Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert bei Streit um den Inhalt des Arbeitsverhältnisses

 

Leitsatz (amtlich)

1. Geht der Streit nicht um den Bestand, sondern lediglich um den Inhalt des Arbeitsverhältnisses, so darf der Streitwert den einer Bestandsstreitigkeit nicht überschreiten. Insoweit kann es keine Rolle spielen, auf welchem rechtsgeschäftlichen Weg der Inhalt des Arbeitsverhältnisses verändert werden soll. Damit unterfallen die Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG, die Klage auf Feststellung des Fortbestehens bestimmter Arbeitsbedingungen und selbst Streitigkeiten um die rechtswirksame Ausübung des Direktionsrechts der Höchstbegrenzung nach § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG. Auch der Streit um die Wirksamkeit von Vertragsänderungen sind nach den für das Änderungsschutzverfahren geltenden Grundsätzen zu bewerten.

2. Werden dagegen aus dem unstreitig fortbestehenden Arbeitsverhältnis konkrete wiederkehrende Leistungen geltend gemacht, so greift die Höchstbegrenzung des dreifachen Jahresbetrags nach § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG.

3. Wird im Zusammenhang mit einer Bestandsschutzklage ein Antrag auf wiederkehrende Leistungen gestellt, dessen Begründetheit vom Ausgang des Feststellungsantrags abhängig ist, findet § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG keine Anwendung. Die bei Urteilserlass oder sonstiger Erledigung des Rechtsstreits fälligen Teilbeträge sind in vollem Umfang, die Folgeansprüche insgesamt lediglich mit einem Monatsentgelt des Arbeitnehmers zu bewerten (LAG Hamm Beschl. v. 30.01.2002 – 9 Ta 591/00; 08.02.2002 – 9 Ta 314/99; 28.01.2002 – 9 Ta 45/01; 28.01.2002 – 9 Ta 44/01). Es liegt nahe, diese Bewertungsgrundsätze auf Fälle zu übertragen, in denen im Zusammenhang mit einer Änderungsschutzklage (betr. Änderungskündigung/Änderungsvereinbarung/einseitige Änderung von Arbeitsbedingungen) ein Antrag auf wiederkehrende Leistungen gestellt wird, dessen Begründetheit vom Ausgang des Feststellungsantrags abhängig ist.

 

Normenkette

GKG § 42 Abs. 4, 3

 

Verfahrensgang

ArbG Paderborn (Beschluss vom 05.07.2007; Aktenzeichen 2 Ca 250/07)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen der Beschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 05.07.2007 – 2 Ca 250/07 – teilweise abgeändert.

Der Streitwert wird für das Verfahren auf 5.307,75 EUR festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Tatbestand

I.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Bewertung einer Zahlungsklage und einer Klage auf Feststellung, dass die einvernehmliche Änderung von bestimmten Arbeitsbedingungen unwirksam sei und dass die Beklagte verpflichtet sei, die klagende Partei bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden zu beschäftigen, Mehrarbeit nach bestimmten Bedingungen zu vergüten, für die Tätigkeit in Frühschicht, Spätschicht oder Nachtschicht jeweils eine bestimmte Schichtzulage zu zahlen und pro Kalenderjahr einen Urlaub von 30 Arbeitstagen zu gewähren und ein bestimmtes Urlaubsgeld zu zahlen. Das Arbeitsgericht hat den Streitwert für das Verfahren in Höhe von zwei Monatsentgelten festgesetzt. Hiergegen wenden die Prozessbevollmächtigten der Beklagten sich mit der Beschwerde. Sie meinen, für den Streitwert sei der dreifache Jahresbetrag der streitigen wiederkehrenden Leistungen maßgebend. Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Verfahrensakte Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist an sich statthaft (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG) sowie in gesetzlicher Form und Frist eingelegt (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 5 Sätze 1 u. 4 GKG) und nach Entscheidung des Arbeitsgerichts über die Nichtabhilfe dem Beschwerdegericht vorgelegt worden (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 GKG). Sie hat in der Sache geringen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Streitwert für die Feststellungsklage zutreffend festgesetzt. Der Wert der Zahlungsforderung ist jedoch zu berücksichtigen.

1. Das Arbeitsgericht hat den Streitwert für die Feststellungsklage zutreffend in Höhe von zwei Monatsentgelten festgesetzt.

1.1. Die Parteien haben um die Wirksamkeit einer Änderungsvereinbarung gestritten. Streitgegenstand war der Fortbestand der bisherigen arbeitsvertraglichen Regelungen zur regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, zur Vergütung von Mehrarbeit und Schichtarbeit, zum Umfang des Erholungsurlaubs und zur Höhe des Urlaubsgelds.

1.2. Der Streitwert einer Klage auf Feststellung des Fortbestands einer Summe bisheriger, durch einen in seiner Wirksamkeit in Streit befindlichem Änderungsvertrag geänderter Arbeitsbedingungen richtet sich nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG iVm. § 3 ZPO. Maßgebend ist das wirtschaftliche Interesse der klagenden Partei an dem Fortbestand der streitbefangenen Arbeitsbedingungen. Der Streitwert für dieses Interesse kann nicht den Streitwert für das Interesse an dem Fortbestand des gesamten Arbeitsverhältnisses erreichen. Der Streitwert für das Interesse am Fortbestan...

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