Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsstrafe. Vereinbarung. Betriebsrat. Arbeitgeber. Wirksamkeit. Versetzung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Betriebsrat und der Arbeitgeber können wirksam vereinbaren, dass im Falle der Verletzung der Beteiligungsrechte des Betriebsrates nach den §§ 99, 100 BetrVG eine Vertragsstrafe an das Deutsche Rote Kreuz zu zahlen ist.

 

Normenkette

BetrVG §§ 99-100; BGB § 339

 

Verfahrensgang

ArbG Hagen (Westfalen) (Beschluss vom 19.09.2007; Aktenzeichen 2 BV 37/07)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 19.01.2010; Aktenzeichen 1 ABR 62/08)

 

Tenor

Die Beschwerde des Arbeitgebers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hagen vom 19.09.2007 – 2 BV 37/07 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor wie folgt lautet:

Der Arbeitgeber wird verpflichtet, an das Deutsche Rote Kreuz Kreisverband H4 e. V. 1.000,00 EUR zu zahlen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

A.

Nach einer teilweisen Antragsrücknahme streiten die Beteiligten (noch) darum, ob sie in einem gerichtlichen Vergleich für den Fall eines Verstoßes gegen die §§ 99 f. BetrVG wirksam die Zahlung eines „Ordnungsgeldes” vereinbart haben und gegebenenfalls ob in dem erfolgten anderweitigen Einsatz einer Fachärztin für Allgemeinmedizin betriebsverfassungs-rechtlich eine Versetzung lag.

Der Arbeitgeber ist Träger eines Gemeinschaftskrankenhauses, in dem mehr als 1000 Arbeitnehmer tätig sind.

Der in dem Unternehmen bestehende Betriebsrat hatte Mitte des Jahres 2005 vor dem Arbeitsgericht Hagen (Aktenzeichen 2 BV 22/05) ein auf § 23 Abs. 3 BetrVG gestütztes Beschlussverfahren eingeleitet, in dem er vom Arbeitgeber verlangte, es zu unterlassen, namentlich Einstellungen und Versetzungen ohne vorherige ordnungsgemäße Beteiligung nach den §§ 99, 100 BetrVG vorzunehmen. Am 16.02.2006 kam es zum Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs folgenden Inhalts:

  1. Der Beteiligte zu 2. verpflichtet sich, es zu unterlassen, Einstellungen und Versetzungen im Sinne des § 99 BetrVG vorzunehmen, solange nicht der Beteiligte zu 1. die Zustimmung hierzu erteilt hat oder im Verweigerungsfall die fehlende Zustimmung im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ersetzt worden ist, es sei denn, der Antragsgegner macht sachliche Gründe, die eine personelle Einzelmaßnahme im Sinne von § 99 Abs. 1 BetrVG dringend erforderlich machen, geltend und leitet, falls der Beteiligte zu 1. diese bestreitet, hiernach innerhalb von 3 Tagen das arbeitsgerichtliche Verfahren nach § 100 BetrVG ein.
  2. Der Antragsgegner verpflichtet sich, für den Fall der Zuwiderhandlung der Verpflichtung in Ziffer 1. dieses Vergleichs – bezogen auf jeden Verstoß im Rahmen einer Einstellung und Versetzung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG – ein Ordnungsgeld in Höhe von 1.000,00 EURan den DRK Kreisverband H4 zu zahlen, für Verstöße, die nach dem 01.04.2006 eintreten.
  3. Damit ist das Verfahren 2 BV 22/05 erledigt.

Unter dem 22.01.2007 richtete der Arbeitgeber durch die „Bereichsleitung Operative Medizin” eine schriftliche „Mitteilung über eine kurzfristige Versetzung” an den Betriebsrat, in der dieser darüber informiert wurde, dass die als „Assistenzärztin Akutambulanz” tätige Fachärztin für Allgemeinmedizin K5 im Zeitraum vom 23.01.2007 bis zum 19.02.2007 im Bereich der Chirurgischen Stationen zum Einsatz kommen sollte. Zuvor war diese dort nur im Rahmen von Bereitschaftsdiensten tätig geworden.

Sodann arbeitete die genannte Arbeitnehmerin in der Zeit ab 23.01.2007 bis zum 06.03.2007 durchgehend wegen urlaubs- und krankheitsbedingter Unterbesetzung im Bereich der Chirurgie, wobei sie diesen Einsatz in den Dienstplänen der „Zentralambulanz/Notaufnahme” (im Folgenden kurz: Zentralambulanz) dokumentierte.

Nach dem Organigramm des Arbeitgebers (Bl. 69 d. A.) besteht innerhalb der sogenannten Medizinischen Bereiche unter anderem der Operative Bereich unter der ärztlichen Leitung des Privatdozenten Dr. G4. Dieser Bereich teilt sich wiederum auf in sieben gleichrangige Abteilungen, darunter die ebenfalls von Privatdozent Dr. G4 geleitete Zentralambulanz und die „Chirurgie”. Beide Abteilungen haben Dienstpläne, wobei die Zentralambulanz, in der alle Notfälle mit Ausnahme des internistischen Bereichs behandelt werden, im Rotationsverfahren auch von Assistenzärzten der Chirurgie besetzt sind, die dienstplanmäßig aber durchgehend in der Chirurgie geführt werden.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, in dem für vier Wochen angekündigten und tatsächlich sechs Wochen angedauerten Einsatz der Arbeitnehmerin K5 im Bereich der Chirurgie liege eine beteiligungspflichtige Versetzung. So erfordere die Zentralambulanz mit den anfallenden Notfallbehandlungen eine interdisziplinäre Tätigkeit. Demgegenüber seien im Bereich der Chirurgie ausschließlich stationär aufgenommene Patienten auf Operationen und sonstige Eingriffe vorzubereiten und im Rahmen der Nachversorgung zu betreuen.

Weil der Arbeitgeber es versäumt habe, ihn, den Betriebsrat, im Vorfeld ordnungsgemäß zu beteiligen, sei er aufgrund des wirksam zustande gekommenen Vergleichs...

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