Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Durchführung einer Betriebsvereinbarung. Kündigung einer Betriebsvereinbarung. hinreichende Bestimmtheit. Nachwirkung einer freiwilligen Betriebsvereinbarung. Ausschluss der Nachwirkung. Öffnungsklausel

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Nachwirkungsvereinbarung in einer Betriebsvereinbarung ist dann tarifwidrig, wenn die Betriebsvereinbarung auf einer tariflichen Öffnungsklausel beruht, die ihrerseits nur den Abschluss von freiwilligen Betriebsvereinbarungen zulässt.

 

Normenkette

BetrVG § 77 Abs. 1, 5-6, § 87 Abs. 1; ZPO § 256

 

Verfahrensgang

ArbG Bochum (Beschluss vom 19.01.2006; Aktenzeichen 3 BV 88/05)

 

Nachgehend

BAG (Aktenzeichen 1 ABR 69/06)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bochum vom 19.01.2006 – 3 BV 88/05 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

A

Die Beteiligten streiten um den Fortbestand und die Anwendung einer Betriebsvereinbarung.

Antragsteller des vorliegenden Verfahrens ist der in dem Werk B2xxxx der Arbeitgeberin gewählte Betriebsrat. Die Arbeitgeberin wendet für ihren Betrieb die Tarifverträge für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen an.

Der Tarifvertrag über die analytische Arbeitsbewertung für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen vom 26.09.1967 lautet in Ziffer 1. wie folgt:

„Abweichend von der Lohnfindung nach der summarischen Betrachtungsweise des Lohnrahmenabkommens kann die Entlohnung auch aufgrund des nachstehenden Verfahrens der Analytischen Arbeitsbewertung erfolgen.

Die Analytische Arbeitsbewertung kann nur eingeführt werden, wenn zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung hierüber abgeschlossen wird. Die Zustimmung von Arbeitgeber oder Betriebsrat kann nicht durch den Spruch einer Einigungsstelle ersetzt werden. Kommt es zu keiner Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, so muß das summarische Verfahren (Lohngruppen und Zulagen) angewandt werden.”

Der gegenwärtig von der Arbeitgeberin in B2xxxx geführte Betrieb wurde bis zum 31.12.1988 von der S4xxxxxx-E1xxxxxxxx-L1xxxx AG und zuvor von der G3xxxx KG betrieben.

Am 04.03.1968 schloss der damalige Betriebsrat der Firma G3xxxx KG mit der G3xxxx KG eine Betriebsvereinbarung, wonach unter Bezugnahme auf den Tarifvertrag über die analytische Arbeitsbewertung vom 26.09.1967 mit Wirkung zum 01.04.1968 im Werk B2xxxx die analytische Arbeitsbewertung (AAB) eingeführt wurde (Bl. 6 ff.d.A.). Ziffer 6. der Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 lautet wie folgt:

„Diese Betriebsvereinbarung kann mit einer Frist von drei Monaten zum Quartalsende, erstmals jedoch zum 30.09.1968 gekündigt werden. Die Lohntafeln gelten jeweils nur für die Laufzeit der zwischen den Tarifvertragspartnern abgeschlossenen Lohntarifverträge.

Im Falle der Kündigung wirkt die Betriebsvereinbarung bis zum Abschluß einer anderweitigen Regelung fort.”

Am 24.03.1998 wurde zwischen der Arbeitgeberin und dem Betriebsrat der N1xxx M3xxxx P1xxxx Produktionsgesellschaft GmbH eine „Betriebsvereinbarung Entgelt” abgeschlossen (Bl. 43 ff.d.A.), welche unter der Überschrift „Eingruppierung” die Regelung enthält: „Bis auf weiteres wird noch die Analytik angewandt.”

Am 24.02.2001 schloss die jetzige Arbeitgeberin eine Gesamtbetriebsvereinbarung zur Ablösung alter (Gesamt-) Betriebsvereinbarungen ab (Bl. 28 ff. d.A.). Diese Gesamtbetriebsvereinbarung vom 24.02.2001 diente der Neuregelung der aus dem Betriebsübergang von der S4xxxxxx-E1xxxxxxxx-L1xxxx AG zur Arbeitgeberin im Jahre 1988 übergegangenen kollektiven individuellen Ansprüche der betroffenen Beschäftigten aus deren Arbeitsverhältnissen. In dieser Gesamtbetriebsvereinbarung sind sämtliche derzeit weiterbestehenden Regelungen sowie sämtliche abgelösten Betriebsvereinbarungen und sonstigen Regelungen enumerativ aufgezählt. Die Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 befindet sich nicht darunter.

Am 23.12.2005 schlossen die Betriebsparteien eine weitere Betriebsvereinbarung ab, in der sie im Hinblick auf die zwischen ihnen streitige Nachwirkung BV Entgelt vom 24.03.1998 deren befristete Weitergeltung bis zum 30.06.2006 vereinbarten. Die Nachwirkung der BV Entgelt vom 24.03.1998 ist inzwischen Gegenstand eines weiteren arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens. Eine rechtskräftige Entscheidung hierüber liegt noch nicht vor.

Mit Schreiben vom 26.09.2005 (Bl. 9 d.A.) teilte die Arbeitgeberin im Hinblick auf die Neueinführung des Entgeltrahmentarifvertrages – ERA – dem Betriebsrat folgendes mit:

„vorsorglich kündigen wir alle bestehenden Betriebsvereinbarungen, Regelungsabsprachen und vereinbarte Verfahrensweisen mit dem Betriebsrat zum Thema Analytik bzw. analytische Arbeitsplatzbewertung.

Da uns die entsprechenden Unterlagen nicht mehr vorliegen richten wir uns nach der im BetrVG angegebenen Kündigungsfrist von drei Monaten.”

Der Betriebsrat vertrat daraufhin die Ansicht, dass die Kündigung vom 26.09.2005 unwirksam sei und insbesondere die Betriebsvereinbarung vom 04.03.1968 Nac...

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