Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenerstattung im Beschlussverfahren. Anwaltskosten. Erforderlichkeit der Beauftragung eines Rechtsanwalts und der Einleitung von Beschlussverfahren. ordnungsgemäßer Betriebsratsbeschluss. vorheriger Klärungsversuch

 

Normenkette

BetrVG §§ 33, 40 Abs. 1, § 77

 

Verfahrensgang

ArbG Paderborn (Beschluss vom 16.10.2008; Aktenzeichen 1 BV 47/08)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 16.10.2008 – 1 BV 47/08 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

A.

Die Beteiligten streiten über einen Freistellunganspruch des Betriebsrats von Rechtsanwaltskosten aus einem vorangegangenen arbeitsgerichtlichen Verfahren.

Im Betrieb der Arbeitgeberin, einem Betrieb der Polstermöbelherstellung, sind ca. 95 Arbeitnehmer beschäftigt. Antragsteller des vorliegenden Verfahrens ist der im Betrieb gebildete fünfköpfige Betriebsrat.

Am 21.12.2004 schlossen der Betriebsrat und die Arbeitgeberin eine Betriebsvereinbarung mit folgendem Wortlaut ab:

  1. Ab 01.01.2005 wird die Arbeitszeit von 36 auf 38 Std./Woche ohne Lohnausgleich verlängert.
  2. Die Arbeitszeit wird aufgeteilt für den Zeitraum von Januar bis März und Oktober bis Dezember auf 40 Std./Woche und von April bis September auf 36 Std./Woche. Der Zeitraum kann auf Rücksprache mit dem Betriebsrat und unter Berücksichtigung der betrieblichen Erfordernisse zeitlich variieren.
  3. Für die gesamte Belegschaft gibt die Firma B2 bis zum 31.03.2006 eine Arbeitsplatzgarantie und nimmt keine betriebsbedingten Kündigungen vor.
  4. Das Urlaubs- und Weihnachtsgeld ist für das Jahr 2005/2006 garantiert. Grundsätzlich handelt es sich beim Weihnachts- und Urlaubsgeld um eine freiwillige jederzeit kündbare Sonderzahlung des Arbeitgebers.
  5. Die Betriebsvereinbarung gilt bis zum 31.12.2006 und kann mit einer Frist von 3 Monaten zum 31.12.2006 gekündigt werden. Die Punkte eines und zwei bleiben so lange bestehen, bis eine neue Vereinbarung getroffen wird.

Die Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 wurde im Jahre 2005 angewendet, bis Ende des Jahre 2005 Unstimmigkeiten wegen der Gewährung der Sonderzahlungen auftraten und der Betriebsrat zur der Auffassung gelangte, die Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 sei wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG unwirksam. In den Lohn- und Gehaltsabrechnungen für November 2005 hatte die Arbeitgeberin die gewährten Sonderzahlungen ausdrücklich unter Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt. Mit Schreiben vom 02.11.2005 (Bl. 4 d. A.) teilte der Betriebsrat der Arbeitgeberin daraufhin mit:

Betr. Freiwillige Sonderzahlung

Sehr geerte Hr. A1, wir bieten Sie um der neuer Satz aus unserem Lohnabrechnungen rauszunehmen.

Das spricht für alle gezeichnete Zahlungen mit Sternen (*).

Mit Schreiben vom 03.11.2005 (Bl. 5 d. A.) teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat daraufhin mit, dass der gerügte Passus aufgrund der Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 wie gehabt bestehen bleibe.

Im November 2005 fanden zwischen dem Betriebsrat und der Arbeitgeberin Verhandlungen über eine Betriebsvereinbarung statt, die die Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 ablösen sollte. Auf den von der Arbeitgeberin vorgelegten Entwurf einer Betriebsvereinbarung (Bl. 6 d. A.) wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 23.11.2005 (Bl. 7 d. A.) lud der damalige Betriebsratsvorsitzende die Betriebsratsmitglieder zu einer Betriebsratssitzung vom 30.11.2005 ein. Als Tagesordnung war vorgesehen:

1.) Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004

2.) Beauftragung der Interessenvertretung des BR

3.) Honorarangelegenheit

Auf der Betriebsratssitzung vom 30.11.2005, die in Anwesenheit aller fünf ordentlicher Betriebsratsmitglieder stattfand, fasste der Betriebsrat daraufhin mehrere Beschlüsse. Das Protokoll der Betriebsratssitzung (Bl. 8 R. d. A.) enthält dazu folgende Feststellungen:

Tagesordnung 1:

Im Betrieb existiert eine Betriebsvereinbarung vom 21.12`04

Der Betriebsrat ist nicht mehr sicher, ob die Betriebsvereinbarung wirksam ist, weil Angelegenheiten geregelt wurden, die unter Umständen gegen § 77 Betriebsverfassungsgesetz verstoßen.

Nach Absprache und Beratung hat der Betriebsrat mit 5 von 5 Stimmten folgenden Beschluss:

Der Betriebsrat ist der Auffassung, dass er diese rechtliche Frage nicht alleine klären kann und eine Beratung bzw. Vertretung benötigt.

Tagesordnung 2:

Der Betriebsrat möchte eine Interessenvertretung beauftragen und fast aus diesem Grund, nach Aussprache und Beratung mit 5 von 5 Stimmen folgenden Beschluss:

Der Betriebsrat beauftragt Frau Rechtsanwältin H1 ihn in der Frage: Klärung der Rechtmäßigkeit der Betriebsvereinbarung vom 21.12.2004 außergerichtlich und gerichtlich in allen Instanzen zu vertreten.

Tagesordnung 3:

Für den Fall, dass der Arbeitgeber sich weigert, die durch die Interessevertretung entstehenden Kosten zu bezahlen, wird folgender Beschluss nach Aussprache und Beratung mit 5 von 5 Stimmen gefasst:

Rechtsanwältin H1 wird beauftragt in einem gesonderten Verfahren die Freistellungsansprüche des Betriebsrates hinsi...

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