Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtfertigung einer fristlosen Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB bei eigenmächtiger Durchsetzung von abgelehntem Teilzeitwunsch

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Lehnt der Arbeitgeber einen Teilzeitwunsch des Arbeitnehmers auf Verringerung der Arbeitszeit ab, fehlt es an der Einigung und der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die Arbeit nach wie vor im bisher geschuldeten Umfang zu erbringen.

2. Die eigenmächtige Verringerung der Arbeitszeit trotz Nichteinigung über ein Teilzeitbegehren ist als wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung geeignet.

 

Normenkette

BGB § 626 Abs. 1; TzBfG § 8 Abs. 3-5

 

Verfahrensgang

ArbG Detmold (Urteil vom 10.07.2008; Aktenzeichen 3 Ca 285/08)

 

Tenor

Die Berufungen der Klägerin und der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 10.07.2008 – 3 Ca 285/08 – werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die am 23.07.1964 geborene Klägerin, die verheiratet ist und zwei Kinder hat war bei der Beklagten, einer Textilveredelung seit dem 26.04.1989 als vollzeitbeschäftigte Mitarbeiterin im Prüflabor gegen eine monatliche Vergütung von 1.972,00 EUR brutto tätig. Sie wendet sich mit der vorliegenden Klage gegen die von der Beklagten am 25.02.2008 ausgesprochene fristlose Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses und die nachfolgende fristgemäße Kündigung der Beklagten vom 20.03.2008 zum 30.09.2008.

Am 29.09.2007 endete die im Oktober 2002 begonnene Elternzeit der Klägerin. Mit Schreiben vom 16.06.2007 beantragte die Klägerin die Verringerung ihrer Arbeitszeit auf 4 Stunden und verband dies mit dem Wunsch, wegen der Betreuung ihrer beiden Kinder nur in der Zeit von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr zu arbeiten.

Der Teilzeitwunsch der Klägerin wurde zwischen den Parteien in einem persönlichen Gespräch am 20.07.2007 erörtert. Die Beklagte teilte der Klägerin noch am selben Tag folgendes mit:

„Ihr Antrag auf Teilzeitarbeit / Erörterungsgespräch am 20.07.2007

Sehr geehrte Frau P2,

in Nachgang zu unserem heutigen Erörterungsgespräch fasse ich, wie besprochen, nochmal folgendermaßen zusammen:

Ihre Elternzeit endet zum 29.09.2007. Sie haben einen Teilzeitantrag gestellt, mit einer gewünschten Arbeitszeit von 8-12 Uhr. Aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen ist Ihre Einsatzmöglichkeit auf das Prüflabor beschränkt.

Das Prüflabor ist derzeit mit einer Teilzeit- und einer Vollzeitkraft besetzt.

Teilzeitkraft:

Mo-Fr

06.00 – 10.15 Uhr

Vollzeitkraft:

Mo-Do

07.00 – 15.15 Uhr und Fr. 07.00 – 13.15 Uhr

Der Arbeitsanfall fällt besonders bei Schichtbeginn (06.00 Uhr) in den frühen Morgenstunden an. Der Schaffung eines weiteren Teilzeitarbeitsplatzes steht die rückläufige Auftragslage entgegen. Aus organisatorischen Gründen ist ein Teilzeitarbeitsplatz von 08.00 – 12.00 Uhr im Prüflabor unmöglich. Eine andere Einsatzmöglichkeit, die Ihrer Gesundheit und fachlichen Qualifikation entspricht, ist im Unternehmen nicht vorhanden.

Wir bieten Ihnen nunmehr 3 Möglichkeiten an:

  1. Sie übernehmen die Stelle der Teilzeitkraft im Prüflabor.
  2. Sie übernehmen die Stelle der Vollzeitkraft im Prüflabor.
  3. Sollten Sie Möglichkeit 1 und 2 ablehnen, bliebe die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 29.09.2007 im beiderseitigen Einvernehmen.

Bitte teilen Sie uns rasch mit, wie Sie sich entscheiden. Spätestens jedoch zum 24.08.2007 sehen wir Ihrer Antwort entgegen.

Mit freundlichen Grüßen

F1 B3 GmbH & CO. KG”

In der Folgezeit versuchte die Klägerin vergeblich, bei der Beklagten die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit von 08.00 bis 12.00 Uhr arbeitstäglich zu erreichen. Mit Schreiben vom 22.08.2007 teilte die Beklagte der Klägerin erneut mit, dass sie zwar grundsätzlich mit einer Teilzeittätigkeit einverstanden sei, müsse aber die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr aus entgegenstehenden betrieblichen Gründen ablehnen. Der Vorschlag der Klägerin, die Vollzeitkraft könne bereits um 06.00 Uhr die Arbeit aufnehmen, würde dazu führen, dass das Prüflabor von 14.15 Uhr bis 15.15 Uhr nicht mehr besetzt sei. Dies sei aus betrieblicher Sicht unmöglich. Auf den Inhalt des Schreibens der Beklagten vom 22.08.2008 (Bl. 11 d. A.) wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 27.09.2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Elternzeit am 28.09.2007 ende und am 01.10. und 02.10.2007 Kurzarbeit angemeldet sei. Sie werde aufgefordert, ihre Tätigkeit am 04.10.2007 um 07.00 Uhr im Prüflabor aufzunehmen.

Die Klägerin teilte der Beklagten am 02.10.2007 mit, sie werde am 04. und 05.10.2007 arbeitstäglich vier Stunden von 07.00 Uhr bis 11.00 Uhr arbeiten. Ab dem 08.10.2007 biete sie ihre Arbeitskraft täglich von 08.00 Uhr bis 12.00 Uhr zzgl. der betrieblichen Pausen an. Die Klägerin verließ ihre Arbeitsstelle am 04.10. und 05.10.2007 gegen 11.00 Uhr bzw. 11.30 Uhr.

Mit Schreiben vom 09.10.2007 erteilte die Beklagte der Klägerin eine Abmahnung, weil sie am 08.10.2007 ihre Arbeit im Prüflabor um 08.00 Uhr aufgenommen und...

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