Entscheidungsstichwort (Thema)

Beiordnung eines Rechtsanwalts aus dem Ort des Klägers. Umkehrschluss aus Mehrkostenverbot. Beiordnung eines zusätzlichen Verkehrsanwaltes

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein nicht im Gerichtsbezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.

 

Normenkette

ZPO § 121 Abs. 3, § 115 Abs. 1 S. 1, § 121 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Paderborn (Entscheidung vom 24.01.2014; Aktenzeichen 1 Ca 1975/13)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 30.01.2014 gegen den Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 24.01.2014 - 1 Ca 1975/13 - wird dieser teilweise abgeändert.

Dem Kläger wird zur Wahrnehmung der Rechte in der ersten Instanz Rechtsanwalt T ohne Einschränkung beigeordnet.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht kostenfrei.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger hatte für eine Kündigungsschutz- und Zahlungsklage die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Der Kläger wohnt in L, der Kanzleisitz seines Prozessbevollmächtigten ist ebenfalls in L. Die Arbeitsstelle des Klägers befand sich in C, im Bezirk des Arbeitsgerichtes Paderborn.

Mit Beschluss vom 24.01.2014 bewilligte das Arbeitsgericht Prozesskostenhilfe in vollem Umfang und ordnete den Prozessbevollmächtigten der Wahl des Klägers zu den Bedingungen eines am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwaltes bei. Gleichzeitig ordnete es die Beteiligung des Klägers an den Prozesskosten durch eine Ratenzahlung in Höhe von 108,00 € aus seinem Einkommen an.

Gegen diesen ihm am 29.01.2014 zugestellten Beschluss wendet sich der Kläger mit seiner am 01.02.2014 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde.

Er verweist darauf, dass durch die Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten keine zusätzlichen Kosten entstanden sind, rügt die Ermittlung des zugrunde gelegten Einkommens und begehrt Aufhebung der Anordnung einer Ratenzahlung.

II. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist gem. §§ 127 Abs. 2 S. 2 und 3, 567 Abs. 1, 569 ZPO zulässig aber nur zum Teil begründet.

1.) Gem. § 121 Abs. 3 ZPO kann ein nicht im Gerichtsbezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen (Mehrkostenverbot). Da diese Regelung zwingend durch das Gesetz vorgegeben ist, ist davon auszugehen, dass dem Prozesskostenhilfe beantragenden Rechtsanwalt bekannt ist, dass eine Beiordnung nur im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften verlangt werden kann. Eine Einverständniserklärung des Rechtsanwaltes mit dieser Verfahrensweise erübrigt sich; ein Hinweis des Gerichtes ist nicht erforderlich. (Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 6. Auflage, Rz. 572 m.w.N; LAG Hamm Beschluss v. 18.08.2008, 7 Ta 519/08, - [...] -)

Aus dem Mehrkostenverbot ergibt sich aber im Umkehrschluss, dass das Gericht zunächst zu prüfen hat, ob durch die Beiordnung des nicht im Gerichtsbezirk ansässigen Anwaltes überhaupt Mehrkosten entstehen.

a) Dies ist dann nicht der Fall, wenn bei Beiordnung eines am weitesten vom Gerichtsort aber noch im Gerichtsbezirk ansässigen Anwalts Reisekosten in demselben Umfang entstehen, wie dies im Fall des auswärtigen, aber ggf. weit näher am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalt, der Fall ist. (Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, a.a.O., Rz. 573)

Eine Überprüfung der Beschwerdekammer anhand eines Routenplaners konnte dieses nicht feststellen, vielmehr ergibt sich selbst bei Annahme der Beauftragung eines Rechtsanwaltes etwa in Höxter (kürzeste Strecke 55 km) oder Warburg (etwa 50 km) nur etwa die Hälfte der je nach Strecke zwischen 96 und 111 km betragenden Entfernung vom Kanzleisitz des Klägervertreters zum Gerichtsort Paderborn. (ermittelt mit google Routenplaner)

b) Weiterhin ist vor der Beiordnung eines nicht im Gerichtsbezirk zugelassenen Rechtsanwaltes zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Beiordnung eines zusätzlichen Verkehrsanwaltes nach § 121 Abs. 4 ZPO gegeben sind. Im Gegensatz zur Auffassung des Arbeitsgerichtes bedarf es hierzu auch keines Antrages der Prozesskostenhilfe begehrenden Partei, vielmehr handelt es sich um eine Incidentprüfung, da im Fall einer ansonsten erforderlichen Beiordnung keine Mehrkosten entstehen würden. (BGH, Beschluss vom 23. Juni 2004 - XII ZB 61/04 -, NJW 2004, 2749; Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, a.a.O, Rz. 573 m.w.N.; BAG Beschluss vom 18. Juli 2005 - 3 AZB 65/03, NZA 2005, 1078) Kurz gesagt, wäre ansonsten die Beiordnung eines Verkehrsanwaltes erforderlich, worauf das Arbeitsgericht auch ggf. hätte hinweisen sollen, kommt eine Beiordnung des Rechtsanwaltes nur zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk ansässigen Rechtsanwaltes, somit unter Verzicht zumindest eines Teiles der Reisekosten, nicht in Betracht.

Gem. § 121 Abs. 4 ZPO ist ein Verkehrsanwalt beizuordnen, wenn besondere Umstände vorliegen. Diese sind dann gegeben, wenn der Partei die Anreise zu e...

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