Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Klagefrist. „Schwacher” Insolvenzverwalter

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die dreiwöchige Klagefrist gemäß § 113 Abs. 2 Satz 1 InsO gilt nicht für Kündigungen des vorläufigen Insolenzverwalters ohne Verwaltungs- und Verfügungsbefungnis.

2. Kündigt der „schwache” Insolvenzverwalter im eigenen Namen, ist die Kündigung mangels Kündigungsbefugnis unwirksam. Eine nachträglich Genehmigung gemäß den §§ 180, 177 BGB scheidet aus, wenn er seinen angeblichen Vertreterwillen gegenüber dem Kündigungsempfänger nicht erkennbar gemacht hat.

 

Normenkette

InsO § 113 Abs. 2; BGB § 164 Abs. 1-2, §§ 177, 180

 

Verfahrensgang

ArbG Minden (Urteil vom 29.07.2003; Aktenzeichen 1 Ca 662/03)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitgerichts Minden vom 29.07.2003 – 1 Ca 662/03 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die Kündigung des Beklagten vom 17.12.2002 bereits zum 31.03.2003 beendet worden ist oder aufgrund einer weiteren Kündigung des Beklagten erst zum 31.07.2003.

Die 1942 geborene Klägerin war seit dem 21.04.1988 als Verkäuferin bei der Firma P1xxx K2xxx, W1xxxxx K2xxx Inhaber H1. u. H1. E1xxxx GmbH & Co. KG in der Filiale K3xxxxxx D1xxxxxx in L1xxxxxx tätig. Durch den Beschluss des Amtsgerichts Bielefeld vom 19.11.2002 wurde zur Sicherung der künftigen Insolvenzmasse und zur Aufklärung des Sachverhalts der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. In dem Beschluss des Amtsgerichts 43 IN 1763/02 heißt es:

„Verfügungen der Schuldnerin über Gegenstände ihres Vermögens sind nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. InsO).

Der vorläufige Insolvenzverwalter ist nicht allgemeiner Vertreter der Schuldnerin. Er hat die Aufgabe, durch Überwachung der Schuldnerin deren Vermögen zu sichern und zu erhalten.”

Mit Schreiben vom 17.12.2002 wandte sich der Beklagte an die Klägerin mit folgendem Schreiben:

„Insolvenzeröffnungsverfahren P1xxx K2xxx, W1xxxxx K2xxx Inhaber H1. u. H1. E1xxxx GmbH & Co. KG

Sehr geehrte Frau S5xxxxxxxxx,

ich kündige das bestehende Beschäftigungsverhältnis zum 31.01.2003, hilfsweise zum 28.02.2003, hilfsweise zum 31.03.20003 bzw. zum nächst möglichen Zeitpunkt.

Die Kündigung erfolgt aufgrund insolvenzbedingter Betriebseinstellung.

Ich stelle Sie ab 01.01.2003 aus dem Beschäftigungsverhältnis frei.

Mit freundlichen Grüßen

gez. M1xxxx K1xxxxx

Rechtsanwalt

als vorläufiger Insolvenzverwalter”

Durch Beschluss des Amtsgerichts Bielefeld wurde am 01.01.2003 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter ernannt.

Die Klägerin macht mit ihrer am 25.03.2003 beim Arbeitsgericht Minden eingegangenen Klage geltend, der Beklagte sei bei Ausspruch der Kündigung am 17.12.2002 nicht kündigungsbefugt gewesen.

Demgegenüber meint der Beklagte, die Kündigung vom 17.12.2002 habe mit dem Übergang der Vermögungsverfügungsbefugnis auf ihn ab 01.01.2003 Wirksamkeit erlangt. Er hat vorgetragen, die Geschäftsführerin der Komplementärgesellschaft habe die Insolvenzmasse in erheblichem Umfang geschädigt und an einer geordneten Verfahrensabwicklung nicht mitgewirkt. Zur Vermeidung der Masseunzulänglichkeit habe er mit Schreiben vom 17.12.2002 die Kündigung der Arbeitsverträge als vorläufiger Insolvenzverwalter ausgesprochen. Mit Schriftsatz vom 01.04.2003 hat er das Arbeitsverhältnis erneut zum 31.07.2003 gekündigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der im ersten Rechtszug gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des am 29.07.2003 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Minden, welches dem Beklagten am 18.08.2003 zugestellt worden ist, Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat antragsgemäß festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 17.12.2002 nicht aufgelöst worden ist, sondern bis zum 31.07.2003 fortbesteht. Im Übrigen hat es den Beklagten zur Vergütungszahlung für die Monate Januar bis Juni 2003 verurteilt. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Kündigung des Beklagten vom 17.12.2002 sei rechtsunwirksam, weil der Beklagte als sog. schwacher Insolvenzverwalter ohne Verfügungsbefugnis nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. nicht berechtigt gewesen sei, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zu kündigen. Die Kündigung gelte auch nicht gemäß § 113 Abs. 2 InsO von Anfang an wegen Versäumung der zweiwöchigen Klagefrist als rechtswirksam, denn die gesetzlich vorgesehene Klageerhebungsfrist betreffe nur Kündigungen durch den Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, nicht aber Kündigungen des vorläufigen Insolvenzverwalters. Durch den Beschluss des Amtsgerichts Bielefeld vom 01.01.2003 sei die bereits am 17.12.2002 ausgesprochene Kündigung auch nicht nachträglich wirksam geworden. Die Kündigung sei auch nicht durch Genehmigung oder Einwilligung der Geschäft...

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