Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsvertraglicher Zuschuss zum Krankengeld bei freiwilliger Mitgliedschaft in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Außerachtlassung der Beitragszuschüsse der Arbeitgeberin bei der Bemessung des Nettogehalts

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Soll der Arbeitnehmer nach der arbeitsvertraglichen Vereinbarung im Fall der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf der 6-wöchigen Entgeltfortzahlungspflicht der Arbeitgeberin gemäß § 3 EFZG bis zu der einschließlich 26. Krankheitswoche keine finanziellen Nachteile erleiden und daher den Nettoverdienst erhalten, den er sonst erzielt hätte, gehören zu den insoweit für die Berechnung des Nettogehalts maßgeblichen Leistungen der Arbeitgeberin nach § 257 Abs. 2 SGB V und § 61 Abs. 2 SGB XI einem privat krankenversicherten Arbeitnehmer gewährten Beitragszuschüsse nicht. Diese stellen kein Bruttoarbeitsentgelt und keinen Gehaltsbestandteil dar sondern bilden vielmehr das Gegenstück zu dem in § 249 Abs. 1 SGB V und § 58 Abs. 1 und 3 SGB XI gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitgeberanteil für in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung versicherungspflichtige Beschäftigte.

2. Die Außerachtlassung der Beitragszuschüsse der Arbeitgeberin bei der Bemessung des Nettogehalts führt nicht zu einer sachwidrigen Benachteiligung der privat krankenversicherten Arbeitnehmer, da Arbeitnehmer, die der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig beigetreten sind, gemäß § 224 Abs. 1 SGB V während des Bezugs von Krankengeld beitragsfrei krankenversichert sind. Diese Beitragsfreiheit stellt eine Leistung dar, die durch die Beiträge der Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen finanziert wird und sich in der Beitragshöhe niederschlägt und das den gesetzlich versicherten Arbeitnehmern frei zur Verfügung stehende Einkommen entsprechend vermindert.

 

Normenkette

EFZG § 3; SGB V § 224; BGB § 611a; SGB V § 224 Abs. 1, § 249 Abs. 1, § 257 Abs. 2; SGB XI § 58 Abs. 1, 3, § 61 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Bielefeld (Entscheidung vom 30.03.2017; Aktenzeichen 4 Ca 2564/16)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 30.03.2017 - 4 Ca 2564/16 - wird auf seine Kosten zurückzugewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe eines arbeitsvertraglich geregelten Zuschusses zum Krankengeld sowie über einen Abrechnungsanspruch.

Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 15.2.2012 beschäftigt. Er ist freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung.

Die Parteien vereinbarten den schriftlichen Arbeitsvertrag vom 23.01.2012. Dieser enthält in § 4 Abs.1 Ziff.1 die nachfolgend aufgeführten Regelungen:

" Im Falle einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit gewährt Q dem Mitarbeiter nach Ablauf der gesetzlichen Entgeltfortzahlung die Differenz zwischen dem fixen Netto-Monatsverdienst des unmittelbar vor dem Ablauf der gesetzlichen Entgeltfortzahlung liegenden Monats einerseits und dem von einer gesetzlichen Krankenkasse höchstens gezahlten Krankengeld inklusive privater Zusatzversorgung andererseits, und zwar

a) innerhalb der ersten 5 Jahre der Betriebszugehörigkeit bis zur 26. Krankheitswoche einschließlich,

b) nach vollendeten 5 Jahren Betriebszugehörigkeit bis zur 52. Krankheitswoche einschließlich.

Ob der Mitarbeiter Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist, ist für die Berechnung unerheblich, ebenso bleiben sämtliche variablen Entgeltbestandteile unberücksichtigt

Die Zahlung erfolgt als Bruttozahlung in der Höhe, dass die o.g. Differenz voll ausgeglichen wird. Dabei dürfen beide Zahlungen, Krankengeld und Zuschuss, jedoch netto den durchschnittlichen Nettoverdienst der letzten 12 Monate nicht übersteigen."

Hinsichtlich der weiteren vertraglichen Regelung wird auf die als Anlage K1 zur Gerichtsakte gereichte Abschrift des Arbeitsvertrages (Bl. 5 f. d.A.) verwiesen.

Der Kläger war ab dem 18.01.2016 arbeitsunfähig erkrankt. Der sechswöchige Entgeltfortzahlungszeitraum des § 3 EFZG lief damit zum 28.2.2016 ab. Für den Zeitraum vom 29.02.2016 bis zum 22.03.2016 führte der Kläger eine Reha-Maßnahme/Wiedereingliederungsmaßnahme durch. Während dieser Zeit erhielt er täglich ein Übergangsgeld in Höhe von 74,40 € sowie mit Abschluss der Maßnahme Krankengeld in Höhe von 80,91 € täglich. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Westfalen vom 7.04.2016 (Bl. 146 d.A.) sowie auf den Bescheid der Krankenkasse W vom 05.04.2016 (Bl. 147 d.A.) Bezug genommen.

Für den Monat Februar 2016 erstellte die Beklagte eine Verdienstabrechnung, die einen Bruttomonatsbetrag von 5.563,50 € ausweist und unter dem Begriff "gesetzliches Netto" nach Abzug von Lohnsteuer, Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag, Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung einen Betrag in Höhe von 3.493,89 €. Darüber hinaus weist die Abrechnung unter dem Begriff "Überweisung" nach Abzug eines Betrages von 442,77 € für Krankenversicherung, Pflegeversicherung sowi...

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