Entscheidungsstichwort (Thema)

Darlegungs- und Beweislast bei außerordentlicher Kündigung des Arbeitsverhältnisses

 

Leitsatz (amtlich)

1. Grundsätzlich ist derjenige, der eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen hat, darlegungs- und beweisbelastet für alle Umstände, die als wichtiger Grund geeignet sein können. Das gilt auch für die Entkräftung von Rechtfertigungsgründen, die der Arbeitnehmer seinerseits gegen die Kündigungsgründe einwendet.

2. Der Vortrag des gekündigten Arbeitnehmers, er habe mit der Firmenkreditkarte eine Einkaufsgutschein für einen Geschäftskunden erworben, stellt dabei einen ebenso hinreichend substantiierten Rechtfertigungseinwand dar, wie der Vortrag, bestimmten zulasten des Arbeitgebers beglichenen Kundenrechnungen hätten konkrete Leistungen des Kunden gegenübergestanden, wenn diese Leistungen nebst weiteren Umständen der Vertragsabwicklung im Einzelnen geschildert werden.

3. Die Vernehmung eines "ins Blaue" benannten Zeugen ohne konkreten Sachvortrag dahingehend, warum der Zeuge Kenntnis von den beweiserheblichen Tatsachen hat, stellt einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dar.

 

Normenkette

BGB §§ 626, 812, 273

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 21.01.2010; Aktenzeichen 10 Ca 6713/09)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.03.2016; Aktenzeichen 2 AZR 110/15)

 

Tenor

  • I.

    I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 21.01.2010 - 10 Ca6713/09 - wird insoweit zurückgewiesen, als

    1. die Klage in Höhe von 345.901,70 € abgewiesen wurde,
    2. festgestellt wurde, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung der Klägerin vom 14.07.2009 nicht aufgelöst worden ist,
    3. die Klägerin verurteilt wurde, an den Beklagten eine Abfindung in Höhe von 740.000,00 € brutto abzüglich 290.000,00 € netto nebst Zinsen in Höhe von5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2009 zu zahlen.
  • II.

    Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

  • III.

    Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung, eines Abwicklungsvertrages sowie insbesondere über diverse Zahlungsansprüche.

Die Klägerin ist eine Tochtergesellschaft der S H . ., eine Aktiengesellschaft türkischen Rechts. Sie bezieht über die Muttergesellschaft türkische Teppiche und Auslegware. Der 1972 geborene, verheiratete Beklagte war seit August 2004 für die Klägerin als Vertriebsleiter E mit einem monatlichen Bruttogehalt von zuletzt rund 12.800,00 € tätig.

Wegen des erstinstanzlichen streitigen und unstreitigen Vorbringens sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Mit diesem Urteil hat das Arbeitsgericht den Beklagten verurteilt, an die Klägerin den ihm überlassenen Dienstwagen Zug um Zug gegen Zahlung der vom Beklagten klageweise geltend gemachten Abfindung, der Vergütung für den Monat Juli 2009 sowie eines Teils der von ihm begehrten Urlaubsabgeltung herauszugeben. Die weitergehende Klage hat das Arbeitsgericht abgewiesen und gleichzeitig festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die außerordentliche Kündigung der Klägerin vom 14.07.2009 aufgelöst worden ist. Darüber hinaus hat es auf die Widerklage des Beklagten die Klägerin verurteilt an den Beklagten eine Abfindung in Höhe von 740.000,00 € brutto abzüglich 290.000,00 € netto, Vergütung für den Monat Juli 2009 in Höhe von 11.303,30 € brutto sowie eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 3.560,76 € brutto jeweils nebst Zinsen zu zahlen. Die weitergehende Widerklage hat es ebenfalls abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des vorgenannten Urteils (Bl. 668 ff. d. A.) Bezug genommen.

Gegen dieses ihr am 08.02.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11.02.2010 Berufung eingelegt und diese am 29.03.2010 begründet. Der Beklagte hat am 03.03.2010 Anschlussberufung wegen des erstinstanzlich teilweise abgewiesenen Urlaubsabgeltungsbegehrens erhoben.

Die Klägerin verfolgt in der Berufungsinstanz ihren Zahlungsanspruch in Höhe des mit dem Berufungsantrag zu 1. geltend gemachten Betrages weiter. Dabei umfasst das Zahlungsbegehren nunmehr auch den erstinstanzlich nur hilfsweise geltend gemachten Betrag in Höhe von 22.663,40 € und berücksichtigt darüber hinaus verschiedene Aufwendungen des Beklagten zulasten der Klägerin. Außerdem erhöht sich der von der Klägerin gegenüber dem Beklagten geltend gemachte Zahlungsanspruch in der Berufungsinstanz wegen der bis zum 18.03.2010 nicht erfolgten Rückgabe des Dienstwagens. An der erstinstanzlich von ihr erklärten Aufrechnung gegenüber dem restlichen Vergütungsanspruch des Beklagten für den Monat Juli 2009 und dem von ihm geltend gemachten Urlaubsabgeltungsanspruch 2009 hält die Klägerin in der Berufungsinstanz nicht weiter fest, redet hiergegen aber die Zurückbehaltung aufgrund des von ihr mit dem Berufungsantrag zu 1. geltend gemachten Zahlungsanspruches ein. Im Einzelnen trägt die Klägerin in der Beru...

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