Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch eines ehemaligen Arbeitnehmers auf Anpassung der Betriebsrente entsprechend dem Steigerungssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur vertraglichen Anpassung einer Betriebsrente.

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Klausel in einer Betriebsvereinbarung betreffend die betriebliche Altersversorgung, wonach die Gesamtversorgungsbezüge jeweils entsprechend der Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung anzupassen sind, es sei denn, der Vorstand hält die Veränderung der Gesamtversorgungsbezüge nicht für vertretbar, ist dahin auszulegen, dass die Arbeitgeberseite von dem Anpassungsvorbehalt unter der Voraussetzung Gebrauch machen darf, dass sie eine Interessenabwägung vorgenommen hat, die einerseits wirtschaftlich veränderte, finanziell belastende Verhältnisse auf Arbeitgeberseite berücksichtigt, dabei aber andererseits den Ausnahmecharakter des Anpassungsvorbehalts ebenso beachtet wie die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes. Dem entsprechend ist hinreichend plausibel darzulegen, dass die eigene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Arbeitgebers eine Anpassung der Gesamtversorgung entsprechend der Steigerung der gesetzlichen Renten entgegen steht. Hiervon kann nicht ausgegangen werden, wenn eine entsprechende Erhöhung wirtschaftlich möglich ist. Dabei lässt die zur Begründung heran gezogene Marktsituation in der Versicherungsbranche, insbesondere die Niedrigzinsphase sowie Reformtätigkeit des Gesetzgebers keinen Rückschluss auf konkrete Daten für eine fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu.

 

Normenkette

BetrAVG

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 23.01.2017; Aktenzeichen 15 Ca 3938/16)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.11.2019; Aktenzeichen 3 AZR 143/18)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 23.01.2017 - 15 Ca 3938/16 - teilweise abgeändert und wie folgt neugefasst:

    1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin beginnend mit dem 01.11.2016 über den Betrag von 1.261,94 € brutto hinaus bzw. beginnend mit dem 01.07.2017 über den Betrag von 1.278, 44 € brutto hinaus jeweils zum 1. eines Monats einen Betrag in Höhe von weiteren 101,06 € brutto zu zahlen.
    2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 404,24 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz aus jeweils 101,06 € seit 02.07.2016, 02.08.2016, 02.09.2016 und 02.10.2016 zu zahlen.
    3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 622,56 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz aus jeweils 51,88 € seit 02.07.2015, 02.08.2015, 02.09.2015, 02.10.2015, 02.11.2015, 02.12.2015, 02.01.2016, 02.02.2016, 02.03.2016, 02.04.2016, 02.05.2016 und 02.06.2016 zu zahlen.
    4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 350,40 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz aus jeweils 29,20 € seit 02.07.2014, 02.08.2014, 02.09.2014, 02.10.2014, 02.11.2014, 02.12.2014, 02.01.2015, 02.02.2015, 02.03.2015, 02.04.2015, 02.05.2015 und 02.06.2015 zu zahlen.
    5. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 262,68 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz aus jeweils 21,89 € seit 2.7.2013, 2.8.2013, 2.9.2013, 2.10.2013, 2.11.2013, 02.12.2013, 02.01.2014, 02.02.2014, 02.03.2014, 02.04.2014, 02.05.2014 und 02.06.2014 zu zahlen.
    6. Im Übrigen wird die Klage zurückgewiesen.

    Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

  • II.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

  • III.

    Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der Anpassung der betrieblichen Altersversorgungsbezüge der Klägerin zum 01.07.2013, 01.07.2015 und 01.07.2016.

Die Beklagte ist ein Lebensversicherungsunternehmen, das in den Deutschen G eingebunden ist. Sie ist Rechtsnachfolgerin der V , bei der die Klägerin, geboren am 23.02.1950, vom 01.05.1977 bis zum 30.06.2008 beschäftigt war. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin endete gemäß der Aufhebungsvereinbarung vom 03.05.2007, die in Ziffer 8 folgende Regelung enthält:

Die gewährt Frau N , unabhängig von der Höhe außerbetrieblicher Leistungen oder Leistungen der Versorgungskasse der V , mit Beginn des Kalendermonats, von dem ab erstmals der Bezug einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung - gegebenenfalls auch mit Abschlägen - möglich ist, eine monatliche Rente von 714,83 € brutto. Die Rente wird nach den betrieblichen Bestimmungen angepasst.

Die Klägerin bezieht seit dem 01.03.2010 Leistungen der betrieblichen Altersversorgung.

Hinsichtlich der betrieblichen Altersversorgung gelten bei der Beklagten die Bestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes, die am 01.01.1961 in Kraft getreten sind. Nach den Grundbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerks (BVW) erhält die Klägerin eine Gesamtversorgung, die sich aus Rentenleistungen der konzerneigenen Versorgungskasse (VK-Altersrente) und einer Direktzusage (Pensionsergänzung, Vofue-Rente) zusammensetzt. Die Leistungen der VK-Altersrente werden durch die nach dem Geschäftsplan der Versorgung...

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