Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Ernennung einer Gruppenleiterin als stellvertretende Leiterin der Schadensaußenstelle einer Versicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Ernennung einer Gruppenleiterin zur stellvertretenden Leiterin der - einen eigenen Betrieb bildenden - Schadensaußenstelle einer Versicherung stellt eine Versetzung im Sinne von § 95 Abs.3 BetrVG dar, die regelmäßig eine Entscheidung darüber erfordert, ob eine Umgruppierung stattzufinden hat.

 

Normenkette

BetrVG § 95 Abs. 3, § 99

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Entscheidung vom 21.05.2015; Aktenzeichen 4 BV 357/14)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 21.05.2015 in Sachen 4 BV 357/14 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten darum, ob die Ernennung der Mitarbeiterin K H zur stellvertretenden Leiterin der Schadenaußenstelle K eine Versetzung darstellt und somit die Notwendigkeit einer Eingruppierungsentscheidung mit sich bringt, die das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG auslöst.

Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 4. Kammer des Arbeitsgerichts Köln dazu bewogen haben, dem Antrag des Betriebsrats stattzugeben, wird auf den vollständigen Inhalt der Gründe des arbeitsgerichtlichen Beschlusses vom 21.05.2015 Bezug genommen.

Der Beschluss des Arbeitsgerichts wurde der Arbeitgeberin als Beteiligter zu 2. und jetziger Beschwerdeführerin am 08.06.2015 zugestellt. Die Arbeitgeberin hat am 16.06.2015 Beschwerde eingelegt und diese - nach Verlängerung der Frist bis zum 08.09.2015 - am 08.09.2015 begründet.

Die Arbeitgeberin als Beschwerdeführerin ist der Auffassung, dass das Arbeitsgericht die Ernennung der Mitarbeiterin H zur stellvertretenden Schadenaußenstellenleiterin zu Unrecht als Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG angesehen habe. Eine Versetzung im Sinne von § 95 Abs. 3 BetrVG sei stets durch eine starke räumliche Komponente mitgeprägt, die im vorliegenden Fall vollständig fehle. Die vom Arbeitsgericht zitierte Entscheidung des LAG München vom 06.10.2005, 3 TaBV 24/05, sei auf die Umstände des dortigen Einzelfalls zugeschnitten und könne auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden. Die Ernennung einer Sachbearbeiterin zur stellvertretenden Gruppenleiterin, welche Gegenstand des Verfahrens vor dem LAG München gewesen sei, wirke sich sehr viel stärker auf die Arbeitsabläufe im täglichen Arbeitsalltag aus, als dies bei der Ernennung einer Gruppenleiterin wie der Mitarbeiterin H zur stellvertretenden Schadenaußenstellenleiterin der Fall sei. Die Stellvertretung der Schadenaußenstellenleiterin komme nur in Abwesenheitszeiten zum Tragen und betreffe dann auch nur unaufschiebbare Angelegenheiten, die nicht bis zur Rückkehr der Schadenaußenstellenleiterin an ihren Arbeitsplatz warten könnten. Dies gelte umso mehr, als bei dringenden Fällen eine telefonische Erreichbarkeit der Schadenaußenstellenleiterin sichergestellt werde und die jetzige Stelleninhaberin in der Vergangenheit praktisch keine Arbeitsunfähigkeitszeiten aufzuweisen gehabt habe. Berücksichtige man ferner die tariflichen Eingruppierungsvorschriften in § 4 Ziffer 2 a) MTV, wonach bei mehreren Einzeltätigkeiten auf die überwiegende Einzeltätigkeit abzustellen sei, werde gleichfalls deutlich, dass die hier vorliegende Einzeltätigkeit einer Abwesenheitsvertretung nicht im tariflichen Sinne überwiege, weil sowohl in quantitativer (zeitlicher) als auch qualitativer Hinsicht die von Frau H weiterhin wahrgenommenen Aufgaben einer Gruppenleiterin für ihre Tätigkeit dominierend und prägend seien.

Die Arbeitgeberin als Beteiligte zu 2. und Beschwerdeführerin beantragt nunmehr,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 21.05.2015 abzuändern und den Antrag zurückzuweisen.

Der Betriebsrat als Antragsteller und Beschwerdegegner beantragt,

die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückzuweisen.

Der Betriebsrat und Beschwerdegegner hält die arbeitsgerichtliche Entscheidung in Ergebnis und Begründung für zutreffend. Eine Versetzung liege vor, wenn sich eines der drei Elemente Inhalt, organisatorische Einordnung und/oder Ort der Tätigkeit ändere und sich dadurch das Gesamtbild des Arbeitsbereichs verändere. Die Schadenaußenstellenleiterin sei als Betriebsleiterin u. a. verantwortlich für die fachliche und personelle Betreuung der Gruppenleiter sowie die Umsetzung der Abteilungsziele der Schadenaußenstelle. Im Vertretungsfall sei Frau H damit Vorgesetzte der übrigen Gruppenleiter. Ihre Stellung in Organisation und Hierarchie des Betriebes verändere sich daher in erheblicher Art und Weise. Abwesenheitszeiten der Schadenaußenstellenleiterin könnten auch ungeplant, plötzlich und unangekündigt auftreten. Frau H müsse die für die Wahrnehmung der Stellvertreteraufgabe erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten somit ständig vorhalten und bei Eintritt des Vert...

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