Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswert. Mehrvergleich

 

Leitsatz (amtlich)

1. Typischen Regelungen zur Beendigung einer Bestandsschutzstreitigkeit und zur Abwicklung eines Arbeitsverhältnisses als unstreitige Konsequenz der Beendigungsvereinbarung rechtfertigen unter Beachtung des sozialpolitischen Zwecks von § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG keine gesonderte Bewertung, sofern sie nicht bereits streitgegenständlich sind. Insbesondere kündigungsabhängige Ansprüche führen zu keinem Mehrwert der Einigung.

2. Ein Titulierungsinteresse begründet einen Wertansatz, wenn dieses im Zusammenhang steht mit der Beseitigung einer Ungewissheit, nicht jedoch, wenn es lediglich um die gerichtliche Beurkundung unstreitiger Forderungen oder die deklaratorische Feststellung von Rechtsfolgen der arbeitsrechtsvertraglichen Rechtsbeziehungen geht. Ein Titulierungsinteresse kann – wenn überhaupt – nur dann zu einem Einigungsmehrwert führen, wenn die Vergleichsregelung einen vollstreckbaren Inhalt hat.

 

Normenkette

GKG § 42 Abs. 4 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Bocholt (Beschluss vom 13.02.2007; Aktenzeichen 3 Ca 20/07)

 

Tenor

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bocholt vom 13.02.2007 – 3 Ca 20/07 – wird zurückgewiesen.

Der Streitwert wird unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Beschlusses von Amts wegen für den Prozessvergleich vom 13.02.2007 auf 560 EUR festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Tatbestand

I.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Bewertung einer Bestandsschutzklage und eines Prozessvergleichs mit den Regelungsgegenständen Beendigung des Arbeitsverhältnisses, Abrechnung und Auszahlung der Urlaubsabgeltung, Erteilung eines einfachen Zeugnisses, Erteilung und Übersendung einer Bescheinigung für die Krankenkasse und Ausgleich aller Ansprüche. Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Verfahrensakte Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist an sich statthaft (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG) sowie in gesetzlicher Form und Frist eingelegt (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 5 Sätze 1 u. 4 GKG) und nach Entscheidung des Arbeitsgerichts über die Nichtabhilfe dem Beschwerdegericht vorgelegt worden (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 GKG). Sie hat in der Sache geringen Erfolg.

1. Die Streitwertfestsetzung im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren richtet sich nach § 63 Abs. 2 GKG und nicht nach § 33 RVG (ArbGG-Wenzel, § 12 Rn. 362 u. 380). Dies gilt auch im Fall der Beendigung des Rechtsstreits durch Vergleich und insoweit selbst für den Mehrwert des Vergleichs (LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 04.04.2005 – 3 Ta 44/05; LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 21.02.2006 – 3 Ta 23/06; LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 29.12.2000 – 3 Ta 90/00). Im arbeitsgerichtlichen Verfahren kommt nur bei dem Prozesskostenhilfeverfahren und bei dem Beschlussverfahren auf anwaltlichen Antrag eine Streitwertfestsetzung nach § 33 RVG in Betracht.

2. Für das Verfahren ist der Streitwert von dem Arbeitsgericht zutreffend auf 560 EUR festgesetzt worden.

Der Feststellungsantrag ist nach § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG allenfalls in Höhe des auf die Kündigungsfrist entfallenden anteiligen Monatsentgelts zu bewerten. Das Vierteljahresentgelt bildet nur in den Fällen den Regelwert, in denen es um den uneingeschränkten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geht. Hierfür gibt die Klageschrift nicht genügend her. Zwar enthält der angekündigte Klageantrag keine zeitliche Einschränkung. Bei der Ermittlung des prozessualen Begehrens darf aber nicht beim Wortlaut des Klageantrags verharrt werden, sondern es muss stets auch die Klagebegründung zur Auslegung des Klagebegehrens herangezogen werden. Dabei ist das Vorbringen einer Partei so auszulegen, wie es nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrem Interesse entspricht (BGH Urt. v. 12. Juli 1995 – IV ZR 369/94; BGH Urt. v. 20. Juli 2005 – XII ZR 155/04). Die Auslegung ergibt, dass der Kläger lediglich die Einhaltung der einschlägigen Kündigungsfrist geltend machen wollte. Dies folgt bereits daraus, dass der Kläger nicht einen einzigen Unwirksamkeitsgrund angeführt hat. Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestand keine sechs Monate, so dass nach § 1 Abs. 1 KSchG keine Überprüfung der Kündigung auf ihre soziale Rechtfertigung in Betracht kam. Sonstige Unwirksamkeitsgründe sind nicht ersichtlich.

3. Der Streitwert für den Prozessvergleich ist ebenfalls auf 560 EUR festzusetzen. Durch den Prozessvergleich wurde der Rechtsstreit beendet. Ein Mehrvergleich liegt jedoch nicht vor.

3.1. Für die Berechnung des Vergleichswerts bzw. des Mehrvergleichswerts existiert keine besondere Vorschrift. Daher ist auf die Ansprüche oder die Rechte abzustellen, die Gegenstand des Vergleichs sind. Deren Bewertung richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften, also nach den §§ 39 ff. GKG und § 3 ff. ZPO unter Berücksichtigung von Ermäßigungsvorschriften...

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