Die Revision wird nicht zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gratifikation. Betriebsvereinbarung. Tarifvorbehalt. Verzicht auf Leistungen aus einer unwirksamen Betriebsvereinbarung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Aufstockung einer tariflich geregelten Leistung durch Betriebsvereinbarung verstößt gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG und führt zur Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung.

Es besteht aber die Möglichkeit der Umdeutung einer solchen nichtigen Betriebsvereinbarung in eine arbeitsvertragliche Einheitsregelung.

 

Normenkette

BetrVG § 77 Abs. 3-4, § 87 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Bielefeld (Urteil vom 05.02.2004; Aktenzeichen 2 Ca 4422/03)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 05.02.2004 – 2 Ca 4422/03 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin, welche in der Zeit vom 01.04.1995 bis zum 31.12.2003 im Großhandelsbetrieb der Beklagten als kaufmännische Angestellte beschäftigt war und aufgrund arbeitgeberseitiger Kündigung vom 27.08.2003 mit Wirkung zum 31.12.2003 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, die Zahlung eines Weihnachtsgeldes für das Jahr 2003.

Diesen Anspruch stützt die Klägerin auf eine zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber geschlossene Betriebsvereinbarung vom 20.11.2003, welche – unter Anrechnung tariflicher Leistungen – eine Gratifikationszahlung in Höhe von 60% des Bruttoentgeltes vorsieht. Nach Ziffer 2 der Betriebsvereinbarung ist Voraussetzung für die Zahlung der Weihnachtsgratifikation, dass das Arbeitsverhältnis am Auszahlungstag ungekündigt ist, wobei gleichgültig ist, ob die Kündigung durch den Arbeitnehmer oder durch den Arbeitgeber erfolgt.

Die Klägerin hat im ersten Rechtszuge vorgetragen, zwar sei das Arbeitsverhältnis formell durch Kündigung beendet worden. Gleichwohl müsse im Hinblick auf den Gratifikationsanspruch das Arbeitsverhältnis als einvernehmlich beendet angesehen werden. Nachdem nämlich die Beklagte der Klägerin zunächst einen Aufhebungsvertrag angeboten und allein auf Initiative der Klägerin zur Vermeidung von Problemen mit dem Arbeitsamt statt dessen eine Beendigung in Form von Kündigung und Abwicklungsvertrag gewählt worden sei, könne der Ausschlusstatbestand gemäß Ziffer 2 der Betriebsvereinbarung nicht angewendet werden.

Durch Urteil vom 05.02.2004 (Bl. 19 ff.) auf welches wegen des weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, unzweifelhaft sei das Arbeitsverhältnis durch Kündigung beendet worden. Die Tatsache, dass zunächst beabsichtigt gewesen sei, einen Aufhebungsvertrag zu schließen, vermöge hieran nichts zu ändern.

Mit ihrer rechtzeitig eingelegten begründeten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter und trägt vor, zwischen den Parteien habe im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses Einigkeit darüber bestanden, dass vom Regelungsgehalt her ein Aufhebungsvertrag gewollt sei. Allein um der Klägerin Mühen und Kosten zu sparen, sei dieser dann in eine andere Form gefasst und durch Kündigung und Abwicklungsvertrag ersetzt worden. Dementsprechend sei die Klägerin so zu stellen, als ob sie aufgrund Aufhebungsvertrages ausgeschieden sei. Im Falle eines Aufhebungsvertrages habe der Klägerin aber unzweifelhaft ein Anspruch auf Gratifikationszahlung zugestanden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 05.02.2004 – 2 Ca 4422/03 –, zugestellt am 17.02.2004, abzuändern und die Beklagte kostenpflichtig zu verurteilen, an die Klägerin 889,75 EUR brutto nebst 5% Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagten beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die arbeitsgerichtliche Entscheidung als zutreffend und vertritt im Übrigen den Standpunkt, selbst im Falle eines Aufhebungsvertrages habe der Klägerin nach dem Inhalt der Betriebsvereinbarung ein Anspruch auf Zahlung der Gratifikationsleistung nicht zugestanden. Ziel der Betriebsvereinbarung sei es ersichtlich, eine Motivation für die zukünftige Dienstleistung zu schaffen. Im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entfalle diese Motivation unabhängig von der gewählten Beendigungsform. Hierfür spreche auch schließlich der in der Betriebsvereinbarung vorgesehene Rückzahlungsvorbehalt.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin bleibt ohne Erfolg.

I

Der Klägerin steht der verfolgte Anspruch auf Zahlung einer Gratifikationsleistung nicht zu.

1. Soweit die Klägerin ihr Begehren unmittelbar auf die Betriebsvereinbarung vom 20.11.2003 stützt, steht diesem Anspruch – unabhängig von der Frage der Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung (dazu unter Ziff. 2) – schon der Umstand entgegen, dass die Klägerin die in der Betriebsvereinbarung genannten Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt. Am Auszahlungstag war nämlich das Arbeitsverhältnis nicht ungekündigt. Die in der Betriebsvereinbarung getroffene Regelun...

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