Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswert. Streitwert. Mitbestimmungsrecht. Unterlassung. Unterlassungsanspruch. Änderung. Vorgabezeiten. Akkord

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Geltendmachung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats kann bei bis zu 20 betroffenen Mitarbeitern mit dem Auffangwert des § 23 Abs. 3 S. 2 HS 2 RVG in Höhe von 4.000 Euro in Ansatz gebracht werden.

 

Normenkette

RVG §§ 23, 33; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 11

 

Verfahrensgang

ArbG Herford (Beschluss vom 21.01.2008; Aktenzeichen 1 BV 11/07)

 

Tenor

Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Herford vom 21.01.2008 – 1 BV 11/07 – wird zurückgewiesen.

Die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe einer Gebühr von 40,00 EUR zu tragen.

 

Tatbestand

A.

Im Ausgangsverfahren hat sich der Betriebsrat gegen die Veränderung der Vorgabezeiten zur Akkordentlohnung für elf Arbeitnehmer im Bereich des Seitenschrankbandes gewandt. Die Beteiligten haben das Verfahren vergleichsweise beigelegt.

Auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 21.01.2008 den Gegenstandswert auf 4.000,00 EUR festgesetzt. Dagegen haben die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, den 36-fachen Differenzbetrag für jeden der elf Arbeitnehmer zugrunde zu legen; mindestens müssten aber wegen der gehobenen Schwierigkeit 12.000,00 EUR in Ansatz gebracht werden.

 

Entscheidungsgründe

B.

Die gemäß § 33 RVG zulässige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates ist unbegründet.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht einen Gegenstandswert in Höhe von 4.000,00 EUR in Ansatz gebracht.

Bei der Bemessung des Gegenstandswertes ist von § 23 Abs. 3 Satz 2 2. Halbsatz RVG auszugehen. Danach ist der Gegenstandswert auf 4.000,00 EUR, je nach Lage des Falles aber auch niedriger oder höher bis zu 500.000,00 EUR anzunehmen, sofern es sich um nichtvermögensrechtliche Gegenstände handelt. Hiervon ist im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren immer dann auszugehen, wenn um das Bestehen und die Beachtung betriebsverfassungsrechtlicher Beteiligungsrechte gestritten wird, weil die Begehren weder auf Geld noch auf eine geldwerte Leistung gerichtet sind und auch ihre Grundlage nicht in einem Verhältnis haben, dem ein Vermögenswert zukommt (BAG NZA 2005, 70; LAG Hamm LAGE Nr. 50 zu § 8 BRAGO; GK-ArbGG/Wenzel, § 12 Rn. 169, 181, 266).

Hier liegt eine solche nichtvermögensrechtliche Streitigkeit vor, weil es dem Betriebsrat im Ausgangsverfahren um die Wahrung seines Mitbestimmungsrechtes nach § 87 Abs. 1 Nr. 11 BetrVG ging.

Die danach einschlägige Auffangvorschrift des § 23 Abs. 3 Satz 2 2. Halbsatz RVG mit ihrem außerordentlich weiten Bewertungsrahmen und dem Hilfswert in Höhe von derzeit 4.000,00 EUR stellt die Rechtsprechung vor die Aufgabe, die im Beschlussverfahren in Frage kommenden Streitgegenstände in ein Bewertungssystem einzubinden, das falladäquate Abstufungen zulässt und zugleich tragenden Grundsätzen des Arbeitsgerichtsprozesses ausreichend Rechnung trägt; erforderlich ist die Herausarbeitung typisierender Bewertungsgrundsätze, um zu einer gleichförmigen und damit den Gleichbehandlungsgrundsatz wahrenden Rechtsanwendung zu gelangen (LAG Hamm EzA Nr. 70 zu § 12 ArbGG 1979 Streitwert; Schneider, Anm. zu BAG EzA Nr. 36 zu § 12 ArbGG 1979 Streitwert; GK-ArbGG/Wenzel, § 12 Rn. 132 b, 264).

Maßgeblich ist allerdings immer die „Lage des Falles”; es bedarf also einer auf die konkreten Umstände des einzelnen Verfahrens abgestellten Wertfestsetzung.

Was die maßgeblichen Einzelfallumstände angeht, kann auf die vergleichbare Regelung zur Bewertung nichtvermögensrechtlicher Streitigkeiten in § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG zurückgegriffen werden, wonach es vor allem auf die Bedeutung der Angelegenheit und daneben auf den Umfang sowie die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ankommt (vgl. BVerfG NJW 1989, 2047; siehe auch § 48 Abs. 2 Satz 1 GKG).

Mit der Bedeutung der Angelegenheit als Ausgangspunkt der Bewertung ist die Tragweite der gerichtlichen Entscheidung für die materielle und ideelle Stellung der Betroffenen angesprochen, was ihnen selbst die Sache „wert” ist. Maßgeblich sind also nicht nur die unmittelbar mit dem Verfahren verfolgten Ziele, sondern auch die weiteren Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die Stellung und das Ansehen der Beteiligten (BVerfG, a.a.O.).

Auch Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit können bei der Wertfestsetzung zu berücksichtigen sein.

Allerdings müssen beide Gesichtspunkte in Relation zur Bedeutung der Sache gesehen werden. Entspricht also der anwaltliche Arbeitsaufwand von seinem Umfang und seiner Schwierigkeit her typischerweise der Bedeutung der Sache, bleibt es bei deren Bewertung; die Bedeutung ist also letztlich das ausschlaggebende Moment für die vorzunehmende Wertfestsetzung (BVerfG, a.a.O.; ...

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