Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei der Ermittlung der Zahl der Betriebsratsmitglieder und bei der Freistellung von Betriebsratsmitgliedern

 

Leitsatz (amtlich)

Leiharbeitnehmer werden weder bei der Ermittlung der Zahl der Betriebsratsmitglieder (§ 9 BetrVG) noch bei der Ermittlung der mindestens freizustellenden Betriebsratsmitglieder (§ 38 BetrVG) berücksichtigt.

 

Normenkette

BetrVG §§ 5, 7 S. 2, §§ 9, 38 Abs. 1; AÜG § 14

 

Verfahrensgang

ArbG Detmold (Beschluss vom 04.06.2002; Aktenzeichen 2 BV 19/02)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 22.10.2003; Aktenzeichen 7 ABR 11/03)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den am 04.06.2002 verkündeten Beschluss des Arbeitsgerichts Detmold – 2 BV 19/02 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I

Der antragstellende Arbeitgeber begehrt die Feststellung der Unwirksamkeit einer Betriebsratswahl und die Feststellung, dass ein Betriebsratsbeschluss über die Freistellung von vier Betriebsratsmitgliedern unwirksam ist. Die Beteiligten streiten darüber, ob bei der Ermittlung der Zahl der Betriebsratsmitglieder und der Zahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder die im Betrieb des Arbeitgebers tätigen Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen sind.

Zum Zeitpunkt des Wahlausschreibens vom 29.01.2002 waren im Betrieb des Arbeitgebers 1480 Arbeitnehmer beschäftigt, davon 17 leitende Angestellte. Außerdem wurden 83 Leiharbeitnehmer beschäftigt sowie 27 Arbeitnehmer der Spedition B5xx. In der Wählerliste zur Betriebsratswahl waren die Arbeitnehmer mit Ausnahme der 17 leitenden Angestellten enthalten sowie die Leiharbeitnehmer, nicht aber die Mitarbeiter der Spedition. Das Wahlausschreiben enthielt die Angabe, es sei ein Betriebsrat aus 17 Mitgliedern zu wählen. In der Betriebsratswahl vom 13.03.2002 wurden 17 Betriebsratsmitglieder gewählt. Das Wahlergebnis wurde am 14.03.2002 durch Aushang bekannt gegeben. Der neu gewählte Betriebsrat hielt am 18.03.2002 eine konstituierende Sitzung ab. Er beschloss in dieser Sitzung, vier seiner Mitglieder freizustellen und wählte diese vier freigestellten Mitglieder. Der Arbeitgeber widersprach dem Beschluss über die Freistellung mit Schreiben vom 26.03.2002 (Bl. 12 d.A.).

Mit seinem am 28.03.2002 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Antrag begehrt der Arbeitgeber die Feststellung der Unwirksamkeit der Betriebsratswahl und die Feststellung der Unwirksamkeit des Betriebsratsbeschlusses über die Freistellung von vier Betriebsratsmitgliedern.

Der Arbeitgeber hat die Auffassung vertreten, sowohl für die Ermittlung der Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder als auch für die Ermittlung der Zahl der freistellten Betriebsratsmitglieder dürften die im Betrieb beschäftigten Leiharbeitnehmer nicht berücksichtigt werden. Auch die Mitarbeiter der Spedition B5xx seien bei der Berechnung der Zahl der Betriebsratsmitglieder und der Zahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder nicht zu berücksichtigen. Daher seien im Betrieb in der Regel weniger als 1501 Arbeitnehmer beschäftigt mit der Folge, dass nur 15 Betriebsratsmitglieder zu wählen seien und nur drei Betriebsratsmitglieder von ihrer beruflichen Tätigkeit freizustellen seien.

Der Arbeitgeber hat beantragt,

  1. festzustellen, dass die Wahl des Betriebsrats der Firma I1xxxxxxxxxx GmbH & Co. KG vom 13.03.2002 unwirksam ist und die Betriebsratswahl zu wiederholen ist.
  2. festzustellen, dass der Beschluss des Betriebsrats vom 18.03.2002 über die Freistellung von vier Betriebsratsmitgliedern unwirksam ist und lediglich drei Betriebsratsmitglieder freizustellen sind.

Der Betriebsrat hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Der Betriebsrat hat vorgetragen, die Leiharbeitnehmer, die sämtlich längerfristig auf Dauerarbeitsplätzen eingesetzt würden, seien bei der Ermittlung der Zahl der Betriebsratsmitglieder und bei der Zahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder mitzuzählen. Auch seien die Arbeitnehmer der Fremdfirma mitzuzählen. Vorsorglich müsse die Zahl der leitenden Angestellten bestritten werden. Die zusätzliche Freistellung von Betriebsratsmitgliedern könne der Betriebsrat auch deshalb verlangen, weil durch die Beschäftigung der Leiharbeitnehmer zusätzliche Betriebsratstätigkeit anfalle.

Durch einen am 04.06.2002 verkündeten Beschluss hat das Arbeitsgericht den Anträgen des Arbeitgebers stattgegeben. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Betriebsrat mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Beschwerde. Unter Hinweis auf ein Schreiben des sozialpolitischen Sprechers der SPD-Bundestagsfraktion vom 28.06.2002 trägt der Betriebsrat vor, nach dem Willen des Gesetzgebers sollten Leiharbeitnehmer im Rahmen der §§ 9 und 38 BetrVG bei der Bestimmung der Betriebsratsgröße und der Zahl der Freistellungen berücksichtigt werden. Da vorliegend die Leiharbeitnehmer auf Regelarbeitsplätzen beschäftigt würden, seien sie nach § 38 BetrVG mitzuzählen, weil der Ges...

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