Verfahrensgang

ArbG Gelsenkirchen (Urteil vom 24.04.1996; Aktenzeichen 1 Ca 4/96)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 24.04.1996 – 1 Ca 4/96 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe einer der Klägerin für das Kalenderjahr 1995 zustehenden tariflichen Jahressonderzahlung.

Seit 1990 ist die Klägerin bei der Beklagten als Kartonagenarbeiterin beschäftigt. Bis zum 10.09.1995 bestand zwischen den Parteien ein Teilzeitarbeitsverhältnis mit 26 Wochenstunden. Seit dem 11.09.1995 ist die Klägerin als Vollzeitbeschäftigte mit 37 Wochenstunden zu einem Stundenlohn von 14,59 DM burtto bei der Beklagten tätig. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen in der Papier, Pappe und Kunststoffe verarbeitenden Industrie in der Fassung vom 27.05.1991 – MTV – Anwendung.

Mit der Lohnabrechnung für November 1995 zahlte die Beklagte an die Klägerin auf die tarifliche Jahressonderzahlung nach § 8 MTV einen Betrag in Höhe von 1.737,00 DM brutto. Bei der Berechnung dieses Betrages legte die Beklagte für vier Monate eine Beschäftigung mit 37 Wochenstunden und für sieben Monate eine Beschäftigung mit 26 Stunden zugrunde. Der Monat März 1995 blieb bei der Berechnung der tariflichen Jahressonderzahlung unberücksichtigt, da die Klägerin in diesem Monat lediglich einen Lohnanspruch für fünf Tage hatte.

Mit der am 02.01.1996 beim Arbeitgericht eingegangenen und am 30.01.1996 zugestellten Klage machte die Klägerin die Zahlung eines Differenzbetrages von 402,87 DM brutto geltend.

Die Kläger hat die Auffassung vertreten, daß die Beklagte nicht berechtigt sei, die tarifliche Jahressonderzahlung aufgrund der Teilzeitbeschäftigung der Klägerin bis zum 10.09.1995 anteilig zu reduzieren. Die Beklagte müssen vielmehr gemäß § 8 I Ziff. 4 und 8 MTV die Jahressonderzahlung unter Zugrundelegung einer Vollzeittätigkeit der Klägerin für elf Monate berechnen. Den tariflichen Bestimmungen, insbesondere § 8 I Ziff. 4 MTV sei zu entnehmen, daß die Tarifvertragsparteien erkennbar die Höhe der Jahressonderzahlung von der tariflichen Vergütung des Arbeitnehmers am Auszahlungstag hätten abhängig machen wollen. Zum Auszahlungstag habe sich die Klägerin jedoch in einem Vollzeitarbeitsverhältnis befunden. Auf § 8 I Ziff. 5 MTV könne die Beklagte sich nicht berufen. In dieser Bestimmung sei lediglich der Fall geregelt, daß ein Arbeitnehmer das gesamte Jahr hindurch durchgehend teilzeitbeschäftigt sei.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 402,87 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 30.01.1996 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, daß bei der Berechnung der tariflichen Jahressonderzahlung die Teilzeitbeschäftigung der Klägerin für die Monate Januar bis August 1995 zu berücksichtigen sei. § 8 I Ziff. 4 MTV treffe gerade keine Regelung für die Frage, wie die Jahressonderzahlung bei einem Wechsel von einer Teilzeitbeschäftigung zu einer Vollzeitbeschäftigung und umgekehrt zu berechnen sei. Dieser Bestimmung sei lediglich zu entnehmen, daß nur der jeweils aktuelle Stundenlohn zugrunde gelegt werden solle. Entscheidend für die Berechnung der tariflichen Sonderzahlung sei vorliegend § 8 I Ziff. 5 MTV, der die Höhe der Jahressonderzahlung vom Anteil der persönlichen Arbeitzeit abhängig mache. Der Umfang der Arbeitsleistung sei allein in § 8 I Ziff. 5 und 6 MTV geregelt. Sowohl eine systematische Auslegung wie auch der Sinn und Zweck des § 8 MTV, der in erster Linie die vergangene Betriebstreue belohnen wolle, rechtfertige die von der Beklagten vorgenommene Berechnung der Jahressonderzahlung.

Die Beklagte hat behauptet, daß sie in der Vergangenheit bei einem Wechsel von Mitarbeitern von Vollzeit zu Teilzeit und umgekehrt die Monate der Vollzeitbeschäftigung berücksichtigt und die Teilzeitbeschäftigung nur anteilig in Ansatz gebracht habe. Eine Mitarbeiterin habe im Jahre 1993 die Arbeitszeit ab 01.11.1993 von 37 Stunden auf 20 Stunden reduziert. Die Jahressonderzahlung ausschließlich unter Berücksichtigung der 20-Stunden-Woche hätte 1.194,00 DM betragen; tatsächlich seien jedoch 2.039,00 DM brutto ausgezahlt worden (Blatt 20 d.A.). Eine andere Mitarbeiterin habe im Jahre 1994 die Arbeitszeit ab 01.07.1994 von 37 Stunden auf 34,5 Stunden reduziert. Die Jahressonderleistung ausschließlich unter Berücksichtigung der 34,5-Stunden-Woche hätte 2.168,00 DM betragen; dieser Mitarbeiterin seien jedoch 2.747,00 DM brutto ausgezahlt worden (Blatt 21 d.A.).

Durch Urteil vom 24.04.1996 hat das Arbeitsgericht unter Zulassung der Berufung die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, daß der Regelung in § 8 I Ziff. 4 MTV nicht entnommen werden könne, daß der Berechnung der tariflichen Jahressonderzahlung unabhängig von einer vorangegangenen Teilzeitbeschäftigung jeweils ...

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