Leitsatz (amtlich)

Das Arbeitsverhältnis, in welches ein Ausgebildeter nach § 3 Ziffer 1 des Tarifvertrages zur Beschäftigungssicherung in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalen vom 15.03.1994 „im Grundsatz” zu übernehmen ist, muß als Vollzeit-Arbeitsverhältnis ausgestaltet werden.

Soll ein Teilzeit-Arbeitsverhältnis begründet werden, so erscheint dies nach dem Tarifwortlaut zwar möglich, bedarf dies aber in jedem Falle der Zustimmung des Betriebsrats.

Unentschieden bleibt, ob selbst mit Zustimmung des Betriebsrats auch ein nicht sozialversicherungspflichtiges Teilzeit-Arbeitsverhältnis der tariflichen Übernahmeverpflichtung genügt.

 

Normenkette

TV-BeschSich NRW § 3

 

Verfahrensgang

ArbG Münster (Urteil vom 26.01.1996; Aktenzeichen 4 Ca 895/95)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.06.1998; Aktenzeichen 7 AZR 291/97)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 26. Januar 1996 – 4 Ca 895/95 – abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.542,29 DM brutto abzüglich 1.398,80 DM nebst 4 % Zinsen auf den sich daraus ergebenden Nettodifferenzbetrag seit dem 05. Oktober 1995 zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um das Bestehen von Zahlungsansprüchen des Klägers, die dieser in Höhe einer Arbeitsvergütung für die Monate Februar und März 1995 bemißt

Die Beklagte betreibt mit etwa 250 Mitarbeitern die Geräteherstellung. Der 21-jährige Kläger stand zu ihr vom 01. September 1991 bis zum 31. Januar 1995 in einem Ausbildungsverhältnis. Auf dieses fanden kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit die Tarifverträge der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens Anwendung.

Am 01. April 1994 war für die Branche der Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung vom 15. März 1994 (TV-BeschSich) in kraft getreten. Er hatte eine – nachwirkungslose – Laufzeit bis zum 31. Dezember 1995. Sein Geltungsbereich entsprach dem des einschlägigen Manteltarifvertrages. Neben der Möglichkeit zu einer Absenkung der Arbeitszeit durch Betriebsvereinbarung sah er die Übernahme von Auszubildenden vor. § 3 TV-BeschSich lautet:

„1. Auszubildende werden im Grundsatz nach erfolgreich bestandener Abschlußprüfung für mindestens 6 Monate in ein Arbeitsverhältnis übernommen, soweit dem nicht personenbedingte Gründe entgegenstehen. Der Betriebsrat ist hierüber unter Angabe der Gründe zu unterrichten

2. Mit Zustimmung des Betriebsrats kann von der Verpflichtung nach Abs. 1 abgewichen werden, wenn das Angebot eines Arbeitsverhältnisses wegen akuter Beschäftigungsprobleme im Betrieb nicht möglich ist oder der Betrieb über seinen Bedarf hinaus Ausbildungsverträge abgeschlossen hat.”

Im Oktober 1994 hatte die Beklagte allen ihren Auszubildenden mitgeteilt, sie könnten im Anschluß an die Ausbildung nicht übernommen werden. Wie bereits im November/Dezember 1994 verlangte der Kläger am 01. Februar 1995 von der Beklagten unter Berufung auf § 3 TV-BeschSich den Abschluß eines Vollzeit-Arbeitsverhältnisses. Die Beklagte lehnte dies ab. Sie bot dem Kläger statt dessen an, ihn mit einer monatlichen Arbeitszeit von 37 Stunden vom 01. Februar 1995 bis zum 31. Juli 1995 befristet für eine Monatsvergütung von 695,97 DM brutto zu beschäftigen. Davon unterrichtete die Beklagte zugleich den bei ihr gewählten Betriebsrat. Sie verwendete dazu ein Formblatt „Mitteilung an den Betriebsrat gem. § 99 BetrVG”

In zwei gemeinsamen Sitzungen am 14. Dezember 1994 und am 24. Januar 1995 hatten sich Geschäftsleitung und Betriebsrat zuvor mit der Frage einer Übernahme der Auszubildenden bei bis zum Schluß gegensätzlichen Auffassungen befaßt. Wollte erstere allenfalls Verträge „auf minimalster Basis” anbieten, so bestand der Betriebsrat auf der Begründung von Arbeitsverhältnissen mit mindestens 18 Wochenstunden.

Der Kläger schlug das ihm unterbreitete Angebot der Beklagten aus. Als Auszubildender hatte er zuletzt 990,– DM brutto monatlich verdient. Der Kläger strengte ein Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung an mit dem Ziel, seine Einstellung mit einer Arbeitszeit von 36 Wochenstunden zu erreichen. Das Arbeitsgericht hat seinen Antrag mit Urteil vom 17. Februar 1995 rechtskräftig zurückgewiesen. Es sei die Auffassung nicht offensichtlich unvertretbar, daß die (Verfügungs-)Beklagte den Anforderungen des TV-BeschSich auch mit dem Angebot eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses gerecht werde.

Am 03. April 1995 trat der Kläger seinen Wehrdienst an, ohne zuvor für die Beklagte gearbeitet zu haben. Mit seiner am 08. Mai 1995 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage – der Beklagten am 16. Mai 1995 zugestellt – macht er Zahlungsansprüche in Höhe einer Vergütung für die Monate Februar und März 1995 geltend. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte hätte ihn mit der tariflichen Vollarbeitszeit einstellen müssen. Unstreitig hätte er bei einer entsprechenden Beschäftigung...

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