Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht statthaft

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Privatliquidationsrecht. Chefarzt

 

Leitsatz (amtlich)

Im Kündigungsprozess eines Chefarztes ist bei der Streitwertfestsetzung nach § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG nicht nur von den effektiven Gehaltsbezügen auszugehen; sind dem Chefarzt vertraglich ertragreiche Nebentätigkeiten unter Einsatz von Personal und Ausstattung des Krankenhauses gestattet, so ist die Einräumung dieser Betätigungsmöglichkeit angemessen, hier mit 1/3 der Vierteljahreserlöse, zu bewerten. Die maßgeblichen Privatliquidationserlöse sind vorab um die Abgaben an das Krankenhaus und an den Mitarbeiterpool zu kürzen.

 

Normenkette

RVG § 33; GKG §§ 63, 68

 

Verfahrensgang

ArbG Bielefeld (Beschluss vom 26.01.2006; Aktenzeichen 6 Ca 2507/05)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers und von Amts wegen wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels der Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 26.01.2006 – 6 Ca 2507/05 – abgeändert.

Der Streitwert wird für das Verfahren auf 38.512,17 EUR festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Tatbestand

I.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist ein Streitwertbeschluss.

Die Parteien haben um die Rechtswirksamkeit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Chefarztes gestritten. Der Kläger bezog als Chefarzt eine jährliche Arbeitsvergütung von 84.000 EUR. Er hatte daneben zuletzt eine Jahreseinnahme aus Privatliquidation (exklusiv der an das Krankenhaus abzuführenden Nutzungsentgelte) in Höhe von 251.645 EUR. Hiervon hatte der Kläger an den Mitarbeiterpool 41.499 EUR abzuführen.

Der Rechtsstreit ist durch beiderseitige Erklärung in der Hauptsache für erledigt erklärt worden. Mit Beschluss vom 05.01.2006 hat das Arbeitsgericht Bielefeld der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Mit Schriftsatz vom 16.01.2006 haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers um Streitwertfestsetzung gebeten. Das Arbeitsgericht Bielefeld hat die Parteien und die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 19.01.2006 zur beabsichtigten Streitwertfestsetzung angehört und auf § 32 Abs. 2 RVG iVm. § 63 GKG verwiesen. Mit Schreiben vom 25.01.2006 haben die Prozessbevollmächtigten auf die Notwendigkeit der Festsetzung eines höheren Streitwerts hingewiesen. Mit Beschluss vom 26.01.2006 hat das Arbeitsgericht den Streitwert für das Verfahren im Allgemeinen auf 68.500 EUR festgesetzt, wobei es erneut auf § 32 Abs. 2 RVG iVm. § 63 GKG hingewiesen und eine Rechtsmittelbelehrung nach § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG erteilt hat. Gegen den Streitwertbeschluss haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit dem am 23.02.2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt, die sie auf § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG stützen. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache unverzüglich dem Landesarbeitsgericht vorgelegt.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Das Arbeitsgericht hat den Streitwert auf Antrag der Prozessbevollmächtigten des Klägers im zutreffenden Verfahren nach § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG iVm. § 63 Abs. 2 S. 2 GKG festgesetzt.

Die Streitwertfestsetzung im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren und damit auch im vorliegenden Rechtsstreit richtet sich nach § 63 Abs. 2 GKG und nicht nach § 33 RVG (GK-ArbGG-Wenzel, § 12 Rn. 362 u. 380), zumal eine Gebühr nach Nr. 8210 GKG KV angefallen ist. Dies gilt auch im Fall der Beendigung des Rechtsstreits durch Vergleich und insoweit selbst für den Mehrwert des Vergleichs (LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 04.04.2005 – 3 Ta 44/05; LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 21.02.2006 – 3 Ta 23/06; LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 29.12.2000 – 3 Ta 90/00). Im arbeitsgerichtlichen Verfahren kommt nur bei dem Prozesskostenhilfeverfahren und bei dem Beschlussverfahren auf anwaltlichen Antrag eine Streitwertfestsetzung nach § 33 RVG in Betracht. Das Arbeitsgericht hat auch ausdrücklich das Verfahren der Streitwertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG gewählt. Dies folgt aus den Angaben im Anhörungsschreiben und in dem angefochtenen Beschluss zu den einschlägigen Normen und auch aus der Verfahrensweise, denn das Arbeitsgericht hat die Parteien (unter Einschluss der Beklagten) und die Prozessbevollmächtigten des Klägers angehört, was für die Streitwertfestsetzung nach § 33 RVG im Verhältnis zwischen den Prozessbevollmächtigten des Klägers und dem Kläger fehlerhaft wäre. Die fehlerhafte, nicht an §§ 68 Abs. 1 Satz 3, 62 Abs. 3 Satz 2 GKG orientierte Rechtsmittelbelehrung, die zudem nicht durch richterliche Unterschrift gedeckt ist, rechtfertigt keine andere Wertung aus dem Grundsatz der Meistbegünstigung. Der Grundsatz der Meistbegünstigung hat allein den Zweck, den Parteien die Anfechtung mit dem durch die unrichtige Form der Entscheidung vorgezeichneten Rechtsmittel zu ermöglichen. Das Rechtsmittelgericht braucht aber nicht auf dem vom unteren Gericht eingeschlagenen f...

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