Entscheidungsstichwort (Thema)

Tariffähigkeit einer christlichen Gewerkschaft. Durchsetzungskraft. Mächtigkeit. eigenständige organisatorische Leistungsfähigkeit. Mitgliederzahl. Beitragsaufkommen. Abschluss von Tarifverträgen. Tarifgemeinschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Die Gewerkschaft für Kunststoffgewerbe und Holzverarbeitung im CGB – GKH im CGB – e.V. ist keine tariffähige Arbeitnehmervereinigung. Weder aus der Mitgliederzahl der GKH noch aufgrund ihres organisatorischen Aufbaus kann auf eine ausreichende eigenständige organisatorische Leistungsfähigkeit geschlossen werden. Auch die in der Vergangenheit in Tarifgemeinschaft mit der DHV abgeschlossenen Tarifverträge indizieren die Tariffähigkeit der GKH nicht (im Anschluss an BAG 05.10.2010 – 1 ABR 88/10 – AP TVG § 2 Tariffähigkeit Nr. 7).

 

Normenkette

TVG Tariffähigkeit § 2; GG Art. 9 Abs. 3; ArbGG § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97; ZPO § 256 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Paderborn (Beschluss vom 14.03.2008; Aktenzeichen 2 BV 30/07)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Industriegewerkschaft Metall wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 14.03.2008 – 2 BV 30/07 – abgeändert.

Es wird festgestellt, dass die Gewerkschaft für Kunststoffgewerbe und Holzverarbeitung im CGB (GKH im CGB) keine tariffähige Gewerkschaft ist.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

A

Die Beteiligten streiten über die Tariffähigkeit der Gewerkschaft für Kunststoffgewerbe und Holzverarbeitung (GKH).

Die Industriegewerkschaft Metall (IG Metall), die Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens, ist eine der mitgliederstärksten Einzelgewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), des Beteiligten zu 7. Seit einer Satzungserweiterung mit Wirkung zum 01.01.2000 gehört zu ihren satzungsmäßigen Aufgaben auch der Abschluss von Tarifverträgen für die Betriebe der Holzbearbeitung, Holzverarbeitung und Kunststoffverarbeitung einschließlich der Handwerksbetriebe.

Die GKH, die Beteiligte zu 2., wurde am 25.03.2003 unter dem Namen „Gewerkschaft Holz und Kunststoff im CGB” gegründet. Auf drei weiteren Betriebsversammlungen in den Jahren 2004 und 2005 folgten Satzungs- und Namensänderungen. Seit April 2005 führt die GKH ihren jetzigen Namen. An den bisherigen Mitgliederversammlungen nahm stets derselbe Teilnehmerkreis von sieben bis neun Personen teil. Darunter befanden sich mindestens zwei hauptamtliche Funktionäre der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM), nämlich deren stellvertretender Vorsitzender L1 und deren Gewerkschaftssekretärin R1, die auf der Gründungsversammlung der GKH auch zur Bundesgeschäftsführerin bestellt wurde.

Nach § 1 der Satzung der GKH vom 02.09.2004 in der Fassung vom 24.05.2008 (Bl. 812 ff. d.A) ist die GKH eine gegenüber politischen Parteien, Konfessionen, Regierungen und Unternehmen unabhängige Gewerkschaft mit Sitz in Paderborn. Ihr Organisationsbereich erstreckt sich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und umfasst die Bereiche des holz- und kunststoffverarbeitenden Handwerks (Schreinerhandwerk, Fenster- und Türenbauer), sowie des Modellbauerhandwerks. Sie erstrebt nach § 2 der Satzung die Wahrung der geistigen, kulturellen und materiellen Interessen der Mitglieder auf christlich-sozialer Grundlage, die Schaffung von Eigentum in Arbeitnehmerhand, die Mitbestimmung in der Wirtschaft aus Mitbesitz und eine Staats-, Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung nach christlich-sozialen Grundsätzen. Zu ihren Aufgaben gehört u.a. die Regelung der Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge, die Unterstützung bei gewerkschaftlich geführten Streiks, bei Aussperrungen und Maßregelungen sowie der Rechtsschutz für Mitglieder in arbeits- und sozialrechtlichen Streitigkeiten.

Die GKH erhebt Mitgliedsbeiträge, deren Höhe gemäß § 7 der Satzung das Mitglied selbst bestimmt. Der Mindestbeitrag beträgt monatlich 6,– EUR. Nach dem Vorbringen der GKH liegt der durchschnittliche Mitgliedsbeitrag bei etwa 13,– EUR.

Nach § 11 der Satzung gliedert sich die GKH in den Bundesvorstand sowie Betriebsgruppen. Organe der GKH sind gemäß § 12 der Satzung der alle vier Jahre stattfindende Bundesgewerkschaftstag, der Hauptvorstand sowie das Schiedsgericht.

Die GKH erkennt gemäß § 23 der Satzung das geltende Tarifrecht als für sich verbindlich an. Sie ist Mitglied im Christlichen Gewerkschaftsbund (CGB), dem Beteiligten zu 9.

Die GKH beschäftigt keine hauptamtlichen Mitarbeiter, sondern wird nebenamtlich durch derzeit fünf Mitglieder des Hauptvorstandes geführt. Aktuell sind dies der Vorsitzende Herr G1 H1, Herr B1 Z1, der zugleich Bundesgeschäftsführer ist, Herr C1 D1, Herr T1 H2 und Herr G2 R2. Die Hauptvorstandsmitglieder H1, D1, H2 und R2 sind gelernte Tischler/Schreiner und seit langen Jahren in ihrem Beruf tätig. Der Vorstandsvorsitzende H1 ist daneben seit 2008 gewähltes Mitglied des CGB-Bundesvorstandes. Der Bundesgeschäftsführer Z1 ist seit sechs Jahren als Rechtsanwalt zugelassen.

Die bei der GKH gebildete Tarifkommission setzt sich aus den Mitgliedern des Hauptvorstandes sowie aus 12 weiteren Mitglied...

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