Am 04.04.2007 erlitt der Kläger einen schweren Herzinfarkt und ist seitdem durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Seit dem 24.04.2007 ist der Kläger schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50. Vom 01.11.2007 bis 30.04.2009 erhielt der Kläger zunächst eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. Mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung vom 02.04.2009 erhält der Kläger seit dem 01.05.2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf unbestimmte Zeit. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete daraufhin gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 TVöD. Die Beklagte hat für das Jahr 2007 25 Urlaubstage auf den Tarifurlaub und drei Urlaubstage auf den Zusatzurlaub abgegolten.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, auf der Grundlage der neuen Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts sei die Beklagte zur Abgeltung von insgesamt 53 Urlaubstagen aus dem beendeten Arbeitsverhältnis verpflichtet.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 12.176,22 EUR brutto nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.01.2010 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die vom Kläger mit dem Abgeltungsanspruch geltend gemachten Urlaubsansprüche seien bereits nicht entstanden, da das Arbeitsverhältnis des Klägers in dem maßgeblichen Zeitraum nach § 33 Abs. 2 Satz 6 TVöD geruht habe und im ruhenden Arbeitsverhältnis keine Urlaubsansprüche erworben würden. Dies ergebe sich aus § 26 Abs. 2 c) TVöD, der im ruhenden Arbeitsverhältnis eine Verminderung des Erholungsurlaubs einschließlich eines etwaigen Zusatzurlaubs um 1/12 für jeden vollen Kalendermonat des Ruhens anordne.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 17.06.2010 der Klage in ganz überwiegendem Umfang stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 11.765,52 EUR brutto nebst Zinsen verurteilt. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des vorgenannten Urteils (Bl. 41 ff. d. A.) Bezug genommen.

Gegen dieses ihr am 22.07.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 16.08.2010 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 18.10.2010 begründet. Die Beklagte hält an ihrer Rechtsauffassung fest, dass die Entstehung von neuen Urlaubsansprüchen im ruhenden Arbeitsverhältnis ausgeschlossen sei. Die gegenteilige Rechtsauffassung lasse unberücksichtigt, dass der Anspruch auf Urlaubsgewährung darauf ausgerichtet sei, den Arbeitnehmer zeitweise freizustellen, um sich für die weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu erholen. Sie lasse sich somit weder mit dem Zweck des Urlaubs noch damit rechtfertigen, dass der Schutz des Arbeitnehmers die Entstehung von Urlaubsansprüchen gebiete. Wenn die Arbeitspflicht während des gesamten Urlaubsjahres nicht einmal entstehen könne, bleibe auch kein Raum für die Annahme, dass dennoch ein Urlaubsanspruch entstehe. Im Rahmen eines ruhenden Arbeitsverhältnisses werde der Arbeitsvertrag selbst umgestaltet; das ruhende Arbeitsverhältnis sei gerade darauf ausgerichtet, dass die nach dem Arbeitsvertrag an sich geschuldete Arbeit weder zu leisten, noch zu vergüten sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 17.06.2010 – 3 Ca 446/10 – abzuändern soweit der Klage stattgegeben worden ist und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger tritt der erstinstanzlichen Entscheidung bei und meint weiterhin, ihm stehe der geltend gemachte Urlaubsabgeltungsanspruch zu. Zur Begründung beruft er sich dabei im Wesentlichen auf die Entscheidung des LAG Baden-Württemberg vom 29.04.2010 (Az.: 11 Sa 64/09).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 51...

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