Entscheidungsstichwort (Thema)

Fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses einer Auftragsdisponentin wegen Rückgabe des Dienstwagens in verschmutztem und nicht verkehrstüchtigen Zustand. Anspruch der Arbeitnehmerin auf Ersatz der Kosten für die Betankung des Dienstfahrzeugs

 

Leitsatz (amtlich)

1. Einzelfall einer unwirksamen fristlosen Kündigung wegen Rückgabe eines Dienstwagens, der nach den Behauptungen der Arbeitgeberin verschmutzt und nicht verkehrstüchtig gewesen sein soll und der auch zur privaten Nutzung überlassen war, weil mangels einer Wiederholungsgefahr eine Abmahnung wegen der streitigen Verletzung der Nebenpflicht ausgereicht hätte, zumal die Arbeitgeberin vorliegend gar nicht berechtigt war, den Dienstwagen von der Klägerin zurückzufordern.

2. Eine Arbeitnehmerin und vormaliges Betriebsratsmitglied, die von der Arbeitgeberin als sog. Ein-Mann-Abteilung geführt wird, stellt, jedenfalls wenn sie Aufgaben aus mehreren Bereichen der Arbeitgeberin ausübt, keine Betriebsabteilung iSv. § 15 Abs. 5 KSchG dar, da es an einem eigenen Betriebszweck mangelt.

3. Ein Arbeitgeber ist verpflichtet, einer Arbeitnehmerin die Kosten für die Betankung des Dienstfahrzeugs, der auch zur privaten Nutzung überlassen ist, im Wege des Aufwendungsersatzes nach § 670 BGB zu erstatten, jedenfalls wenn ihm die Tankbelege im Original vorliegen.

 

Normenkette

BGB § 241 Abs. 2, § § 293 ff., § 615 S. 1, § 626 Abs. 1, § 670; KSchG § 1 Abs. 2, § 15 Abs. 1 S. 2, Abs. 4-5

 

Verfahrensgang

ArbG Siegburg (Entscheidung vom 08.01.2020; Aktenzeichen 4 Ca 2196/18)

 

Tenor

  1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 08.01.2020 (4 Ca 2196/18) wird zurückgewiesen.
  2. Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
  3. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen sowie von zwei ordentlichen Kündigungen sowie über verschiedene Annahmeverzugslohn- und Aufwendungsersatzansprüche.

Die Beklagte ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung und ist im Bereich Oberflächentechnik und Gewindesicherung tätig. Ihr Sitz ist R -W . Bei der Beklagten sind regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer ohne Auszubildende beschäftigt. Bei ihr ist ferner ein Betriebsrat gebildet.

Die im Kündigungszeitpunkt 38-jährige Klägerin, geboren am 1981, ist verheiratet und mittlerweile zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Sie ist seit dem 01.04.1999 bei der Beklagten in Vollzeit beschäftigt. Der Ehemann der Klägerin war auch im Betrieb der Beklagten beschäftigt. Zuletzt war die Klägerin im Bereich Auftragsdisposition/Produktionsleitung tätig, wobei die Beklagte die Tätigkeit der Klägerin als "Auftragsdisponentin" bezeichnet. Zuvor war die Klägerin auch in der Produktion, im Versand und im Büro bei der Beklagten tätig.

Das Gehalt der Klägerin bestand zuletzt aus folgenden Komponenten: Anzahl der Fertigungsstunden multipliziert mit dem Stundenlohn iHv. 20,00 Euro, den vermögenswirksamen Leistungen iHv. 26,59 Euro, dem Sachbezug PKW pauschal iHv. 81,00 Euro, weiteren 593,- Euro (= 1% des Bruttolistenpreises für die private PKW-Nutzung) und weiteren 239,22 Euro für die Kfz-Nutzung (Wohnung-Arbeit). Insofern wird auf die Abrechnungen aus dem Jahre 2018 auf Bl. 246-248 d. A.) Bezug genommen. Ferner hat die Klägerin zuletzt pro Monat Überstundenvergütung jeweils mit einem Betrag iHv. 560,- Euro brutto erhalten, da sie regelmäßig Überstunden geleistet hat, wobei dies rechnerisch durchschnittlich 28 Überstunden pro Monat entspricht. Insofern wird auf Bl. 249 RS d. A. und den dortigen Tenor einer gerichtlichen Entscheidung zwischen den Parteien Bezug genommen, worin rechtskräftig festgestellt wurde, dass die Beklagte für einen Zeitraum von 10 Monaten (ab Oktober 2017) zur Zahlung von Überstundenvergütung iHv. 5.600,- Euro an die Klägerin verurteilt wurde. Das Gehalt der Klägerin ist am Monatsletzten fällig.

Ab der Wahlperiode 2014 war die Klägerin zudem Betriebsratsmitglied.

Im Jahre 2016 betrug das monatliche Durchschnittsgehalt der Klägerin5.362,83 Euro brutto pro Monat.

Die Beklagte stellte die Klägerin einseitig mit Schreiben vom 31.03.2017 mit Wirkung ab dem 03.04.2017 von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung frei. Ein Widerruf ist bislang nicht erfolgt.

Die Klägerin war bis zu ihrer Freistellung zumindest mit folgenden Aufgaben bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden betraut:

- Terminplanung in Abstimmung mit dem Verkauf (inkl. Telefon und Mailkorrespondenz), ca. 15 Stunden pro Woche

- Planung des Personaleinsatzes des Produktionspersonals sowie der Aushilfen und der Schüler, ca. 1 Stunde pro Woche

- Zusammenarbeit mit der Instandhaltung bezüglich der Produktionsanlagen, der Betriebsräume sowie Gebäude, hinsichtlich Sauberkeit und Ordnung, ca. 2 Stunden pro Woche

- Musterfertigung in Abstimmung mit der Qualitätssicherung, ca. 2 Stunden pro Woche

- Ermittlung der täglichen Produktionszahlen (Erfassung Maschinenstunden), ca. 5 Stunden pro Woche

- Disposition Logistik/Versand sowie Versandvor...

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