Entscheidungsstichwort (Thema)

Freistellung des Betriebsrates von Rechtsanwaltskosten. Betriebsräteschulung zum Thema Mobbing. Offensichtlich aussichtslosen Rechtsverfolgung des Betriebsrates

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Honorarkosten für einen Rechtsanwalt können im Rahmen des § 40 Abs.1 BetrVG erstattungsfähig sein. Die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers entfällt bei einer offensichtlich aussichtslosen Rechtsverfolgung des Betriebsrates. Davon ist auszugehen, wenn die Rechtslage unzweifelhaft ist und das eingeleitete Beschlussverfahren zu einem Unterliegen des Betriebsrates führen muss.

 

Normenkette

BetrVG § 40 Abs. 1; RVG § 34 Abs. 1; BetrVG § 80 Abs. 3; ArbGG § 85 Abs. 2, § 92 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Entscheidung vom 05.02.2013; Aktenzeichen 5 BV 208/12)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 05.02.2013 - 5 BV 208/12 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Anträge abgewiesen werden.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Freistellung des Betriebsrates von Rechtsanwaltskosten.

Im Gemeinschaftsbetrieb der Arbeitgeberin sind insgesamt mehr als 100 Arbeitnehmer beschäftigt. Etwa seit Mitte des Jahres 2009 wandten sich vermehrt Betriebsangehörige, die sich aus Antragstellersicht durch Vorgesetzte bedrängt und persönlich angegriffen fühlten, an den bestehenden siebenköpfigen Betriebsrat. Darauf beschloss dieser in seiner Sitzung am 19.01.2011, das Betriebsratsmitglied G1 in der Zeit vom 15. bis 18.02.2011 zu einer Schulung "Mobbing Teil I" zu entsenden. Am 05.02.2011 verweigerte die Arbeitgeberin dazu die Zustimmung mit der Begründung, der Geschäftsleitung sei kein Fall von Mobbing bekannt, sodass die Teilnahme nicht gerechtfertigt sei.

Daraufhin trat der Betriebsrat am 08.02.2011 zu einer Sitzung zusammen und fasste ausweislich eines entsprechenden Protokolls mit 6 Ja-Stimmen bei einer Enthaltung den Beschluss "über die Beauftragung der Rechtsanwaltskanzlei T1 zur Durchsetzung des Beschlusses über die Entsendung des Kollegen U1 G1 zum Thema "Mobbing Teil 1" bei dem Institut W.A.F."

Einen Tag später am 09.02.2011 leitete die Anwaltskanzlei T1 und S1 beim Arbeitsgericht Dortmund (7 BVGa 3/11) ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ein, wonach der Arbeitgeberin aufgegeben werden sollte, ihre Zustimmung zur Teilnahme des Betriebsratsmitglieds U1 G1 an der in der Zeit vom 15. bis 18.02.2011 stattfindenden Betriebsräteschulung "Mobbing Teil 1" zu erteilen. Nach einem Hinweis des Arbeitsgerichts auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 21.05.2008 (10 TaBVGa 7/08) nahm der Betriebsrat in der mündlichen Anhörung am 14.02.2011 den Antrag zurück.

Nachdem die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates ihre dadurch entstandenen Kosten in Höhe von 752,68 € zunächst unter dem 21.02.2011 (Bl. 6 d.A.) gegenüber der Arbeitgeberin geltend gemacht hatten, richteten sie ihre Forderung mit Rechnung vom 20.03.2013 gegen den Betriebsrat (Bl. 199 d.A.). Hilfsweise verlangten sie insoweit vom Betriebsrat mit Rechnung vom 20.03.2013 (Bl. 132, 137 d.A.) als Beratungsgebühr einen Betrag in Höhe von 261,80 € inklusive Mehrwertsteuer.

Weiterhin machten die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates zunächst gegenüber der Arbeitgeberin mit Rechnung vom 23.09.2011 (Bl. 7 d.A.) und später dann gegenüber dem Betriebsrat mit Rechnung vom 20.03.2013 (Bl. 201 d.A.) vergeblich Kosten in Höhe von 371,88 € geltend wegen einer Beratung, die am 22.09.2011 über insgesamt 1,25 Stunden "bspw. in Zusammenhang mit der Durchführung der Betriebsvereinbarung vom 29.09.2009, den Mitbestimmungsrechten gem. § 87 Abs. 1 Ziff. 10 + 11 BetrVG sowie den Beteiligungsrechten im Anwendungsbereich des § 99 BetrVG" stattgefunden haben soll. Insoweit war zuvor am 07.09.2011 eine Betriebsratssitzung erfolgt. In dem dazu erstellten Protokoll heißt es auszugsweise wie folgt:

TOP 5) gerechte Entlohnung von Überstunden

Es wurde darüber diskutiert ob Mitarbeiter nachträglich wieder 35 Std. arbeiten können. Zu diesem Punkt benötigt der Betriebsrat aber Rechtsauskunft.

J1 stelle den Antrag auf Beschlussfassung.

Der Betriebsrat stimmte einstimmig (7 Stimmen) zu.

"Der Betriebsrat fasst den Beschluss die Kollegen L1 und G1 zu beauftragen beim Rechtsanwalt T1 zu diesem Thema Rechtsauskunft einzuholen."

Der Beschluss ist einstimmig (7 Stimmen) gefasst worden.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin sei gemäß § 40 Abs. 1 BetrVG zur Freistellung von den Kosten verpflichtet.

Das eingeleitete Verfahren, gerichtet auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung, sei nicht von vornherein offensichtlich aussichtslos bzw. mutwillig gewesen. So werde vertreten, dass in besonderen Ausnahmefällen die Teilnahme an einer Schulung im Wege einer einstweiligen Verfügung geklärt werden könne. Davon sei hier auszugehen, weil das Betriebsratsmitglied G1 auf der Entlassungsliste der Arbeitgeberin "ganz oben" ...

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