Leitsatz (amtlich)

PKH: Reisekosten eines auswärtigen Anwalts, der ohne Beschränkung auf die Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts beigeordnet wird

1. Ob die Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts auch die Erstattung von hierdurch verursachten Mehrauslagen (Reisekosten) umfasst, ist durch Auslegung des Beiordnungsbeschlusses zu ermitteln, wenn dieser keine ausdrückliche Regelung enthält.

2. Geht der Antrag einer Partei, ihr einen Rechtsanwalt beizuordnen, der weder an ihrem Wohnort noch am Sitz des Prozessgerichts geschäftsansässig ist, auf die Erforderlichkeit der Beauftragung des auswärtigen Anwalts nicht ein, ergibt die Auslegung des Beiordnungsbeschlusses regelmäßig, dass die Beiordnung zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts erfolgen soll.

 

Verfahrensgang

ArbG Iserlohn (Entscheidung vom 31.05.2000; Aktenzeichen 1 Ca 1185/99)

 

Tenor

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 31.05.2000 – 1 Ca 1185/99 – wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I

Der Kläger, wohnhaft in I, beantragte Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Antragsteller, welche in B geschäftsansässig sind. Das Arbeitsgericht entsprach diesem Begehren mit Beschluss vom 27.10.1999 ohne Einschränkungen. Mit Schriftsatz vom 29.10.1999 beantragten die Antragsteller u.a. Festsetzung von Fahrtkosten und Abwesenheitsgeldern in Höhe von DM 113,22 einschließlich Mehrwertsteuer. Das Arbeitsgericht hat mit richterlichem Beschluss vom 31.05.2000 diesen Antrag letztlich zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die

Beschwerde

der Antragsteller. Der Vertreter der Landeskasse beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.

II

Die gemäß §§ 128 Abs. 4 BRAGO, 567 ZPO zulässige Beschwerde der Antragsteller konnte in der Sache keinen Erfolg haben. Die Antragsteller haben sich zur Begründung des Rechtsmittels auf eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln bezogen (Beschluss v. 30.07.1999 – 13 Ta 180/99 – MDR 99, 1469). Auch unter Beachtung der dort wiedergegebenen Gründe ist ein Anspruch der Antragsteller auf Erstattung der umstrittenen Kosten nicht gegeben.

1. Ein Erstattungsanspruch der Antragsteller folgt nicht daraus, dass der Beiordnungsbeschluss eine Einschränkung (beispielsweise eine Beiordnung „zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts”) nicht enthält (vgl. § 121 Abs. 2 Satz 2 ZPO; vgl. auch: BAG, Urteil v. 22.03.1962 – 3 AZR 250/60 – AR-Blattei, Rechtsprechung XIII, Entscheidung 11). Zunächst findet diese Vorschrift auf die Beiordnung im arbeitsgerichtlichen Verfahren keine unmittelbare Anwendung, da Rechtsanwälte nicht bei bestimmten Arbeitsgerichten zugelassen sind; ihr ist insoweit nur der Grundgedanke zu entnehmen, dass unnötige Reisekosten zu vermeiden sind (vgl. Zöller/Phillippi, ZPO, 22. Aufl., § 121; Rn. 12). Dieser Grundsatz findet seinen Niederschlag in der (speziellen) Regelung des § 126 BRAGO (s.u. 3). Zutreffend führt das Landesarbeitsgericht Köln in diesem Zusammenhang aus (aaO; zu II 1 b, aa Abs. 1 der Gründe), einem vorbehaltlosen Beiordnungsbeschluss lasse sich durch Auslegung entnehmen, dass die Beiordnung nur zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts erfolgen solle; dies sei insbesondere dann möglich, wenn bereits der Antrag auf Beiordnung die (stillschweigende) Einschränkung enthalte, sie solle nur zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts erfolgen. So liegt der Fall hier.

Für die Erforderlichkeit einer Beauftragung der Antragsteller gab es unter Kostengesichtspunkten keinen ersichtlichen objektiven Anlass. Dementsprechend findet sich weder in der Antragsschrift vom 03.09.1999 noch im Schriftsatz vom 15.10.1999, beide von den Antragstellern für den Kläger formuliert, irgendein Hinweis auf die Erforderlichkeit ihrer Beauftragung. Dem konnte das Gericht nur entnehmen, solche Reisekosten würden entsprechend der eindeutigen Rechtslage nicht geltend gemacht (Baumbach/Lauterbach-Hartmann, ZPO, 57. Aufl., § 121 Rn. 62 m.w.N.). Dem stattgebenden Beschluss konnten die Antragsteller nach objektiven Gesichtspunkten nur entnehmen, die Beiordnung erfolge im Rahmen der gesetzlichen Vergütung gemäß §§ 121, 126 BRAGO; auf die Begründung des angefochtenen Beschlusses wird Bezug genommen.

2. § 122 Abs. 1 BRAGO rechtfertigt die Forderungen der Antragsteller ebenfalls nicht. Zwar richtet sich der Umfang der Ansprüche des beigeordneten Rechtsanwalts nach dem Beiordnungsbeschluss; der Umfang in diesem Sinne erstreckt sich aber lediglich auf die gegenständliche und zeitliche Begrenzung der Beiordnung (vgl. die Fallbeispiele bei: Gerold/Schmidt-von Eicken, BRAGO, 14. Aufl., § 122, Rn. 2 – 5; Riedel/Sußbauer-Chemnitz, BRAGO, 8. Aufl., § 122, Rn. 8 – 17). Mit der Beiordnung steht damit die Notwendigkeit anwaltlicher Tätigkeit im bestimmten Umfang fest, nicht aber die Erforderlichkeit der später geltend gemachten Auslagen. Diese richtet sich vielmehr nach § 126 BRAGO (vgl. Gerold/S...

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