Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsbedingte Kündigung eines juristischen Mitarbeiters in einem Arbeitgeberverband

 

Leitsatz (redaktionell)

Die unternehmerische Entscheidung eines Arbeitgeberverbandes, die im Bereich der juristischen Mitarbeiter anfallenden Arbeiten künftig nur noch von fünf statt bislang sechs Kräften in deren vertraglich geschuldeten regelmäßigen Arbeitszeiten erledigen zu lassen und die durch diese Entscheidung wider Erwarten eintretenden qualitativen Einbußen und gegebenenfalls zeitliche Verzögerungen in Kauf zu nehmen, lässt keine Anhaltpunkte einer Rechtsmissbräuchlichkeit der betriebsbedingten Kündigung eines juristischen Mitarbeiters erkennen, wenn die Fallzahlenentwicklung in dem für die Tätigkeit eines juristischen Mitarbeiters prägenden Teil der zu erledigenden Rechtssachen dafür spricht, dass der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung nachvollziehbar davon ausgehen konnte, zukünftig alle anfallenden Arbeiten mit nur fünf Beschäftigten erledigen zu können.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 3; BGB § 242

 

Verfahrensgang

ArbG Hagen (Westfalen) (Entscheidung vom 15.01.2015; Aktenzeichen 4 Ca 1219/14)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Hagen vom 15.01.2015 - 4 Ca 1219/14 - teilweise abgeändert.

Die Klage wird (auch) hinsichtlich der Anträge zu 1. und 2. abgewiesen.

Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Anschlussberufung sowie die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Die Entscheidung darüber, wer die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz zu tragen hat, bleibt dem Schlussurteil vorbehalten mit der Maßgabe, dass die Kosten betreffend die erstinstanzlich gestellten Anträge zu 1. und 2. der Kläger zu tragen hat.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten zweitinstanzlich (noch) um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung. Der Kläger begehrt seine Weiterbeschäftigung, hilfsweise die Verschaffung eines Arbeitsverhältnisses bei einem anderen Arbeitgeber.

Der 1947 geborene, verheiratete Kläger trat mit Wirkung ab 02.01.1981 in ein Arbeitsverhältnis zum Beklagten bzw. seines Rechtsvorgängers, und zwar als juristischer Mitarbeiter zu einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von zuletzt 8.542,50 Euro auf der Basis eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 29.06.2012, auf dessen Inhalt als Anlage zum Sitzungsprotokoll vom 07.08.2015 Bezug genommen wird (Bl. 1035 ff. der Akten).

Der Kläger kam beim beklagten Arbeitgeberverband, in dessen zwei Geschäftsstellen insgesamt ca. 25 Arbeitnehmer tätig sind, durchgehend in der Geschäftsstelle I zum Einsatz - neben dem weiteren juristischen Mitarbeiter E, während die anderen vier juristischen Mitarbeiter B, E1, X und G-L in J tätig sind.

Für die neben dem Kläger insgesamt fünf juristischen Mitarbeiter der juristischen Abteilung ergeben sich folgende Sozialdaten:

- B, geb. 1974, tätig seit 01.02.2001, verheiratet, ein Kind;

- E1, geb. 1957, tätig seit 12.09.1990, verheiratet, zwei Kinder;

- X, geb. 1968, tätig seit 01.04.1998, verheiratet, zwei Kinder;

- E, geb. 1965, tätig seit 01.05.1999, verheiratet, zwei Kinder;

- G-L, geb. 1979, tätig seit 01.09.2007, verheiratet ein Kind.

Nach ergebnislos gebliebenen Gesprächen der Parteien über eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses sprach der Beklagte dem Kläger während dessen Urlaubsabwesenheit mit Schreiben vom 23.05.2014, zugegangen am 23.05.2014, die streitbefangene betriebsbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2014 aus (Bl. 10 d. A.).

Zwischenzeitlich wurde mit Schreiben vom 30.04.2015 "höchst vorsorglich" eine zweite auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützte Kündigung zum 31.12.2015 ausgesprochen, gegen deren Wirksamkeit sich der Kläger zweitinstanzlich vor dem Landesarbeitsgericht Hamm (Az.: 2 Sa 1893/15) wendet.

Der Kläger hat behauptet, anlässlich der letzten Vertragsmodifikation im Jahre 2012 sei mit dem damaligen Geschäftsführer des Beklagten, T, auch der Zeitpunkt des Rentenbezugs diskutiert worden; dabei sei eine mündliche Abrede dergestalt getroffen worden, dass er, der Kläger, solange arbeiten könne, wie er möchte. Schon deshalb sei eine ordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses gar nicht möglich.

Abgesehen davon sei das Beschäftigungsbedürfnis für ihn nicht entfallen. So hätten sich beispielsweise ab Oktober 2013 Firmenanfragen verdoppelt, so dass sich die Tätigkeiten, die nicht in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren enden würden, dramatisch erhöht hätten.

Auch die vorgenommene Sozialauswahl sei unwirksam, weil er bei bestehender Vergleichbarkeit mit allen anderen fünf juristischen Mitarbeitern besonders schutzbedürftig sei.

Soweit hier von Interesse, hat der Kläger beantragt,

  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 23.05.2014, zugegangen am 23.05.2014, zum 31.12.2014 beendet worden ist,
  2. den Beklagten zu verurteilen, ...

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