Die Revision wird nicht zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verspätete Einlegung der Berufung

 

Leitsatz (amtlich)

Gelangt ein arbeitsgerichtliches Urteil nach Ablauf von fünf Monaten seit Verkündung in vollständig abgefasster Form zur Geschäftsstelle und wird es noch vor Ablauf der Berufungsfrist gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1, 2 ArbGG mit einer zutreffenden und vollständigen Rechtsmittelbelehrung versehen zugestellt, ist eine nach Ablauf von sechs Monaten seit Verkündung eingelegte Berufung verspätet.

 

Normenkette

ArbGG § 9 Abs. 5, § 66 Abs. 1; ZPO § 551 Nr. 7

 

Verfahrensgang

ArbG Herne (Urteil vom 17.04.2003; Aktenzeichen 4 Ca 2407/02)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 17. April 2003 – 4 Ca 2407/02 – wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung der Beklagten.

Durch das am 17. April 2003 verkündete Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Wegen des erstinstanzlichen Parteivortrags sowie der Begründung der Klageabweisung wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen.

Das Urteil ist in vollständig abgefasster Form mit Rechtsmittelbelehrung am 29. September 2003 zur Geschäftsstelle gelangt und am 30. September 2003 dem Kläger zugestellt worden. Hiergegen richtet sich die am 28. Oktober 2003 eingegangene und – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 2. Januar 2004 – an diesem Tag begründete Berufung des Klägers. Im Termin vom 2. März 2004 wurde der Kläger vom Gericht darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die Neuregelung des § 66 Abs. 1 ArbGG Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Berufung bestehen, weil sowohl die Berufungsfrist als auch die Berufungsbegründungsfrist danach versäumt seien.

Der Kläger hält weiterhin die fristlose Kündigung für unwirksam.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils des Arbeitsgerichts Herne vom 17. April 2003 – 4 Ca 2407/02 festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 12. April 2002 beendet wurde, sondern zu den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen weiter besteht,

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vorbringen in der Berufungsinstanz wird auf die Berufungsbegründung vom 2. Januar 2004, die Berufungserwiderung vom 18. Februar 2004 sowie das Protokoll der Sitzung vom 2. März 2004, jeweils nebst Anlagen, Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist unzulässig. Sie ist zwar gemäß § 64 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. c ArbGG statthaft. Sie wurde jedoch nicht fristgerecht eingelegt. Gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG beginnt die einmonatige Berufungseinlegungsfrist mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach Verkündung. Das Urteil wurde am 17. April 2003 verkündet. Die Frist zur Einlegung der Berufung begann mit dem Ablauf des 17. September 2003, die Berufung hätte bis spätestens 17. Oktober 2003 eingelegt werden müssen. Die Berufungsschrift ist erst am 28. Oktober 2003, d.h. nach Ablauf der Berufungseinlegungsfrist, beim Landesarbeitsgericht eingegangen.

1. Der Ablauf der Frist wurde nicht dadurch verhindert, dass dem Kläger erst am 30. September 2003 das vollständig abgefasste Urteil mit Rechtsmittelbelehrung zugestellt wurde. Zwar beginnt die Frist für ein Rechtsmittel nur, wenn die Partei oder der Beteiligte über das Rechtsmittel und das Gericht, bei dem das Rechtsmittel einzulegen ist, die Anschrift des Gerichts und die einzuhaltende Frist und Form schriftlich belehrt worden ist (§ 9 Abs. 5 Satz 3 ArbGG). Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsmittels nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung der Entscheidung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine Belehrung dahin erfolgt ist, dass ein Rechtsmittel nicht gegeben sei (§ 9 Abs. 5 Satz 44 Halbs. 1 ArbGG). Das bedeutet im Umkehrschluss, dass mit der ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung die normale Rechtsmittelfrist beginnt (vgl. BAG, Urteil vom 8. Juni 2000 – 2 AZR 584/99 = AP Nr. 21 zu § 66 ArbGG 1979). Dies entspricht Sinn und Zweck der Vorschrift des § 9 Abs. 5 Satz 3 ArbGG. Sobald der Partei eine ordnungsgemäße Rechtsmittelbelehrung erteilt ist, weiß sie, wie sie gegen die anzufechtende Entscheidung gerichtlich vorzugehen hat. § 9 Abs. 5 Satz 4 ArbGG legt nur im Interesse der Rechtssicherheit die Frist von einem Jahr seit Zustellung als Höchstfrist http://www.justiz.nrw.de/includes/php/druckversion.php?site=/RB/nrwe/arbgs/hamm/l… 30.07.2004 Landesarbeitsgericht Hamm, 19 Sa 1789/03 Seite 2 von 2 fest, innerhalb derer selbst bei unterbliebener oder unrichtig erteilter Rechtsmittelbelehrung die Einlegung des Rechtsmittels erfolgen muss. Diese Frist endet, wenn die anz...

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