Verfahrensgang

ArbG Hagen (Westfalen) (Urteil vom 16.04.1996; Aktenzeichen 5 (3) Ca 655/95)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 25.02.1998; Aktenzeichen 2 AZR 327/97)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 16.04.1996 – 5 (3) Ca 655/95 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Mit seiner Klage wendet sich der Kläger gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses durch ordentliche, arbeitgeberseitige Kündigung mit der Behauptung, er habe zu keinem Zeitpunkt das angeblich per Boten überbrachte Kündigungsschreiben vom 19.07.1995 erhalten.

Durch Urteil vom 16.04.1996, auf welches wegen des weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht nach Vernehmung des Zeugen K. die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt worden, der Zeuge K. habe glaubwürdig bekundet, das Kündigungsschreiben an eine Verkäuferin des Lebensmittelgeschäfts ausgehändigt zu haben, in welchem sich der Kläger häufig aufgehalten habe. Nachdem der Zeuge etwa eine Stunde später nochmals zum Ladenlokal zurückgekehrt sei, habe er dort den Kläger angetroffen, welcher ihn auf das Kündigungsschreiben angesprochen habe. Der Zugang des Kündigungsschreibens unterliege unter diesen Umständen keinem Zweifel.

Gegen das ihm am 17.05.1996 zugestellte Urteil richtet sich die am 17.06.1996 eingelegte und am 16.07.1996 begründete Berufung des Klägers, mit welcher dieser der arbeitsgerichtlichen Beweiswürdigung entgegentritt. Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht zahlreiche Widersprüche und unzutreffende Angaben des Zeugen bei der Beweiswürdigung unberücksichtigt gelassen.

Entgegen den Angaben des Zeugen habe dessen Bekanntschaft mit dem Kläger keineswegs seit Jahren, sondern erst seit dem Jahre 1995 bestanden, lediglich für cirka einen Monat sei eine Fahrgemeinschaft gebildet worden. Abweichend von den Angaben des Zeugen habe es sich bei der Verkäuferin auch nicht um die Freundin des Klägers gehandelt. Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht bei seiner Beweiswürdigung die Tatsache unberücksichtigt gelassen, daß der Zeuge verschiedene Versionen der Briefübergabe geschildert habe. Offenbar aufgrund der vom Zeugen K. erteilten Informationen habe die Beklagte mit Schriftsatz vom 20.11.1995 vorgetragen, der Zeuge habe das Schreiben dem Kläger unmittelbar übergeben. Im Schriftsatz vom 03.01.1996 habe die Beklagte sodann – auf der Grundlage der Befragung des Zeugen – vorgetragen, dieser habe den Brief in Gegenwart des Klägers der Verkäuferin übergeben und der Kläger habe das Schreiben im Beisein des Zeugen geöffnet. Bei seiner Vernehmung vor dem Arbeitsgericht habe der Zeuge dann zwei weitere Versionen des Vorgangs abgegeben und erst auf Nachfrage des Gerichts die Version bestätigt, der Kläger sei beim zweiten Besuch im Ladenlokal anwesend gewesen. Ersichtlich seien diese Modifizierungen der Aussage von dem Bemühen des Zeugen getragen, von der Tatsache abzulenken, daß er – der Zeuge – seinen Auftrag, den Brief persönlich auszuhändigen, nicht erfüllt habe. Daß es dem Zeugen darum gegangen sei, seinem Arbeitgeber gefällig zu sein, werde auch durch die Tatsache bestätigt, daß er auf Befragen zunächst die Tatsache verschwiegen habe, im Vorfeld des Termins mit dem Personalleiter N. über die Übergabe des Schriftstücks gesprochen zu haben. Frei erfunden sei im übrigen die Erklärung des Zeugen, der Personalleiter N. habe als Grund für die Erteilung des Botenauftrags erklärt, die Anschrift des Klägers nicht zu kennen. Wie der Personalleiter N. selbst zu Protokoll gegeben habe, treffe dies nicht zu.

Entgegen der arbeitsgerichtlichen Beweiswürdigung handele es sich bei den dargestellten Auffälligkeiten nicht um bloße Abweichungen in einer Detailfrage, vielmehr habe der Zeuge ersichtlich eine frei zusammenphantasierte Erklärung abgegeben, die ihm plausibel erschienen sei.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hagen vom 16.04.1996 – (5) 3 Ca 655/95 – festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung der Beklagten vom 19.07.1995 nicht beendet worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil als zutreffend und führt aus, der Zeuge K. habe glaubwürdig und eindeutig den Sachvortrag der Beklagten zum Zugang der Kündigung bestätigt. Daß der Zeuge K. als Grund für die Erteilung des Botenauftrages angegeben habe, die Beklagte sei über die aktuelle Anschrift des Klägers nicht informiert gewesen, erkläre sich ohne weiteres daraus, daß der Kläger zu Beginn des Jahres 1995 gegenüber der Firma und den Kollegen erklärt habe, er sei zu Hause ausgezogen und wohne nicht mehr bei seiner Ehefrau. Im Mai 1995 habe der Kläger gegenüber der Beklagten dann telefonisch mitgeteilt, er wohne wieder bei seiner Ehefrau. Dies habe der Zeuge K. indessen nicht gewußt, so daß aus seiner Sicht jedenfalls der Anschein bestanden habe, der Beklagten sei die Ans...

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