Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung der Grubenwehrzulage bei der Berechnung des Zuschusses zum Anpassungsgeld nach dem Gesamtsozialplan 2010 für die Mitarbeiter im Steinkohlebergbau. Anwendung der Regelungen des Gesamtsozialplans 2003 aus Gründen des Vertrauensschutzes

 

Leitsatz (amtlich)

Anwendung des Gesamtsozialplans aus 2003 (GSP 2003) aus Gründen des Vertrauensschutzes zugunsten eines Arbeitnehmers, der zwar nach dem 31.12.2010 und damit im zeitlichen Geltungsbereich des Gesamtsozialplans 2010 (GSP 2010) aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, der aber die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses bereits im März 2010 und damit vor Vereinbarung des GSP 2010 am 02.12.2010 erhalten hatte.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Aus Gründen des Vertrauensschutzes sind auf einen Arbeitnehmer im Steinkohlebergbau, dessen Arbeitsverhältnis am 6.7.2010 betriebsbedingt gekündigt worden ist und der davon abgesehen hat, die Kündigung innerhalb der Klagefrist des § 4 KSchG mit einer Kündigungsschutzklage anzugreifen, die Regelungen des Gesamtsozialplans 2003 anzuwenden, auch wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erst nach dem 31.12.2010 wirksam geworden ist und damit die am 2.12.2010 beschlossenen und zum 1.1.2011 wirksam werdenden Regelungen des Gesamtsozialplans 2010 anzuwenden gewesen wären. Denn durch die Änderung ist nachwirkend der Anspruch auf Zuschuss zum Anpassungsgeld, wie er für den Arbeitnehmer im Zeitpunkt seiner Disposition im Sommer 2010 aufgrund der seinerzeit geltenden Sozialplanregelung absehbar war, geschmälert worden.

2. Der Arbeitnehmer hat daher Anspruch auf Berücksichtigung der Grubenwehrzulage für die Teilnahme an Übungen außerhalb der Schichtzeit bei der Berechnung des Zuschusses zum Anpassungsgeld.

 

Normenkette

GSP 2010 für die Mitarbeiter des Steinkohlebergbaus in Deutschland; GSP 2003 für die Mitarbeiter des Steinkohlebergbaus in Deutschland

 

Verfahrensgang

ArbG Herne (Entscheidung vom 19.05.2015; Aktenzeichen 3 Ca 3434/13)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des ArbG Herne vom 19.05.2015 – 3 Ca 3434/13 – abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.400,13 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.12.2013 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Berechnung eines Zuschusses zum Anpassungsgeld nach einem Gesamtsozialplan für die Monate September 2011 bis November 2013.

Der Kläger wurde am 01. September 1976 als Auszubildender (Betriebsschlosser) auf der damaligen Schachtanlage F angelegt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden die Bestimmungen des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer des Rheinisch/Westfälischen Steinkohlebergbaus Anwendung. Zuletzt war der Kläger als Kolonnenführer (Fachrichtung Maschinenbetrieb) im Untertagebetrieb des Bergwerks B tätig.

Die Beklagte ist ein Bergbauunternehmen. Aufgrund berufsgenossenschaftlicher Vorgaben ist sie verpflichtet, auf ihren Bergwerken eine Grubenwehr vorzuhalten. Die Organisation der Grubenwehr ist bei der Beklagten durch den Plan für das Grubenrettungswesen der Hauptstelle für das Grubenrettungswesen I geregelt. Der Kläger war bis zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses Mitglied der Grubenwehr in der Funktion eines Grubenwehrmanns – und nicht in der Funktion eines Hauptgerätewarts. Für seine Tätigkeiten im Rahmen der Grubenwehrübung außerhalb der Schichtzeit erhielt der Kläger Zahlungen unter der Lohnart „Grubenwehr-Übung außerh.“ nach der Vorstandsrichtlinie DSK VR 02/07.

Unter dem 25. Juni 2003 vereinbarten die Beklagte und der gesamte Betriebsrat der E AG einen Gesamtsozialplan zum Anpassungsprogramm der E AG (GSP 2003). Dieser Sozialplan sah vor, dass Arbeitnehmer, die aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden und Anspruch auf die Gewährung von Anpassungsgeld nach den jeweils gültigen Richtlinien über die Gewährung von Anpassungsgeld an Arbeitnehmer des Steinkohle Bergbaus des Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie haben, u.a. von der Beklagten einen Zuschuss zum Anpassungsgeld erhalten sollten, wenn das Anpassungsgeld ein Garantieeinkommen nicht erreicht. Das Garantieeinkommen wurde in § 2 Ziffer 7 Absatz 3 des Gesamtsozialplan wie folgt definiert:

(3) Das Garantieeinkommen beträgt 60 % des Brutto-Monatseinkommens, jedoch höchstens 60 % der im Zeitpunkt der Entlassung für Monatsbezüge in der knappschaftlichen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze.

Für die Ermittlung des Brutto-Monatseinkommens wird das Entgelt der letzten 12 abgerechneten Monate vor dem Ausscheiden zugrunde gelegt. Einmalzahlungen und Mehrarbeitsgrundvergütungen bleiben bei der Ermittlung außer Betracht. Weiterhin bleiben Lohn- bzw. Gehaltsbestandteile, die nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen, bei der Ermittlung außer Betracht. Der so ermittelte Betrag wird durch die Anzahl der im 12-Monatszeitraum angefallenen Versicherungstage dividiert und mit dem Faktor 30 multipliz...

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