Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswert. Beschlussverfahren. einstweilige Verfügung. Unterlassungsantrag des Betriebsrats. Betriebsänderung. Auskunftsantrag des Betriebsrats

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Gebührenstreitwert im Fall einer einstweiligen Verfügung zur Verhinderung einer Betriebsänderung durcn Personalabbau ist anhand der gesetzlichen Regelung des § 17 Abs. 1 KSchG ausgehend von einem Teilwert von 666 EUR für jeden von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer vorzunehmen.

 

Normenkette

RVG § 23 Abs. 3, § 33; ArbGG § 85 Abs. 2; BetrVG §§ 92, 111

 

Verfahrensgang

ArbG Gelsenkirchen (Beschluss vom 20.01.2010; Aktenzeichen 3 BVGa 2/09)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 20.01.2010 – 3 BVGa 2/09 – in der Fassung des Beschlusses vom 10.03.2010 unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen abgeändert.

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 8.664,00 EUR festgesetzt.

Die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe einer auf 20,00 EUR ermäßigten Gebühr zu tragen.

 

Tatbestand

I.

Im Ausgangsverfahren hat der Betriebsrat im Wege der einstweiligen Verfügung von der Arbeitgeberin die Unterlassung der Durchführung einer Betriebsänderung, insbesondere des Ausspruches von Kündigungen und des Abschlusses von Aufhebungsverträgen begehrt, sowie einen Anspruch auf Unterrichtung und Beratung nach § 92 Abs. 1 BetrVG geltend gemacht. Zur Begründung des Antrages ist ausgeführt worden, die Arbeitgeberin habe ohne Beteiligung des Betriebsrats im September 2009 10 Arbeitnehmer auf den Abschluss eines Aufhebungsvertrages unter Zahlung einer Abfindung angesprochen; dies stelle eine Betriebsänderung dar. Gleichzeitig verlangte der Betriebsrat von der Arbeitgeberin, ihn insbesondere im Zusammenhang mit dem Wegfall von Arbeitsplätzen und die Planung des Personalbedarfs einstweilen bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zu unterrichten und entsprechende Maßnahmen mit ihm zu beraten.

Nachdem sich aufgrund des Vorbringens der Arbeitgeberin im Anhörungstermin vor dem Arbeitsgericht vom 30.09.2009 herausgestellt hatte, dass die Arbeitgeberin lediglich mit maximal drei Arbeitnehmern einen Aufhebungsvertrag abgeschlossen hätte, auch wenn mehrere Arbeitnehmer darauf angesprochen worden wären, hat das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 30.09.2009 die Anträge des Betriebsrats zurückgewiesen.

Auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats hat das Arbeitsgericht sodann durch Beschluss vom 20.01.2010 den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfahren im Allgemeinen auf 4.000,00 EUR festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, dass eine höhere Wertfestsetzung nicht in Betracht komme, weil nach dem Vortrag des Arbeitgebers lediglich geplant gewesen sei, zwei bis maximal drei Aufhebungsverträge abzuschließen.

Mit der am 03.02.2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Beschwerde hat der Betriebsrat gerügt, das Arbeitsgericht habe bei der Wertfestsetzung zu Unrecht nicht das Interesse des Antragstellers, sondern den Vortrag des Arbeitgebers zugrunde gelegt. Im Übrigen sei der Antrag zu 3. unberücksichtigt geblieben. Für den Antrag zu 1. sei ein Gegenstandswert von 6.664,00 EUR anzusetzen, für den Antrag zu 3. ein Wert von 6.000,00 EUR.

Durch Beschluss vom 10.03.2010 hat das Arbeitsgericht sodann der Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats vom 03.02.2010 teilweise abgeholfen und für den Antrag zu 3. den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf weitere 4.000,00 EUR, insgesamt damit auf 8.000,00 EUR festgesetzt.

Die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats halten auch nach dem Abhilfebeschluss des Arbeitsgerichts vom 10.03.2010 an ihrer Beschwerde fest.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die nach § 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats ist nur teilweise begründet.

Der Gegenstandswert für das vorliegende Beschlussverfahren war gemäß § 23 Abs. 3 RVG auf 8.664,00 EUR festzusetzen. Dabei war der Antrag zu 1. mit einem Wert von 6.664,00 EUR, der Antrag zu 3. mit 2.000,00 EUR zu bemessen.

1. Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das vorliegende Beschlussverfahren richtet sich nach § 23 Abs. 3 RVG, wonach der Gegenstandswert in Fällen der vorliegenden Art nach billigem Ermessen zu bestimmen ist.

§ 23 Abs. 3 RVG stellt eine Auffangnorm für Angelegenheiten dar, für die Wertvorschriften fehlen. Der Auffangtatbestand des § 23 Abs. 3 RVG ist insbesondere für nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten bedeutsam, deren Wert auf anderem Weg nicht bestimmt werden kann. Die Wertfestsetzung nach billigem Ermessen kommt im Anwendungsbereich des § 23 Abs. 3 RVG aber erst hinter allen sonstigen Bewertungsfaktoren zum Zuge. Für das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren folgt hieraus, dass die wirtschaftliche Bedeutung des jeweiligen Strei...

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